Geesthacht. Beim Abi-Treffen nach 50 Jahren zeigte sich, wer seine Berufswünsche umgesetzt hat. Warum anders als heute Lehramt so gefragt war.

Der Zahn der Zeit nagt nicht an allen. „So fit wie heute war ich damals mit 18 nicht“, erklärt Matthias Wrobel. Er hat 1973 am Otto-Hahn-Gymnasium Abitur gemacht. Der Jahrgang, verstärkt um die Abiturienten von 1974, kam zum zweiten Mal nach dem Abitur zu einem Treffen im Landhaus Tesperhude zusammen. „Erkannt habe ich nach so langer Zeit nur wenige. Zur Schulzeit trugen viele von uns lange Haare“, schmunzelt Matthias Wrobel. „Ich habe damals so 95 Kilo auf die Waage gebracht, inzwischen sind es nur noch 79 Kilogramm“.

Seine Fitness führt er auf die lange Strecke an Kilometern zurück – 400.000 –, die er auf dem Fahrrad zurückgelegt hat. „Das ist vermutlich auch der Grund, warum ich in meiner gesamten Berufszeit nur 31 Tage krank war“, meint der gebürtige Geesthachter.

OHG-Abi-Treffen nach 50 Jahren: Viele setzten ihre Pläne um

Unsere Zeitung befragte 1973 die Schulabgänger, um sich nach ihren Zukunftsplänen zu erkundigen. 50 Jahre später hat unsere Autorin Denise Ariaane Funke sich erkundigt, was aus den damaligen Plänen wurde. Und siehe da: Sehr viele haben ihre Ziele wirklich umgesetzt.

Matthias Wrobel wurde Diplom-Physiker, so wie sein Vater. Er findet sich heutzutage deutlich fitter als mit 18. 
Matthias Wrobel wurde Diplom-Physiker, so wie sein Vater. Er findet sich heutzutage deutlich fitter als mit 18.  © Ariaane D. Funke | Ariaane D. Funke

Matthias Wrobel etwa wollte Diplom-Physiker werden. „Mathematik und Physik lagen mir. Dafür hatte ich es nicht so mit den Sprachen. Mein Vater war auch schon Physiker. Zunächst ging es für mich dann aber zum Bund, anschließend habe ich in Hamburg studiert und in der Forschung gearbeitet. Später habe ich auf IT-Systemberater umgesattelt und bin 1989 nach Meppen ins Emsland gezogen.“

Einschulung war früher in der Osterzeit – das war besser wegen des Lernens

Etwas, was früher besser war, fällt ihm auch ein. „Wir wurden ursprünglich ja alle in der Osterzeit eingeschult, nicht wie heute nach den Sommerferien. Das war besser, da diejenigen, die schlechte Noten hatten, von Weihnachten bis Ostern reichlich Zeit zum Lernen hatten. Jetzt fällt diese Phase ja in die schöne Jahreszeit, sodass von Ostern bis zu den Sommerferien hin gebüffelt werden muss“.

Für Silke Rieck stand schon immer fest, Sonderschullehrerin zu werden. Zum Studieren ging es nach Hamburg. „Nicht nur ihrem Berufswunsch hat sie die Stange gehalten, sondern auch der Einrichtung. Die heute 68-Jährige hat ihre gesamten Berufsjahre an der Schule für geistig Behinderte in Harburg unterrichtet. Würde sie heute etwas anders machen? „Es waren wunderschöne Jahre. Könnte ich die Uhr noch einmal zurückdrehen, würde ich mich wieder so entscheiden“, sagt sie.

„Damals hieß es, ,Leute, werdet Lehrer’“ – nach dem Studium gab es dann zu viele

Auch Renate Lopez, die damals noch Kiehn hieß, wollte Lehramt studieren, um Realschullehrerin zu werden. „Damals hieß es, ,Leute, werdet Lehrer’. Von uns haben viele den Rat befolgt. Nachdem das Studium beendet war, gab es aber zu viele Lehrkräfte. Es war daher gar nicht so einfach, eine Stelle zu bekommen“, berichtet die 68-Jährige, die in der Gruppe der Omas gegen Rechts aktiv ist. Unterrichtet hat Renate Lopez an den Realschulen in Büchen und in Schwarzenbek. Außerdem verbrachte sie zehn Jahre im Ausland, unter anderem in Florida und Kalifornien.

Bettina Kalytta plante, Bauingenieurin zu werden. Mit weiteren drei „Otto-Hahnlern“ ging es nach Braunschweig zum Studieren, im ersten Jahr wurde zu viert eine WG bezogen. Später kehrte Bettina Kalytta zurück auf die Nordseite der Elbe. Sie leitete bis zum Augst 2017 das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt in Lauenburg.

Bei der Jahrgangsehe funkte es im Erdkundeunterricht

Uwe Henschke – Abi-Jahrgang 1974 – verschlug es zur See. Schon in den Schulferien hatte er begonnen, auf Schiffen zu arbeiten. „Schließlich bin ich Meeresbiologie geworden und habe bis 1996 auf dem ehemaligen deutschen Forschungsschiff „Victor Hensen“ gearbeitet. Ich war viel unterwegs beispielsweise im Persischen Golf“, erzählt Uwe Henschke, der unter anderem Ölkatastrophen und Meereswasservergiftungen auf der Spur war.

Uwe Henschke (Abi-Jahrgang 1974) wurde Meeresbiologe. Auf dem Handy zeigt er ein Foto von seiner Zeit auf dem Forschungsschiff „Victor Hensen“. 
Uwe Henschke (Abi-Jahrgang 1974) wurde Meeresbiologe. Auf dem Handy zeigt er ein Foto von seiner Zeit auf dem Forschungsschiff „Victor Hensen“.  © Ariaane D. Funke | Ariaane D. Funke

Eine Jahrgangsehe gab es auch. Bei Christian Speer und seiner Frau Angela (beide Abi-Jahrgang 1974) funkte es im Erdkundeunterricht. Christian Speer wurde Journalist bei den Lübecker Nachrichten, seine spätere Frau studierte Volkswirtschaft. Geheiratet wurde 1983. Das Paar zog von Lauenburg nach Kiel und bekam drei Söhne. „Ich habe später in Kiel als Dozentin im Bereich Eltern-Kind-Beratung an der Volkshochschule gearbeitet“, berichtet Angela Speer.

Ein Lehrer war auch dabei – nach der OHG-Zeit war er Berater im Bundestag

Nicht alle Träume erfüllten sich. Beate Müller wollte eigentlich Juristin werden. „Ich habe das Studium begonnen, aber schnell gemerkt, dass es nichts für mich ist. In meinem Berufsleben hat mir das Wissen aus der Uni-Zeit aber trotzdem gute Dienste erwiesen“, berichtet die 68-jährige gebürtige Schwarzenbekerin. Statt für die Gerichtsgebäude entschied sie sich für eine große Berufsgenossenschaft.

Mit Lothar Sütterlin hatte sich auch ein ehemaliger OHG-Lehrer zum Treffen eingefunden. Ihn hatte es nur zwei Jahre in Geesthacht gehalten. „Ich habe meine Frau kennengelernt, promoviert und war viele Jahre als Berater im Bundestag tätig, wenn es um Fragen der nuklearen Sicherheit ging. Außerdem habe ich in Russland gelebt. Ich fand den Umgang mit Menschen immer spannend“, erzählt der 84-Jährige.

Nach dem Auftakt mit Kaffee und Kuchen stand zwischendurch ein Besuch der alten Lehranstalt an, dann ging es zurück nach Tesperhude zum Essen und einem Ausklang mit vielen Gesprächen bis 23 Uhr.