Lauenburg. Die Rechtsanwältin ist zweite Vorsitzende der türkischen Gemeinde. Jetzt kandidiert sie für das höchste Amt der Stadt. Was sie bewegt.
Thorben Brackmann gilt mit 32 Jahren als einer der jüngsten Bürgermeister im Norden. Lauenburgs neue Stadtpräsidentin könnte die nur vier Jahre ältere Elif Karagöz werden. Die CDU schlägt die junge Rechtsanwältin für das höchste Amt der Stadt vor. Gewählt wird sie durch die neue Stadtvertretung, die am Montag, 19. Juni, zur konstituierenden Sitzung zusammenkommt.
Für die CDU gilt die Wahl von Elif Karagöz als sicher. „Wir haben mit allen Parteien und Wählergemeinschaften gesprochen. Unser Vorschlag wurde sehr positiv aufgenommen“, sagt Fraktionschef Christoph Haase. Den Christdemokraten obliegt es, das neue Stadtoberhaupt vorzuschlagen, da sie am 14. Mai mit 40 Prozent aller Stimmen als Sieger aus der Gemeindewahl hervorgegangen waren.
Stadtpräsident: Elif Karagöz war nicht erste Wahl der CDU
Haase macht keinen Hehl daraus, dass Elif Karagöz nicht die erste Wahl gewesen sei. Die CDU hatte Thomas Burmester schon als den neuen Stadtpräsidenten von Lauenburg gesehen. Doch der ehemalige Kämmerer nahm sein Stadtvertretermandat nicht an. Grund ist sein Vorstandsposten bei den kommunalen Stadtbetrieben. Laut Gemeindeordnung gilt die „Unvereinbarkeit von Amt und Mandat“.
Nachdem dies bekannt wurde, hagelte es Kritik. Die SPD wirft der CDU vor, schon vor der Wahl gewusst zu haben, dass Burmesters Posten und sein Stadtvertretermandat nicht miteinander vereinbar seien und spricht von einer „Posse“. Bei der CDU hält man unterdessen an der Version fest, von der Unvereinbarkeit erst nach der Wahl überrascht worden zu sein.
Verbindung zu türkischen Gemeinde stärken
Elif Karagöz lässt sich von diesen Querelen nicht beeindrucken. Das Mitgliedsbuch der CDU hat sie erst seit ein paar Wochen in der Tasche. „Ich will mich politisch engagieren und was für Lauenburg bewegen“, sagt sie. Das Programm der CDU habe sie überzeugt. Die 36-Jährige ist in Lauenburg geboren, hat in Bremen studiert und arbeitet derzeit als Rechtsanwältin in Hamburg. „Ich lebe aber in Lauenburg, das ist meine Heimatstadt und hier lebt meine Familie“, erzählt sie.
Bruder Emre Karagöz engagiert sich ebenfalls für die Stadt, wenn auch nicht auf politischer Ebene. Mit seiner Firma M&E Immobilien entwickelt er derzeit das Baugebiet „Leborker Ring“. Ihre türkischen Wurzeln sind Elif Karagöz wichtig. Sie war im Oktober vergangenen Jahres Mitorganisatorin der Lauenburger Demo gegen Hass und Intoleranz. Die zweite Vorsitzende der türkischen Gemeinde glaubt, als Stadtpräsidentin Menschen mit Migrationshintergrund mehr für die Stadtentwicklung interessieren zu können. „Ich sehe mich da als Vermittlerin und Bindeglied“, sagt sie.
Frau, jung, türkische Wurzeln – früher undenkbar
Dass sie im Falle ihrer Wahl ab nächster Woche das höchste Amt der Stadt bekleiden wird, ist für Elif Karagöz zwar etwas Besonderes, aber sonst nicht besonders bemerkenswert. Allerdings, so räumt sie ein, wäre ihre Wahl vor ein paar Jahrzehnten kaum denkbar gewesen. „Ich habe ja nicht nur türkische Wurzeln, ich bin eine Frau und dazu noch relativ jung. Dass ich dann die höchste Repräsentantin der Stadt bin, wäre früher für viele schwer zu akzeptieren gewesen“, ist sie überzeugt.
Ihr Amt will Elif Karagöz nicht nur überparteilich führen, sie möchte Stadtvertretersitzungen auch transparenter leiten, als das bisher der Fall gewesen sei. Damit liegt sie auch mit Fraktionsmitglied Tim Bienwald, auf einer Wellenlänge. „Es kann nicht sein, dass die Zuschauer auf den Besucherplätzen gar nicht wissen, wovon bei der Verlesung der Beschlussvorlagen die Rede ist. Wir sollten uns auch nicht scheuen, vorangegangene, kontroverse Diskussionen kurz zusammenzufassen“, regt er an.
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Besetzung der Ausschüsse auch über Losentscheid
Während der konstituierenden Sitzung der Stadtvertretung geht es aber nicht nur um die Wahl des Stadtoberhauptes. Die Tagesordnung umfasst 37 Punkte. Die meisten davon betreffen die Zusammensetzung der Fachausschüsse. Da sei noch einiges in der Abstimmung, sagt der CDU-Fraktionschef. In einigen Fällen müsse das Los entscheiden.
Die Zusammensetzung der Ausschüsse ist nicht unwichtig. Schließlich werden hier politische Entscheidungen vorberaten und das Ergebnis der Stadtvertretung vor der endgültigen Entscheidung empfohlen. Die konstituierende Sitzung wird übriges nicht von bisherigen Stadtpräsidenten Wilhelm Bischoff geleitet, sondern von dem Politiker oder der Politikerin, die der Stadtvertretung am längsten angehört.
CDU bringt Antrag zur Änderung der Hauptsatzung ein
Einen Antrag zur Abstimmung gibt es für diese erste Sitzung nur von der CDU. Dabei geht es um die Änderung der Hauptsatzung. Bisher gehörten den Fachausschüssen jeweils neun Mitglieder an. Weil die neue Stadtvertretung jetzt aber nicht mehr 23, sondern 27 Mitglieder hat, wollen die Christdemokraten die Mitgliederzahl in den jeweiligen Ausschüssen auf elf erhöhen. Außerdem sollen die Zuständigbereiche der Ausschüsse neu geordnet werden.
Die konstituierende Sitzung der Stadtvertretung am Montag, 19. Juni, beginnt um 19 Uhr im Forum der Albinus-Gemeinschaftsschule. Anders als sonst erfolgt die Einwohnerfragestunde nicht am Anfang der Sitzung, sondern erst nach den Wahlvorgängen.