Lütau. Mit Isabel Velke (30) hat die vierte Generation die Geschicke der Lütauer Süßmosterei übernommen. 1911 gründete ihr Urgroßvater den Betrieb.
Sie kann Bier brauen, weiß wie Wein gekeltert oder ein Brand hergestellt wird, denn Isabel Velke hat an der staatlichen Hochschule im hessischen Geisenheim, gelegen zwischen Weinbergen und dem Rhein, Getränketechnologie studiert. In Lütau hat die 30-Jährige jetzt die Leitung der elterlichen Süßmosterei übernommen, führt das Unternehmen in vierter Generation.
„Wir wollen das bleiben, was wir sind: ein regional produzierendes Unternehmen, das seine Säfte auch in der Region vermarktet“, sagt Isabel Velke, wenn man die 30-Jährige Jungunternehmerin nach ihren Zielen fragt. Velke setzt bei der Produktion der Säfte und Schorlen auf Nachhaltigkeit: Die Früchte sollen möglichst aus der Region kommen. Dabei setzt sie auf alte Sorten: Unter dem Motto „Zusammen Obst streuen“ bot Velke Kunden alte Apfelsorten für den heimischen Garten an. Ein Bäumchen kostete die Kunden zehn Euro, den Rest übernahm die Mosterei. In diesem Frühjahr bietet die Süßmosterei gemeinsam mit dem Hamburger Pomologenverein einen bereits ausgebuchten Baumschnittkursus an.
Regionale Unternehmen: In 113 Jahren von der Meierei zur Mosterei
Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 1911 von Velkes Urgroßvater Rudolf Velke senior als Meierei. Die Bauern aus dem Umland lieferten die Milch, deren Produkte in der Region und in Hamburg verkauft wurden. Rudolf Velke junior stellte den Betrieb im Jahr 1955 auf eine Süßmosterei um. Als er einen Nachfolger suchte, sperrte sich jedoch Sohn Bernd: Er ging nach Hamburg und machte eine Fotografenlehre.
Dass er 1984 zurückkam, die Firma übernahm und ihr den Namen „Lütauer Süßmosterei“ gab, lag an seinem langjährigen Geschäftspartner Axel Otolski. Der hatte in den 1980er-Jahren keine Lust mehr auf sein Psychologiestudium, genauso wie Velke sein Fotografendasein nicht mehr wirklich schmeckte. „Wir haben damals beschlossen, mal eine Apfelsaison mitzumachen“, erinnert sich Bernd Velke. Daraus wurden 38 Jahre: Im vergangen Oktober übergaben beide, mittlerweile im Rentenalter, die Geschicke de Firma an die vierte Velke-Generation.
Saft wird aus Äpfeln, aber auch aus Rhabarber und Ingwer gewonnen
Sie hinterlassen eine florierende Firma: Velke und Otolski bauten die Produktion aus. Statt 200.000 Liter Apfelsaft produziert die Süßmosterei heute mehr als das Vierfache davon im Jahr. Hinzu gekommen sind andere Obstsorten: Auch Birnen, Pflaumen, Kirschen, Erdbeeren und Rhabarber aus der Region werden in Lütau verarbeitet, hinzu kommen Zitrusfrüchte und andere Obstsorten, die nicht gepresst werden können und deshalb zugekauft werden. „Die Entsaftung von Zitrusfrüchten ist ein ganz anderes Verfahren“, erläutert Isabel Velke. Denn die Schalen enthalten einen hohen Anteil ätherischer Öle, die beim Pressen austreten und den Saft bitter schmecken lassen würden.
In der Lütauer Süßmosterei werden neben den Äpfeln auch Birnen und Quitten, aber auch Rhabarber und Ingwer gepresst. „Man muss beide vor dem Pressen sehr klein schneiden, dann geben sie erstaunlich viel Saft ab“, so die Unternehmerin. Mehr als 40 unterschiedliche Säfte, Mischungen und Schorlen gehören zum Angebot der Süßmosterei.
Auch Äpfel aus dem heimischen Garten werden hier zu Saft
Wer einen Apfelsaft aus Lütau trinken möchte, steht vor der Qual der Wahl: Allein vier verschiedene Säfte bietet die Mosterei an. Neben dem naturtrüben Apfelsaft mit Früchten von norddeutschen Apfelplantagen gibt es noch die Bio-Variante dieses Safts, dazu kommen ein klarer Apfelsaft und als besondere Variante ein naturtrüber Saft, dessen Äpfel ausschließlich aus Hausgärten oder Streuobstwiesen stammen.
Den Anteil dieses Safts möchte Velke gerne erhöhen, während der klare oder „blanke“ Apfelsaft für sie ein „historisches Relikt“ ist. „Weil man die Säfte früher nicht anders haltbar machen konnte, hat man sie abgeklärt“, erläutert die 30-Jährige. Dies sei heute aber kein Problem. Sie bevorzugt deshalb den naturtrüben Saft, der viele Mineralstoffe und Antioxidantien enthält.
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Der Apfeltrester geht an Landwirte oder in die Biogasanlage
Die angelieferten Äpfel werden in der Süßmosterei zunächst gewaschen, zerkleinert und dann als Maische in einer Bandpresse gepresst. Der Saft wird aufgefangen und der trockene Rest (Apfeltrester) geht dann als Tierfutter an Landwirte oder in die Biogasanlage. Tipp von Velke: „Im Herbst schmeckt der Apfelsaft besonders gut, denn dann wird der Saft direkt nach dem Pressen in Flaschen abgefüllt und nicht in Tanks zwischengelagert.“
Doch Apfelsaft wird nicht nur im Herbst gepresst: Gerade erst hat ein Apfelproduzent eine große Menge Tafeläpfel geliefert. Velke: „Äpfel, die nicht mehr 100 Prozent in Ordnung sind, die vielleicht eine kleine Stelle haben, können wir noch sehr gut zu Saft verarbeiten – und leisten damit auch einen Beitrag gegen die Lebensmittelverschwendung.“
Die Säfte werden in der Region zwischen Hamburg und Schwerin, Lübeck und Lüneburg in vielen Supermärkten geführt. Die Schorlen werden darüber hinaus in vielen Restaurants angeboten. Am bekanntesten ist die Lütauer Rhabarber-Schorle, die vor allem im Sommer ein Renner ist. Das gesamte Sortiment gibt es im Hofladen direkt neben der Mosterei (Katthof 4), der wochentags von 8 bis 12 und 14 bis 17 Uhr, sonnabends von 10 bis 12 Uhr geöffnet ist.