Geesthacht. Die Zahl der Bauwerke in Deutschland, die aus Geesthacht von CTS stammen, wächst. Dabei spielt das Baumaterial eine große Rolle.

Im Aufenthaltsraum des Geesthachter Unternehmen CTS (The Composite Company) sind zwei Plakate angepinnt mit den Zielen für das Jahr 2023. Die Schrift an der Wand – sie erzählt von Erfolg und Wachstum. Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Faserverbundstoffe (Composites) von CTS spricht sich zunehmend herum. „Umsatzsteigerung 30 Prozent“, steht zum Beispiel unter dem Stichwort „Vertrieb“. Dementsprechend folgt unter Personal: „Acht neue Mitarbeiter einstellen“. Die werden in allen Bereichen benötigt, speziell sind es auch technische Zeichner und Konstrukteure.

50 Mitarbeiter beschäftigt die Unternehmensgruppe inklusive der Brückenbautochter Hacon GmbH. Und zwei Ausbildendende, beide im kaufmännischen Bereich. CTS würde seit Längerem gern auch im handwerklichen Sektor ausbilden, aber da gib es ein Problem: Einen Ausbildungsberuf, der genau zum Tätigkeitsprofil im Unternehmen passt, gibt es gar nicht.

Geesthachter Unternehmen baut sich mit Brücken zum Erfolg

„Wir können im Moment keine Monteure ausbilden, weil wir ein Exot sind. Wir bräuchten eigentlich die Fähigkeiten eines Zimmermanns oder eines Tischlers, haben aber keine Holzbearbeitung, sondern Kunststoff, wir können aber auch keine Kunststoff- und Kautschukformgeber ausbilden, weil wir keinen Kautschuk haben“, erklärt Philipp Wilczek, Geschäftsführender Gesellschafter von CTS, die verzwickte Situation. „Und der Modellbauer ist auch nichts für uns, denn wir bauen auch keine Modelle. Wir sind halt in einer Nische unterwegs.“

Bisher wurde die Lage überbrückt durch die Einstellung von gelernten Tischlern und Zimmerleuten – aktuell weiterhin gesucht – die bei CTS selbst umgeschult wurden auf Kunststoff. „Das geht relativ schnell“, meint Philipp Wilczek.

IHK signalisiert Abhilfe durch eine Verbundausbildung

Das Provisorium könnte nun bald ein Ende finden. „Wir wollen uns die Fachkräfte gern selbst heranziehen, weil wir die nicht am Markt finden. Wir haben nun einen Ansatz mit der IHK gefunden“, teilt Philipp Wilczek mit. Der Besuch der Industrie- und Handelskammer Lübeck bei CTS im Rahmen von deren Sommertour wurde zum Anlass genommen, das Problem anzusprechen. Mit Erfolg: Die IHK hat Hilfestellung signalisiert.

Es stehen zwar noch Folgegespräche an, aber klar ist: Philipp Wilczek erwartet die Realisierung einer Verbundausbildung innerhalb der kommenden zwölf Monate. „Die IHK hat eindeutige Zeichen gesetzt“, sagt er. Organisiert werden soll ein Ausbildungsverbund.

Bei Landshut werden von CTS drei neue Brücken gebaut

Die historische Brücke über die Oder nach Polen bei Bienenwerder ging vor einem Jahr wieder in Betrieb. Das Geesthachter Unternehmen CTS sorgte für den Belag.
Die historische Brücke über die Oder nach Polen bei Bienenwerder ging vor einem Jahr wieder in Betrieb. Das Geesthachter Unternehmen CTS sorgte für den Belag. © Wilczek/CTS | Wilczek/CTS

Ausgebildet werden soll mit anderen Unternehmen zusammen, die entweder aus der Nachbarschaft der Mercatorstraße stammen oder zumindest aus Schleswig-Holstein sind. „Solchen, die dann das abbilden, was wir nicht abbilden können, und wir das abbilden, was die nicht abbilden können“, erklärt Philipp Wilczek das Konzept. So soll eine möglichst umfangreiche Ausbildung gewährleistet werden. „Das ist ein neuer Ansatz, das wäre auch ein Pilotprojekt für die IHK“, sagt der Geschäftsführer.

Derweil sind die Produkte von CTS auf der Erfolgsspur. Vor einem Jahr wurde die mit Kunststoffplatten von CTS restaurierte Fußgänger- und Fahrradbrücke über die Oder von Neurüdnitz in Brandenburg zum polnischen Siekierki mit einem Festakt eingeweiht, nun steht im Oktober der Bau von drei neuen kommunalen Brücken im Raum Landshut in Bayern an.

Kommunen lasen Berichte über Hafenbrücke in Geesthacht

Die Hacon Brücken GmbH hatte bei der Oderbrücke einen hochmodernen Brückenbelag aus GFK-Planken montiert. GFK besteht aus mit Glasfasern verstärktem Kunststoff und ist langlebig. Und bietet deutliche Vorteile gegenüber etwa solchen aus Beton, erklärt Philipp Wilczek. „Das größte Problem, das die Kommunen damit haben, ist die Instandhaltung dieser Bauwerke. Mit unseren Faserverbundstoffen sind Kosten auf ein Minimum reduziert. Das ist eigentlich der ganz große Vorteil, das ganze Instandhaltungsthema fällt weg.“ Zumal auch Einzelsektoren wegen der modularen Bauweise bei einer Beschädigung repariert werden könnten.

Die Oderbrücke ist 330 Meter lang und acht Meter breit und damit die größte Brücke in Deutschland, die mit den patentierten Hacon-Planken saniert wurde. „Die Berichte über die Oderbrücke als auch über die Hafenbrücke in Geesthacht haben für Aufmerksamkeit gesorgt, sodass die Kommunen auf uns zugekommen sind“, sagt Philipp Wilczek.

Premiere für CTS: Brücken in Bayern erstmals komplett aus GFK

Platten aus Geesthacht wurden unter anderem schon in der Söderstrombrücke in Stockholm verbaut, in der Hohenzollernbrücke über den Rhein in Köln und in einem Eisenbahnviadukt bei St. Gallen in der Schweiz. Die aktuelle Entwicklung bei Landshut ist aber trotzdem neu: „Das ist der nächste Schritt für uns, weil es nun um Rad- und Fußwegbrücken geht und nicht um welche für die Industrie, das macht den großen Unterschied aus“, erläutert Philipp Wilczek.

Während es sich bei der Oderbrücke um eine Sanierung auf Basis einer bestehenden Konstruktion handelte, sind die Brücken in Bayern die allerersten komplett aus GFK auch mit der Unterkonstruktion. Der Markt in Sachen Rad- und Fußgängerbrücken scheint lukrativ: „In den nächsten Jahren müssen allein in Deutschland zirka 50.000 dieser Brücken saniert werden“, rechnet Philipp Wilczek vor. Er gehe davon aus, dass ein Viertel komplett ersetzt werden muss.

Alle Brücken werden in Geesthacht komplett vorgefertigt

Auch der Steg für die Marina in Heiligenhafen stammt aus Geesthacht: Als Premiere für CTS wurde im Februar 2021 der beleuchtete Handlauf verbaut.
Auch der Steg für die Marina in Heiligenhafen stammt aus Geesthacht: Als Premiere für CTS wurde im Februar 2021 der beleuchtete Handlauf verbaut. © Privat | Privat

So wie jetzt die drei ein Bayern. Sie sind aus Beton, eine Instandhaltung war der Kommune zu kostenintensiv. „Sie haben neues Material gesucht und eine neue Lösung, da sind sie auf uns gestoßen“, berichtet Philipp Wilczek. Die längste misst 9,5 Meter, alle führen über einen kleinen Bach. Sie werden in Geesthacht komplett vorgefertigt, arretiert sind die Platten mit einem Nut- und Federsystem. Vor Ort werden sie unter Hilfe von vier Monteuren mit einem Kran über das Flüsschen gehoben, parallel die Schraubfundamente erstellt, Das alles funktioniert ohne Beton.

Zum Schutz vor Hochwasser werden die Geländer steckbar ausgeführt. Man kann es rausnehmen, wenn die Überflutung der Brücke droht, sodass weniger Beschädigungen entsteht, wenn sie unter Wasser ist. Der Oktober langt zum Fertigbauen. „Das zeigt auch, wie schnell wir sind“, sagt Philipp Wilczek.

Die nächsten Projekte stehen schon Schlange

Nach dem Bau der Brücken bei Landshut stehen bereits zehn weiterer solcher Projekte Schlange. Wegen der Oderbrücke gibt es auch mehrere Anfragen aus Polen, und in Skandinavien wird ebenfalls verstärkt Interesse gezeigt. Die Vorteile der GFK-Planken sind Langlebigkeit, hohe Rutschsicherheit auch bei Nässe sowie eine sehr gute Ökobilanz.

Im kommenden Jahr soll es zudem durch ein weiteres Standbein noch mehr Auftrieb geben. „Wir lassen gerade unsere gesamten Produkte für die Bauindustrie zu“, verrät Philipp Wilczek. Erwartet wird die Zulassung im Frühjahr. „Unsere Produkte können dann überall auch von jedermann über die Baumärkte bezogen werden. Ein bautechnisch zugelassenes Produkt eröffnet uns ganz neue Perspektiven. Dadurch erwarten wir wieder ein höheres Wachstum und brauchen noch mehr Leute.“