Lauenburg. Um die Einnahmen der Stadt zu verbessern, fordern die Grünen mehr Gewerbe, weniger Wohnbauflächen. Unklar, ob die Rechnung aufgeht.
Das war eine faustdicke Überraschung im August vergangenen Jahres: Bürgermeister Andreas Thiede stellte in einer öffentlichen Veranstaltung für das Gewerbegebiet am nördlichen Stadtrand einen neuen Plan vor. Jahrelang hatte er die Vermarktung des 21 Hektar großen Areals zur Chefsache erklärt. Immer wieder war von potenziellen Investoren die Rede – die dann jedoch allesamt wieder absprangen.
Dann die Umkehr: Von den ausgewiesenen Gewerbeflächen wird wohl nur ein Bruchteil übrig bleiben. 75 Prozent der gesamten Fläche sollen als Bauland vermarktet werden – so der Plan. Mit der Ansiedlung einkommensstärkerer Familien soll die vergleichsweise geringe Kaufkraft in Lauenburg einen Schub erhalten. Dies würde die Wirtschaftskraft der Stadt mehr ankurbeln, als auf Mehreinnahmen durch Gewerbesteuern zu hoffen, lautete die Begründung.
Einnahmesituation soll langfristig geprüft werden
Doch setzt die Stadt damit möglicherweise aufs falsche Pferd? Während der Sitzung des Hauptausschusses am Donnerstagabend legten die Grünen einen Antrag vor, die Einnahmesituation der Stadt langfristig genauer unter die Lupe zu nehmen. Darin eingeschlossen auch die offensichtliche Aufgabe, um großflächige Gewerbeansiedlungen in Lauenburg zu werben.
„In den nächsten Monaten wechselt die komplette Verwaltungsspitze. In diesem Zusammenhang ist eine umfassende Analyse der Verwaltung zur Einnahmesituation der Stadt angebracht“, begründete Fraktionsvorsitzender Thorsten Pollfuß den Antrag. Hintergrund: Die beiden Amtsleiter Thomas Burmester und Reinhard Nieberg verabschieden sich noch in diesem Jahr in den Ruhestand. Im April nächsten Jahres räumt Andreas Thiede seinen Bürgermeisterstuhl. Sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin wird am 6. November dieses Jahres gewählt.
Stadt braucht mehr Einnahmequellen
Das neue Führungsteam der Lauenburger Verwaltung wird mit dem bestehenden strukturellen Defizit im Stadthaushalt arbeiten müssen. „Dies wird sich auch in Zukunft nicht ändern, falls nicht neue Einnahmequellen generiert werden können“, steht regelmäßig in den Berichten zu den jeweiligen Jahresabschlüssen.
„Warum schaffen wir es nicht, unsere Einnahmesituation zu verbessern?“, fragte der grüne Fraktionschef und plädierte dafür, getroffene Entscheidungen auf den Prüfstand zu stellen – so auch die Umwidmung des Gewerbegebietes am nördlichen Stadtrand.
Gutachten: Mehr Geld durch Gewerbe
Pollfuß bezog sich dabei auf ein Gutachten, das die Stadt in diesem Zusammenhang beauftragt hatte. Für die Zuschauer der Sitzung war es nicht leicht, ihm zu folgen, denn die Untersuchungsergebnisse des Hamburger Büros Gertz, Gutsche, Rümenapp zu den finanziellen Auswirkungen der Umwandlung des Gewerbegebietes wurden den Politikern vor einiger Zeit hinter verschlossenen Türen vorgestellt.
Nach der Interpretation durch die Grünen kommen die Gutachter zu einem eindeutigen Ergebnis: Selbst bei einer Erhöhung der Kaufkraft in der Stadt um bis zu 2,5 Millionen Euro würde sich das strukturelle Defizit durch dieses Vorhaben deutlich erhöhen. Dagegen würde sich bei einer alleinigen Ansiedlung von Gewerbe selbst bei nur 50-prozentiger Auslastung eine strukturelle Verbesserung der Haushaltssituation der Stadt ergeben.
Ob das realistisch ist, bleibt allerdings die große Frage: Wie berichtet fehlt es im Kreis zwar derzeit an Gewerbeflächen. Auf der anderen Seite steht das Lauenburger Gewerbegebiet nicht mal auf der Angebotsseite der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises (WFL).
Zuspruch und Kritik zum Antrag der Grünen – quer durch die Fraktionen
Mit ihrem Antrag rannten die Grünen bei einigen Politikern offene Türen ein, andere lehnten das Ansinnen ab. Bemerkenswert: Die Meinungen dazu gingen auch innerhalb der Fraktionen stark auseinander.
„Eine Analyse der Ertragssituation von der Verwaltung zu fordern, wäre ein Armutszeugnis für unseren Ausschuss. Wir müssen die im Blick haben“, meinte Jens Meyer (SPD). Sein Fraktionskollege Martin Scharnweber erhofft sich dagegen von einer solchen Analyse einen Handlungsfaden für die nächsten Haushaltsjahre.
Christian Stockfisch (CDU) verwies darauf, dass es für die Ansiedlung neuer Unternehmen auch wichtig sei, Bauland für die Mitarbeiter vorzuhalten. „Wir wissen doch gar nicht, wie viel Wohnbauflächen wir wirklich brauchen. Das müssen wir doch analysieren“, hielt Pollfuß dagegen. Tim Bienwald (CDU) hätte für den Antrag der Grünen am liebsten sofort die Hand gehoben.
Schließlich folgten die Politiker mehrheitlich dem Vorschlag des Ausschussvorsitzenden Niclas Fischer (LWG): Der Antrag der Grünen wird zunächst in den Fraktionen beraten.