Lauenburg. Vor der Bürgermeisterwahl am 6. November fühlen wir den Bewerbern auf den Zahn. Heute geht es um das Thema Wirtschaftsförderung.
Am Sonntag, 6. November, entscheiden etwa 9000 Wahlberechtigte, wer am 1. April nächsten Jahres der neue Bürgermeister oder die neue Bürgermeisterin von Lauenburg wird. Die Herausforderung der Kandidatur haben Thorben Brackmann (CDU), Anne-Marie Hovingh (SPD) sowie Einzelkandidat Patric Hoffmann angenommen.
Wer die Wahl gewinnt, übernimmt kein leichtes Amt. Die wirtschaftlichen Bedingungen in den kommenden Jahren werden der Stadtverwaltung im Zusammenspiel mit der Politik einiges abverlangen.Die Gewerbesteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen einer Stadt. Doch bei der Ansiedlung neuer Unternehmen tut sich Lauenburg schwer. So soll der größte Teil des geplanten Gewerbegebietes nördlich von Famila als Wohnbaufläche umgewidmet werden.
In der zweiten Folge unserer Interviewreihe möchten wir von den Kandidaten wissen: Was stärkt Lauenburgs Wirtschaftskraft?
In den vergangenen Jahren gelang es kaum, neue Unternehmen für Lauenburg zu begeistern. Als Gründe dafür werden oft die schlechte Verkehrsanbindung sowie die Nähe zum förderstarken Bundesland Mecklenburg-Vorpommern angeführt. Was kann oder muss die Stadt tun, um trotzdem neue Wirtschaftsansiedlungen zu fördern?
Thorben Brackmann: Kurzfristig können wir die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises verbessern. Wie können ja immer noch Gewerbeflächen anbieten. Auf dem Areal nördlich von Famila sind dafür noch fünf Hektar vorgesehen. Langfristig müssen wir Lauenburgs Infrastruktur verbessern, etwa durch eine neue Elbquerung. Ein attraktives Wohnumfeld, gute Schulen und flächendeckend schnelles Internet sind ebenfalls wichtige Standortfaktoren, um Unternehmen und Fachkräfte zu gewinnen.
Anne-Marie Hovingh: Wir müssen aktiv werden und uns konkrete Beratung im Bereich der Wirtschaftshilfen einholen und diese in Zusammenhang mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises einbringen. Eine nachhaltige und starke Wirtschaftsförderung schafft Rahmenbedingungen für wettbewerbsfähige Unternehmen. Wir müssen daher auch das Potenzial vor Ort heben und Gründerinnen und Gründer aus und in Lauenburg maximal fördern.
Patric Hoffmann: Wir sollten ergebnisoffen prüfen, ob man die Gewerbesteuer für ansiedlungswillige Unternehmen nicht für einen gewissen Zeitraum reduziert. Aus meiner Sicht könnte das ein wirksamer Anreiz sein und sich mittel- und langfristig positiv auf die Gewerbesteuereinnahmen auswirken.
In Lauenburger Industriegebiet sind die wichtigsten Lauenburger Großunternehmen ansässig. Die Straßen sind seit dem Hochwasser 2013 in sehr schlechtem Zustand. Die Sanierung kommt nur schleppend voran. Außerdem gibt es Mängel in der Infrastruktur. So scheitert zum Beispiel die Nutzung von elektrischem Strom für die Produktion bei Worlée an den zu geringen Anschlusskapazitäten. Was ist zu tun?
Thorben Brackmann: Die Industriestraße befindet sich in einem desolaten Zustand – und das nun schon seit über neun Jahren. Ich werde mir die aktuellen Tiefbauvorhaben ansehen und dann zusammen mit der Verwaltung über die Priorisierung und eine zügige Umsetzung sprechen. Für den Anschluss mit Strom sind die Versorgungsbetriebe Elbe zuständig. Ich weiß, dass ein Ausbau der Leitungskapazität in Planung ist.
Anne-Marie Hovingh: Der Firma Worlée wurden vertraglich größere Kapazitäten an Strom zugesichert als leitungstechnisch überhaupt möglich war. Ich möchte die Unternehmen im Industriegebiet daher an einen Tisch bringen, um gemeinsam daran zu arbeiten, wie wir das Industriegebiet fit für die Zukunft machen. So könnte beispielsweise die Abwärme eines Unternehmens, die sonst verpufft wäre, im anderen wiederum genutzt werden.
Patric Hoffmann: Bevor sich Firmen irgendwo ansiedeln, schauen die Entscheidungsträger natürlich vor allem auf die Infrastruktur eines Gewerbegebietes. Das ist mehr als eine gute Verkehrsanbindung. In Zeiten der Digitalisierung gehört dazu vor allem auch ein zeitgemäßer Netzausbau. Auf solche Standortfaktoren müssen wir unbedingt auch Wert legen.
Es gab in der Vergangenheit bereits Initiativen, in Lauenburg, einen Wirtschaftsbeirat zu gründen. Dafür gab es bisher keine politische Mehrheit. Sollte das Thema wieder auf die Tagesordnung?
Thorben Brackmann: Ja. Diese Forderung ist von Anfang an Teil meines Wahlprogramms. Die Stadt Geesthacht hat damit gute Erfahrungen gemacht. Insbesondere zur besseren Kommunikation zwischen Unternehmen, Stadtvertretung und der Verwaltung. Für die wirtschaftliche Weiterentwicklung halte ich diesen Beirat für einen Gewinn, von dem die gesamte Stadt profitieren wird.
Anne-Marie Hovingh: Ein Wirtschaftsbeirat kann ein wichtiges Instrument sein, um die Wirtschaft zu fördern, zu vernetzen und zu stärken. Sollte die Politik diesen Beirat auch in Zukunft nicht wünschen, werde ich dennoch eng mit der Wirtschaftlichen Vereinigung Lauenburg zusammenarbeiten und ein Wirtschaftsforum gründen, um Expertise zu bündeln. Auch einen „Tag der Wirtschaft“ möchte ich einführen, um zu zeigen, was Lauenburgs Wirtschaft alles draufhat.
Patric Hoffmann: Ich habe mit einigen Lauenburger Unternehmern gesprochen. Viele von ihnen wünschen sich einen Wirtschaftsbeirat, so wie es ihn woanders auch gibt. Die Wirtschaftliche Vereinigung ist das eine, ein Wirtschaftsbeirat hat aber noch ganz andere Möglichkeiten, mit Sachverstand auf politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Deshalb kann die Stadt davon nur profitieren.