Lauenburg. Besuch auf der Baustelle: Es geht voran mit dem anspruchsvollen Projekt. Ein Teil der alten Bausubstanz bleibt, anderes wird modern.

„Nirgends kann man den Grad der Kultur einer Stadt und überhaupt den Geist ihres herrschenden Geschmacks schneller und doch zugleich richtiger kennenlernen, als in den Lesebibliotheken.“ Glaubt man dem Dichter Heinrich von Kleist, dann kann Lauenburg es diesbezüglich bald mit so mancher Kulturmetropole aufnehmen. Das künftige Medienzentrum im ehemaligen Gasthaus Stappenbeck dürfte nach seiner Fertigstellung zumindest in Norddeutschland einzigartig sein.

Vor ein paar Monaten brauchte man noch jede Menge Fantasie, um sich vorzustellen, wie das neue Medienzentrum mal aussehen wird. Besonders als der marode Verbindungsteil zwischen Gasthof und Festsaal des ehemaligen Stappenbeck abgerissen war, zeigte sich, dass dieses Projekt eines der anspruchsvollsten ist, die sich die Stadt in den vergangenen Jahrzehnten vorgenommen hat.

Im Saal des Stappenbeck feierten Generationen von Lauenburgern rauschende Feste.
Im Saal des Stappenbeck feierten Generationen von Lauenburgern rauschende Feste. © Stadtarchiv | Stadtarchiv

Kein Denkmalschutz, aber Umbau nach historischem Vorbild

Mittlerweile ist das neue Verbindungsgebäude hochgezogen, das Dach ist fast gedeckt. Gerade wurden die großen Fenster angeliefert, die ersten sind schon eingebaut. Das Büro kbnk Architekten hat es sich zur Aufgabe gemacht, die alte Bausubstanz weitgehend zu erhalten. Etwas Spielraum haben sie dabei, denn das Gebäude steht nicht auf der Denkmalliste des Landes.

Die Säulen, die früher die Tanzfläche einrahmten, bleiben erhalten. Bei der Erstellung des Farbkonzeptes haben die Planer auf alte Fotografien zurückgegriffen. „Die Säulen waren ursprünglich dunkel und so stellen wir sie wieder her“, erklärt Martina-Wulf-Junge vom Stadtplanungsamt. Wo früher Tanzkapellen spielten, gibt es auch künftig eine Bühne. „Auf zwei Ebenen wird darüber der Kinder- und Jugendbereich angeordnet. Diese Flächen sind über eine Treppe oder einen Fahrstuhl zu erreichen“, beschreibt Bauamtsleiter Christian Asboe den schon gut erkennbaren Bereich. Im Saal selbst werden die Büchereiregale und Sitzecken großzügigen Platz finden.

Perspektivansicht „Stadtbücherei und Archiv“ vom „Lütter Markt“.
Perspektivansicht „Stadtbücherei und Archiv“ vom „Lütter Markt“. © kbnk-Architekten / kbnk-Architekten | KBNK-Architekten

Digitale Medien und alte Stadtdokumente im Neubau

Schon jetzt ist von innen kaum zu erkennen, wo der alte Saal aufhört und der Neubau beginnt. Dieser wird das Herzstück des Medienzentrums sein. Neben dem großzügigen Empfangstresen ist hier ein Bereich vorgesehen, in dem die Nutzer selbst aktiv werden können.

Seit 2019 ist die Lauenburger Stadtbücherei ein sogenannter „digitaler Knoten“ des Landes. Die Zeiten, in denen Bibliotheken nur Bücher und Zeitschriften hatten, sind lange vorbei. Büchereien auf der Höhe der Zeit bieten heute fast alles, was auf dem Medienmarkt zu finden ist. Und die Lauenburger Stadt- und Schulbücherei ist bei dieser Entwicklung ganz vorn dabei. Die Nutzer können auf viele digitale Angebote zurückgreifen. Neben Internetarbeitsplätzen und E-Books gibt es unter anderem iPad-Koffer, 3-D-Drucker, eine Gaming-Lounge, einen Sonic-Chair, Mini-Roboter und die beliebten Actionbounds, mit denen digitale Erlebnis-Rallyes durch die Bücherei veranstaltet werden können. Diese meisten dieser Angebote werden im Neubautrakt ihren Platz finden. Im Obergeschoss gibt es Platz für die Dokumente aus dem Lauenburger Stadtarchiv.

Im ehemaligen Gasthaus entsteht das Café und Bistro. Die großen Fensterflächen wurden durch Sprossenfenster ersetzt, die es hier auch früher gab.
Im ehemaligen Gasthaus entsteht das Café und Bistro. Die großen Fensterflächen wurden durch Sprossenfenster ersetzt, die es hier auch früher gab. © Elke Richel | Elke Richel

Café und Bistro im ehemaligen Gasthaus

Vom Neubau aus gibt es eine Verbindung in das ehemalige Gasthaus Stappenbeck. Dies ist schon heute von außen kaum wiederzuerkennen. Als die Arbeiter den gelben Putz der Fassade abschlugen, kam das historische Fachwerk zum Vorschein, das derzeit aufgearbeitet wird. Hier soll ein Café und Bistro entstehen.

Anders als im Bücherei- und Veranstaltungsbereich gibt es hier keine großflächigen Glasflächen, sondern Sprossenfenster nach dem historischen Vorbild. Den Gastronomiebereich will die Stadt verpachten, Gespräche dazu laufen bereits.

Herausforderungen gab es bisher so einige für die Planer und die bauausführenden Firmen. Zunächst erwies sich der lehmige Baugrund als Problem. Bodenuntersuchungen hatten ergeben, dass der Untergrund für den Neubau nicht genügend tragfähig ist. „Wir haben insgesamt 55 Pfähle jeweils 13 Meter in die Erde rammen müssen, damit wir überhaupt bauen konnten“, sagt Martina Wulf-Junge.

Kostensteigerung um 30 Prozent eingeplant

Überraschungen bei den Kosten erwartet die Stadt nicht mehr. Mit sieben Millionen Euro sollte der Bau ursprünglich zu Buche schlagen. Mittlerweile gehen die Planer von einer Preissteigerung um rund 30 Prozent auf etwas mehr als neun Millionen Euro aus. Auch von Lieferproblemen beim Material sei die Baustelle nicht verschont geblieben. „Allerdings haben wir darauf durch eine flexible Ablaufplanung reagieren können“, saft die Stadtarchitektin.

An der Fertigstellung des Medienzentrums hängt noch ein anderes Projekt: Die Gestaltung der Außenanlagen. Im August vergangenen Jahres hatte eine Jury den Siegerentwurf gekürt. Das Berliner Büro Plateau Landschaftsarchitekten konnte den Wettbewerb mit dem Projekt Lesegärten für sich entscheiden. „Sobald die schweren Baumaschinen abgerückt sind, beginnt die Gestaltung der Außenanlagen“, versichert Asboe. Das ehrgeizige Ziel von Politik und Verwaltung steht nach wie vor, im Herbst dieses Jahres soll das Medienzentrum eingeweiht werden. das ist auch aus anderem Grunde von Belang: Wenn die Bücherei ihr neues Domizil bezieht, kann der Umbau der Weingartenschule beginnen.