Lauenburg. Ihre Selbstständigkeit stand anfangs unter keinem guten Stern. Was sie aufgebaut hat und warum es jetzt eine große Party gibt.
„Das ist ja wunderbar hier!“, freut sich eine Skipperin, die mit ihrem Mann gerade das Boot festgemacht hat. Kein Wunder, Hafenmeisterin Yildiz Frühauf hat einen „grünen Daumen“. Üppig blühen die Rosen, dazwischen lila Lavendel, Klatschmohn, Küchenkräuter und weiße Margeriten. Im goldgelben Sand des Beachclubs leuchten blaue Liegestühle.
Vor 20 Jahren war an ein solches Sommerparadies noch nicht zu denken. Da hatte Yildiz Frühauf gerade den ersten Schritt gemacht, ihre schlimmste Krise ihres Lebens zu überwinden. Ihre Gewerbegenehmigung trägt das Datum 27. Juni 2003. Für Yildiz Frühauf ist er der leicht abgegriffene Zettel eines der wichtigsten Dokumente überhaupt. „Nach so vielen persönlichen Niederlagen war ich selbst erstaunt über meinen Mut“, erinnert sie sich.
Hafenmeisterin kämpft sich mit der Marina Lauenburg nach oben
Ihr Schritt in die Selbstständigkeit stand nämlich unter keinem guten Stern. Während sich andere damit einen Lebenstraum erfüllen, war es bei der damals 28-Jährigen die pure Verzweiflung, die sie trieb. Bis vor Kurzem war das Leben der jungen Bäckereifachverkäuferin noch in Ordnung gewesen. Doch nachdem bei ihr eine Mehlallergie auftrat und auch noch ihre Ehe in die Brüche ging, konnte und wollte sie in der Wohnung über der Familienbäckerei nicht mehr leben. So zog sie Anfang 2000 mit den beiden Kleinkindern auf das Familienboot im Lauenburger Hafen.
Im Sommer war das noch ganz in Ordnung, doch inzwischen stand der Winter vor der Tür. „Ich hatte kein Geld. In meinem Beruf konnte ich auch nicht mehr arbeiten. Ich bettelte beim Amt, weil ich nicht mal die Kitagebühren bezahlen konnte“, erzählt sie leise. Was sie damals besonders schmerzte: Einige Male musste sie sich den Vorwurf anhören: „Selbst schuld. Hättest eben keinen Deutschen heiraten sollen.“
Neuanfang mit dem Mut der Verzweiflung
„Ich war ganz unten. Wer weiß, was ich gemacht hätte, wenn meine Kinder nicht gewesen wären“, sagt sie. Doch die beiden weckten ihre Kämpfernatur. Als erstes musste eine Wohnung her. Vom Boot aus schaute Yildiz Frühauf auf das leerstehende Gebäude der ehemaligen Reederei Burmester. Als ihr der Hausmeister über den Weg lief, sprach sie ihn an. „Das kostete mich einiges an Überwindung. Ich war damals längst nicht so selbstbewusst wie heute“, weiß sie noch.
„Ich mietete die kleine Wohnung an und kaum war ich eingezogen, klingelten die Skipper. Der Hafen lag ja völlig brach, und wer was über Lauenburg wissen wollte, der fragte eben mich“, erzählt sie. Von da an ging es bergauf. Die junge Frau hatte einen Plan. Sie verkaufte Brötchen und Bockwurst und war nebenbei Auskunftsbüro. Auch den Aushilfsjob als Kellnerin kündigte sie.
Im Sommer 2003 eröffnete sie ihren Skippertreff. Auch finanziell ging es langsam wieder bergauf, die Versicherung zahlte endlich wegen ihrer Berufsunfähigkeit. Sechs Jahre später konnte sie das Gelände kaufen. Seitdem hat der Hafen deutlich sein Gesicht verändert. Auch privat wendete sich schließlich alles zum Guten: Seit ein paar Jahren ist die Hafenmeistern mit Martin Frühauf verheiratet. Die Marina führen sie nun gemeinsam.
Licht im Dschungel der Genehmigungsverfahren
Inzwischen ist die Lauenburger Marina nicht nur bei Freizeitkapitänen beliebt. Auch Urlauber, die mit dem Wohnmobil unterwegs sind, machen hier gern Station. Nichts erinnert mehr an das trostlose Gelände, das es vor 20 Jahre noch war. In jeder Winterpause schmiedet die quirlige Hafenmeisterin neue Pläne. „Dabei musste ich auch einige Federn lassen. Ich hatte ja anfangs keine Ahnung davon, welche Genehmigungen man braucht, auch um nur kleine Veränderungen vorzunehmen“, erzählt sie.
So stand von 2014 bis 2017 der Bebauungsplan „Wassersportzentrum/Südliche Hafenstraße“ zehnmal auf den Tagesordnungen der politischen Gremien. Dabei war es unter anderem um die Errichtung einer Entsorgungsanlage gegangen. Dazu war Hafenmeisterin Yildiz Frühauf allerdings zu jeder Zeit bereit gewesen. Allerdings müsse vor der genauen Festlegung des Standortes geklärt werden, wie der Hochwasserschutz für den Bereich der Marina an der Hafenstraße verlaufen soll, sagte sie damals immer wieder. Seit fünf Jahren ist auch dieser Punkt abgehakt.
Tiefschläge und Lustiges aus 20 Jahren
Welche Geschichten aus 20 Jahren haben sich besonders eingebrannt? Yildiz Frühauf muss nicht lange überlegen. „Ganz klar das Hochwasser vor zehn Jahren“, sagt sie. Das Wasser hatte den Skippertreff und die Marina total verwüstet. „Da dachte ich schon, das war’s. Du musst aufgeben“, erinnert sie sich. Der nächste Tiefschlag sei der Corona-Lockdown gewesen, als gar nichts mehr ging. „Ich bin dankbar über die staatliche Hilfen, die gezahlt wurden. Ohne die hätte ich die beiden Krisen nicht überstanden“, ist sie sich sicher.
Klar hätte es auch Lustiges gegeben, in all den Jahren. Als Yildiz Frühauf von dem schwedischen Skipper erzählt, der in Lauenburg sein Boot vergeblich gesucht hat, kichert sie wie ein kleines Mädchen. Das war so: Im Oktober 2017 hielt ein Taxi mit Rostocker Kennzeichen vor der Marina. Ein älterer Herr stieg aus, an den sich die Hafenmeisterin noch gut erinnerte. Der Schwede hatte mit seinem Boot im Juli in der Marina gelegen und war dann weitergefahren. Er glaubte sich aber zu erinnern, dass er das Boot zuletzt in Lauenburg gesehen hätte. Die Hafenmeisterin setzte Himmel, Hölle und die Polizei in Bewegung, um dem Mann zu helfen. Keine Spur von dem Boot. Plötzlich ein lichter Moment: Er sei über hohe See gefahren. Und dann fiel es dem alten Skipper wie Schuppen von den Augen: Von wegen Lauenburg. Sein Boot lag in Kühlungsborn. Ab ins Taxi und zurück. Alter Schwede!
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Seehund Fredo brachte die Marina in die Schlagzeilen
Yildiz Frühauf ist es gewohnt, dass die Lauenburger Marina regelmäßig auch überregional in den Medien Beachtung findet. Schließlich ist daraus in 20 Jahren ein Touristenmagnet geworden. Nie gab es aber soviel Aufmerksamkeit, wie in der Zeit, als sich vor der Marina ein Seehund niedergelassen hatte. Über ein Jahr lang tauchte er immer mal wieder auf dem Gelände auf. Yildiz Frühauf hatte der kleinen Robbe den Namen Fredo gegeben.
Ende April hieß es dann Abschied nehmen. Mitarbeiter der Seehundstation Friedrichskoog holten ihn ab und brachten das Tier in seinen eigentlichen Lebensraum, die Nordsee. Dabei stellte sich auch heraus, dass Fredo eigentlich ein Mädchen ist. „Das ist das Schöne an dem, was ich tue. Kein Tag ist wie der andere und langweilig wird es nie“, sagt die Hafenmeisterin. Die 20 Jahre seien wie im Flug vergangen. Hat sie nun alles erreicht? Yildiz Frühauf lacht: „Für alle meine Pläne reichen die nächsten 20 Jahre nicht.“
Für Sonnabend, 24. Juni, lädt die Hafenmeisterin in der Marina (Hafenstraße 14) zur einer großen Geburtstagsparty ein. Um 18 Uhr beginnt das Open-Air-Konzert von JP King, der mit Oldies von Johnny Cash, Buddy Holly und Elvis Presley für Stimmung sorgen wird. Dazu gibt es Leckeres vom Grill, Fingerfood und eine Cocktailbar. Der Eintritt ist frei.