Lauenburg/Büchen. Mal eine positive Nachricht zum Bahnverkehr: Privater Anbieter will Dieselzüge zwei Monate früher durch Akku-Züge ablösen.
Der Verkehr auf der Bahnverbindung Lübeck-Lüneburg (RE 83) ist erneut von Behinderungen betroffen, zwischen Büchen und Lauenburg setzt Anbieter Erixx Holstein nachts wieder Busse als Ersatzverkehr ein. In Lauenburg können sie nicht am Bahnhof halten, steuern den ZOB an. Der Ärger der Kunden über immer wieder auftretende Verspätungen, vereinzelte Zugausfälle und die aktuellen Gleisarbeiten ist schon zur Normalität geworden.
Doch arbeitet Erixx auch daran, zumindest in einem Punkt schneller voranzukommen, als noch vor wenigen Monaten angekündigt. Die Schulungen auf hochmoderne Akku-Züge, die eigentlich schon seit Dezember 2022 fahren sollten, laufen inzwischen auf Hochtouren. Die Ablösung alter Dieselzüge rückt näher.
Bahnverkehr Erixx: Ausbildung der Zugführer läuft auf Hochtouren
Im Mai hatte es geheißen, die Einführung der versprochenen Akku-Züge für die Verbindung Kiel-Lübeck über Büchen und Lauenburg bis Lüneburg verzögere sich erneut, könne voraussichtlich frühestens im Dezember 2023 Wirklichkeit werden. Jetzt wird Oktober als Starttermin genannt.
Der designierte technische Geschäftsführer von Erixx Holstein, Rainer Blühm, machte seinerzeit deutlich, dass in diesem Fall keinesfalls die Verantwortung beim privaten Bahnbetreiber liege: Es sei verschlafen worden, die Zulassung für den Regelbetrieb der Baureihe Flirt rechtzeitig zu beantragen.
Zulassung für Modell Flirt zu spät beantragt
Die Landesverkehrsgesellschaft hat 55 Flirt-Züge bei Stadler Rail bestellt, 26 sollen an Erixx Holstein gehen. Nah.SH wie auch das Kieler Verkehrsministerium verwiesen an Stadler, der Schweizer Hersteller sei für die Typenzulassung und die Verspätungen verantwortlich. Dort reichte man den Schwarzen Peter zurück. Tenor: Über die Probleme sei man im ständigen Austausch mit dem Vertragspartner Nah.SH. Dass die Kommunikation mit den anderen Beteiligten nicht funktioniere, könne nicht Stadler angelastet werden.
Eigentlich hatten schon mit dem Start von Erixx Holstein im Dezember vorigen Jahres die modernen Akku-Züge fahren sollen. Der von Nah.SH in Windeseile organisierte Ersatz – alte Dieseltriebwagen der Deutschen Bahn – erwies sich als extrem reparaturanfällig. Zu Beginn waren einige gar nicht einsetzbar. Die Instandsetzung zog sich über Monate hin. Erixx reagierte: Die Bahngesellschaft strich die Fahrpläne zusammen.
Störanfällige Ersatzzüge und zu wenig Personal
Hinzu kam, dass Erixx über zu wenige Zugführer verfügen konnte. In Serbien ausgebildete Triebwagenführer haben inzwischen Lücken geschlossen. Allerdings nicht so weit, dass Erixx Holstein in Niedersachsen aushelfen könnte. Dort entfallen wegen Personalnot seit geraumer Zeit Verbindungen des zum Konzern gehörenden Metronom.
Die Schulung der Erixx-Mitarbeiter auf Akku-Zügen läuft auf Hochtouren. Sie soll noch im September beendet werden, so Vorstand Nicolai Volkmann gegenüber dem NDR. „Dann sind alle unsere Triebwagenführer ausgebildet.“ Mehr noch: Erixx habe mit Erfolg die Werbetrommel gerührt: „Wir haben aktuell genug Triebwagenführer an Bord, damit wir den Regelfahrplan ab Oktober fahren können.“
Genug Zugführer, um ab Oktober Regelfahrplan zu fahren
Vier Flirt-Züge wurden an Erixx geliefert, auf ihnen werden in Kiel die Zugführer geschult. Bis Oktober sollen weitere der 22 Akku-Züge folgen. Am 26. September möchte Erixx seine neueste Errungenschaft erstmals öffentlichkeitswirksam präsentieren – zum Tag der Schiene im Kieler Hauptbahnhof.
Dazu passend soll von Oktober an der Schienenersatzverkehr mit Bussen auf der Trasse der Regionalbahn (RB) 76 eingestellt werden. Monate nach Beendigung von Gleisarbeiten sollen dann ab Kiel Hauptbahnhof Richtung Oppendorf wieder Züge verkehren.
Bis Frühjahr alle 26 Akku-Triebwagen auf der Schiene?
Nach derzeitigem Stand will Erixx Holstein die Akku-Züge bis Frühjahr 2024 alle auf die Schienen bringen. Damit könnten die betagten, störanfälligen Dieselzüge nach und nach abgelöst werden.
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Im Normalbetrieb haben die Akku-Züge der Firma Stadler eine Reichweite von etwa 80 Kilometern, zu wenig für die Strecke zwischen Kiel und Lüneburg. An vier Bahnhöfen können die Triebwagen über ihre ausfahrbaren Stromabnehmer „tanken“. Die Bahnhöfe Kiel, Lübeck, Büchen und Lüneburg sind entsprechend mit Strominseln ausgerüstet.
Strom getankt wird in Kiel, Lübeck, Büchen und Lüneburg
Dies ist bedeutend kostengünstiger, als die gesamte Trasse durchgehend mit Oberleitungen zu elektrifizieren. Der Zeitaufwand für das Laden der Akkus soll sich in Grenzen halten: In etwa einer Viertelstunde sollen sie komplett geladen sein.
Die bis zu 160 Stundenkilometer schnellen Züge der Baureihe Flirt können noch mehr: Bremsen sie, wird dabei gewonnene Energie genutzt, um die Akku-Laufzeit zu verlängern.