Lauenburg. Eine Montagsdemo der ganz anderen Art erlebte Lauenburg am Reformationstag. Was so viele Menschen auf die Straße brachte.
Plakate, riesige Banner, Regenbogenfahnen und immer wieder der lautstarke Ruf: „Wir sind nicht still!“ Der Demonstrationszug, der gestern durch Lauenburg zog, war weder zu übersehen noch zu überhören. „Ist das ‘ne Montagsdemo?“ fragte jemand am Straßenrand. „Ja, und was für eine!“, antwortete eine Frau und hielt dem Mann ihr Schild „Omas gegen rechts“ vor die Nase. Rund 300 Menschen waren der Einladung zur Demo „Wir sind nicht still!“ gefolgt. Eingeladen hatten die Stadt, der evangelische Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg, die türkische Gemeinde, und die Partnerschaft für Demokratie in Lauenburg.
In Lauenburg standen die Menschen auf gegen Hass und Intoleranz
Mit einem Gottesdienst im Fürstengarten, gehalten von Pastor Ulrich Billet, begann die „Kundgebung für Menschenwürde, gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit“. Stadtpräsident Wilhelm Bischoff gab anschließend des Startsignal für die Demo quer durch die Stadt. „Wenn man wie ich in einem christlich liberalen Elternhaus aufgewachsen ist, ist die Achtung anders denkender Menschen oder solcher mit anderer Hautfarbe und anderen Glaubens eine Selbstverständlichkeit. Wir wollen zeigen, dass Rassismus in unserer Stadt keinen Platz hat“, sagte er.
Doch schon ein paar Minuten später war klar, dass es auch in Lauenburg Fälle von rassistischen Anfeindungen gibt. Erste Station der Demonstranten war der Innenhof der Lauenburger Moschee. Die zweite Vorsitzende der türkischen Gemeinde, Elif Karagöz, erzählte von jüngsten Übergriffen in Hamburg, machte aber klar, dass dieses Problem nicht nur anderswo existiert. „Alltagsrassismus gibt es auch in Lauenburg. Vielleicht musstet ihr auch schon solche Erfahrungen machen“, sagte sie in Richtung der überwiegend türkischen Jugendlichen, die in der ersten Reihe des Demonstrationszuges liefen.
Sie waren es auch, die dafür sorgten, dass der Sprechchor der Demonstranten nicht verstummte: „Wir! Sind! Nicht! Still!“, versprachen sie lautstark. Sie wechselten sich ab mit den „Omas gegen rechts!“, die kaum leiser waren. Zwischendurch spielte die Hamburger Formation Tinnitussis Blasmusik nach dem Vorbild französischer Studentenbands.
Demo endet im Fürstengarten mit berührenden Redebeiträgen
Nach einem Rundgang durch die Stadt kam der bunte Zug wieder im Fürstengarten an – und blieb dort auch zusammen.
Es wäre auch schade gewesen, die dann folgenden, teils berührenden Redebeiträge zu verpassen. Sowohl der ehemalige Bundestagsabgeordneten Norbert Brackmann (CDU), als auch der Bundestagsabgeordnete der Grünen, Konstantin von Notz, verzichteten auf trockene Ansprachen, sondern teilten ihre ganz persönlichen Gedanken zu Toleranz und Zusammenhalt.
Ein Heimspiel hatte der Probst im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg, Philip Graffam. Er hatte vor zwei Jahren als Lauenburger Pastor mit den Anstoß zu dieser Veranstaltung gegeben, was die Teilnehmer mit viel Beifall bedachten. Wie es seine Art ist, fand Graffam berührende Gleichnisse für menschliches Zusammenleben ohne Hass und Intoleranz.
Junge Kicker und „Omas gegen rechts“ demonstrieren gemeinsam
Bei den jungen Kickern des FC Lauenburg ist so ein Hass ohnehin kein Thema, und das machten sie auf der Bühne deutlich. „Beim FC Lauenburg hat Rassismus keine Chance“. Diesen Satz hörten die Teilnehmer der Demo auf deutsch, ungarisch, ukrainisch, kurdisch, syrisch, italienisch, türkisch und portugiesisch. Kinder und Jugendliche aus diesen Ländern spielen beim FC Lauenburg in einem Team.
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Die „Omas gegen rechts“ zeigten dann auf der Bühne auch noch mal, dass mit ihnen zu rechnen ist, wenn es gegen Neonazis und rechtes Gedankengut geht. „Wir möchten, dass unsere Enkel in einem Land leben, ohne Rassismus und ohne die AfD im Bundestag, die da immer noch ihr Unwesen treibt“, erklärte Susanna Brauer-Bethge.
Lauenburg war nach Berkenthin, Ratzeburg und Mölln der vierte Ort im Kreis, an dem die Demo „Wir sind nicht still!“ Menschen auf die Straße brachte. Den Staffelstab übernahm Pastorin Doris Pfeifer aus Sandesneben. Am 31. Oktober 2023 gehen dort die Menschen auf die Straße.