Lauenburg. Am 8. Mai ist Tag der Städtebauförderung. Lauenburger können an diesem Tag einen Blick zurück und einen in die Zukunft werfen.
Wenn Horst Eggert über seine Jugend erzählt, dann ist dabei meist auch vom Gasthaus Stappenbeck in Lauenburg die Rede. Gern erinnert sich der 85-Jährige daran, dass er hier als junger Turner auf dem Tanzboden so richtig Eindruck schinden konnte. Die großen Bälle der Lauenburger Traditionsvereine waren legendär. „Auf die jährlichen Maskeraden im Stappenbeck haben sich die Lauenburger wochenlang vorbereitet“, weiß der Heimatforscher noch heute.
Wenn man alteingesessene Lauenburger fragt, kann fast jeder eine Geschichte erzählen, die damit beginnt: „Und dann gingen wir noch ins Stappenbeck ...“. Das hatte seinen Grund. So beschaulich es Anfang der 60er-Jahre in Lauenburg auch zuging, im Stappenbeck war von Kleinstadtmief nichts zu spüren. Besonders wenn die „blauen Jungs“ des Patenschiffs Tender Elbe den Tanzboden unsicher machten, hätten manche Väter ihre Töchter am liebsten zu Hause eingeschlossen.
Im Twisten sind die Blauen Jungs nicht zu übertreffen
So schrieb die Lauenburgische Landeszeitung am 14. August 1963 über einen Tanzabend im Stappenbeck: „Das steht seit gestern Abend fest, im Twisten sind die Blauen Jungs nicht zu übertreffen. Lauenburgs Töchter jubelten begeistert, als sie das merkten. Und selten haben die gesetzteren Jahrgänge solche wilden Körperverrenkungen gesehen.“
Drei Tage später schrieb die Zeitung über den Abschiedsball im Stappenbeck, den die Stadt für die Besatzung ausgerichtet hatte: „Die zahlreich vertretenen jungen Damen der Elbestadt brauchten sich um temperamentvolle Tänzer nicht zu sorgen, und der Abschied fiel so manchem der ,blauen Jungs’ schwer. Für Briefträger, so scheint es, brechen schwere Zeiten an.“
Im Stappenbeck wird das Gedächtnis der Stadt untergebracht
Meist blieb es während der Tanzabende beim Flirt oder beim ersten Kuss. Aber wenn man dem damaligen Stadtrat Werner Eggers und unsrem damaligen Kollegen glauben will, begann im Stappenbeck auch ab und zu das große Glück: „So mancher Seemann von der Elbe-Besatzung ist schon mit einem Mädchen von der Elbe verheiratet“, schrieb unsere Zeitung damals. Es ist kaum anzunehmen, dass solche Begegnungen in irgendeiner Form in der Lauenburger Stadtgeschichte belegt sind. Trotzdem schließt sich der Kreis irgendwie.
Im Stappenbeck, mit dem so viele Lauenburger persönliche Erinnerungen verbinden, wird künftig das Gedächtnis der Stadt untergebracht. Wie berichtet, soll in dem ehemaligen Gasthaus und dem angrenzenden Tanzsaal ein modernes Medienzentrum entstehen. Mit diesem Projekt löst die Stadt gleich drei Probleme auf einmal: Am jetzigen Standort Bücherei kann der geplante Erweiterungsbau der Weingartenschule entstehen.
Förderrichtlinien sehen eine Eigenanteil von einem Drittel vor
Außerdem erhalten sowohl die Bücherei als auch das Stadtarchiv viel mehr Platz als bisher. Neben einem großzügigen Ausleihbereich soll es einen Veranstaltungsraum und ein öffentliches Café in dem insgesamt 1300 Quadratmeter großen Gebäudekomplex geben. Die Stadt geht davon aus, dass das Projekt insgesamt sieben Millionen Euro kosten wird.
Das ist für Lauenburg ein harter Brocken, denn bei der Verteilung von Mitteln aus zwei Förderprogrammen ging die Stadt leer aus. Will Lauenburg für die Umsetzung des Projektes öffentliche Mittel einsetzen, bleibt nur das Bundesprogramm der Städtebauförderung, aus dem die Stadt regelmäßig Geld erhält. Allerdings: Die Förderrichtlinien sehen einen Eigenanteil von einem Drittel vor.
Das letzte Wort in der Angelegenheit hat die Kommunalaufsicht
Außerdem dürfte ein erneuter Fördermittelantrag das Projekt um zwei Jahre zurückwerfen. Deshalb gab die Stadtvertretung kürzlich grünes Licht, das Projekt nun ganz ohne Fördermittel zu entwickeln – trotz der wirtschaftlichen Lage, die sich durch die Corona-Krise weiter verschärft. Das letzte Wort hat aber die Kommunalaufsicht, die der Kreditaufnahme zustimmen muss.
Das Thema Städtebauförderung ist in Lauenburg trotzdem nicht abgeschrieben. Im Gegenteil. Das Lauenburger Stadtzentrum insgesamt ist Teil des Entwicklungskonzeptes. Deshalb liegt es auch auf der Hand, dass die Stadt sich am bundesweiten „Tag der Städtebauförderung“ am Sonnabend, 8. Mai, beteiligt. Bund, Länder und Kommunen arbeiten seit 1971 zusammen, um Städte und Quartiere zukunftsfähig zu gestalten.
Im Stappenbeck selbst wird es einige wenige Objekte geben
In der Lauenburger Verwaltung tüftelt man derzeit an einem Programm, dass sich auch unter den aktuellen Beschränkungen umsetzen lässt. „Wenn es die Situation zulässt, wird es im Stappenbeck selbst einige wenige Objekte geben. Die Besucher werden durch das Gebäude gelenkt und können sich dann ein Bild davon machen, wie es hier einmal aussehen wird“, verrät der Amtsleiter für Stadtentwicklung, Reinhard Nieberg.
Außerdem sollen in Dauerschleife Filmpräsentationen einen visuellen Eindruck vermitteln. Aber selbst wenn kein Besuch vor Ort möglich sein sollte, müssen Interessierte auf diese szenischen Darstellungen nicht verzichten. Auf der Seite der Stadt www.lauenburg.de sind sie dann weiter abrufbar.
Egal, ob persönlich oder vor dem Bildschirm – es gibt auch einen Blick in die Vergangenheit des legendären Gebäudes. Und bestimmt wird dabei so manche Erinnerung wach. Vielleicht werden dann im Familienkreis Geschichten erzählt, die damit beginnen: „Und dann gingen wir noch ins Stappenbeck ...“.