Lauenburg. Sechsstellige Summe für eine energetische Gebäudesanierung? Eine Informations-Veranstaltung in der Schifferstadt will Fragen klären.

Seit dem vorzeitigen Bekanntwerden grüner Pläne, das Verbot von Erdgas- und Ölheizungen im Wohnungsneubau auf 2024 vorzuziehen, will die Kritik nicht abnehmen. Abgesehen davon, dass nur wenige glauben, dass bis 2030 tatsächlich sechs Millionen Wärmepumpen Wohnungen in Deutschland beheizen, sind es anhaltende Streitigkeiten um die finanzielle Förderung des Heizungstausches und vor allem immer neue Gerüchte, was geschehen soll und wie es finanziert werden könnte. Das Thema bewegt auch und gerade die Bewohner in Lauenburgs denkmalgeschützter Altstadt.

Energiewende: Schnell noch eine Gasheizung einbauen?

Bürger, aber auch Wohnungsunternehmen fühlen sich allein gelassen. Viele Hauseigentümer auch im Kreis Herzogtum Lauenburg reagieren, indem sie noch rasch eine neue Gas- oder Ölheizung einbauen lassen. Erwartbar weiter steigende Preise für Öl und Erdgas vor Augen ist die Furcht noch größer, sich später die Umstellung auf Wärmepumpen-Technologie nicht leisten zu können.

Angesichts immer neuer Versprechen, was vom Staat gefördert werden könnte, warnt der Immobilienverband Deutschland (IVD) vor zu großen Hoffnungen. Manches widerspreche dem Grundsatz, dass nur gefördert werde, was über die gesetzlichen Vorgaben hinausgeht.

Kampf um Fördermillionen nimmt Fahrt auf

Zu Deutsch: Wer mit einer neuen (Hybrid-) Heizung die Auflage erfülle, künftig zu 65 Prozent mit erneuerbarer Energie zu heizen, dürfe ab 2024 keine Fördermittel erwarten. „Lediglich Maßnahmen, die über dem gesetzlichen Mindeststandard liegen, können gefördert werden“, so der IVD in einer aktuellen Pressemitteilung.

Diese Problematik müsse dringend von der Bundesregierung gelöst werden, fordert IVD-Präsident Jürgen Michael Schick. „Ohne funktionierende staatliche Förderung werden viele Immobilieneigentümer und Mieter von den teuren Sanierungspflichten überfordert.“

Bundesregierung arbeitet an aktueller Förderkulisse

Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein (VBZ SH) verweist in dem Zusammenhang darauf, dass die Bundesregierung noch an einer „aktuellen Förderkulisse“ arbeite. „Berlin hat ja Interesse, dass es vorangeht“, sagt Tom Janneck, Leiter des Referates Energie und Nachhaltigkeit. „Wir gehen davon aus, dass es eine sozial ausgewogenen Förderung geben soll.“

Die brodelnde Gerüchteküche sorgt dafür, dass Heizungsbauer, Elektrobetriebe, aber auch Energieberater und Beratungsstellen einen Ansturm Ratsuchender vermelden. Der ist häufig getrieben durch Verunsicherung, Falschinformationen und Gerüchten.

„Was sollen wir Ratsuchenden denn sagen, wenn noch so vieles unklar ist“, sagt ein selbstständiger Energieberater, der derzeit nur Termine mit Personen verabredet, die er kennt. „Andere könnten sonst auf den Gedanken kommen, dass ich meinen Job nicht kann. Dabei hat Berlin bislang diverse Dinge einfach nicht geklärt.“

„Viele Menschen sind schlecht informiert“

„Viele Menschen sind schlecht informiert. Dazu kommt dann noch fehlendes Verständnis für die technischen Gegebenheiten“, bestätigt Stefan Rosenkranz, Obermeister der Elektro-Innung im Kreis Herzogtum Lauenburg. Manches werde einfach nicht genug hinterfragt. So seien Photovoltaik-Paneele auf dem Dach und eine Wärmepumpe im Garten Möglichkeiten, Energie zu sparen, damit den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid zu verringern.

„Mich kontakten aber immer wieder Menschen, die meinen, mit dem auf dem Dach gewonnenen Strom könnten sie die Wärmepumpe betreiben, also ihr Haus zum Nulltarif beheizen. Damit unterliegen sie jedoch einem Denkfehler“, so Rosenkranz: „Viel Strom, um mein Haus mit der Wärmepumpe zu heizen, benötige ich im Winter. Doch dann scheint die Sonne zu wenig, liefert die Photovoltaik nicht genug.“

Mit Sonnenstrom und Wärmepumpe das Haus zum Nulltarif heizen?

Kaum vorstellbar, dass die Elbstraßenhäuser in Lauenburgs Altstadt in ferner Zukunft hinter Wärmedämmung verschwinden könnten
Kaum vorstellbar, dass die Elbstraßenhäuser in Lauenburgs Altstadt in ferner Zukunft hinter Wärmedämmung verschwinden könnten © BGZ | Richel

Trotz Ankündigungen aus der Politik, für denkmalgeschützte Gebäude werde nach Lösungen gesucht, ist die Unruhe unter Eigentümern groß. Zentrale Fragen: Dürfen alte Heizungen weiter betrieben werden? Unbegrenzt, auch über 2044 hinaus?

Greifen Ausnahmeregelungen auch für meinen konkreten Fall, etwa für eine besonders kostspielige, denkmalgerechte Dämmung, um überhaupt eine Wärmepumpe betreiben zu können? Erhalte ich staatliche Zuschüsse dafür, und wie hoch können die ausfallen?

Hauseigentümer zwischen Verzweiflung und Unmut

In Lauenburg ist eine Info-Veranstaltung in Vorbereitung, bestätigt Christian Asboe, Bauamtsleiter der Stadt. Im Mittelpunkt sollten dabei eigentlich Überlegungen stehen, wie Solarkollektoren und Photovoltaik-Paneele in der Altstadt so genutzt werden können, dass sie dem Denkmalschutz nicht widersprechen. Denkbar scheint die Installation in Innenhöfen oder auch auf Dächern von Nebengebäuden.

Viele Themen für eine Info-Veranstaltung

Asboe geht davon aus, dass die Teilnehmer auch Fragen zur jüngsten Entwicklung um die Neuauflage des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) äußern werden. Kosten von um die 40.000 Euro allein für den Tausch einer Öl- oder Gas-Heizung gegen eine Wärmepumpe könnten und wollten viele Eigentümer nicht schultern. „Damit wären weitere notwendige Maßnahmen ja noch nicht finanziert.“

Ein Komplettpaket einschließlich neuer energiesparender Fenster, Außendämmung und neuen großflächigen Heizkörpern oder gar einer Fußbodenheizung, um auch mit niedrigeren Vorlauftemperaturen die Räume hinreichend beheizen zu können, addiert sich schnell auf eine sechsstellig Summe.

Nicht mit Erdgasheizung auf falsches Pferd setzen

Tom Janneck von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein kennt diese Zahlen und auch die Furcht vor der geforderten Heizungswende. Er warnt dennoch: „Wer jetzt vorbeugen will, indem er noch schnell eine neue Gasheizung einbaut, setzt wahrscheinlich auf das falsche Pferd.“

Die Preise würden weiter steigen, keinesfalls würden sie auf das Niveau vor dem Ukrainekrieg zurückkehren: „Flüssiggas ist erheblich teurer als das billige Erdgas aus Russland. Zudem steigt die Bepreisung für den umweltschädlichen CO2-Ausstoß.“

Hinzu komme die vom EU-Parlament bereits beschlossene Pflicht zur energetischen Sanierung von Gebäuden. Diese müsse zwar noch in nationales Recht umgesetzt werden, und vermutlich werde es auch Ausnahmen geben. Janneck: „Tatsache ist aber zugleich, dass Wärmepumpen in gut gedämmten Häusern natürlich besser funktionieren als in schlecht gedämmten.“

Sechs Millionen Wärmepumpen bis 2030?

Die Zahl von sechs Millionen Wärmepumpen in Deutschland bis 2030 hält er für sehr ambitioniert, aber nicht für vollkommen abwegig. Hohe Preise und Mangel an Handwerkern seien natürlich mehr als eine Momentaufnahme.

„Doch wer mal im Internet schaut, findet dort Luft-Luft-Wärmepumpen namhafter Hersteller für 8000 Euro.“ Dass es derzeit in den Betrieben an Personal mangelt, verwundert ihn nicht: „Wer schickt denn Mitarbeiter in größerer Zahl zu Fortbildungen, wenn zugleich die Auftragsbücher überquellen?“