Geesthacht. Gegen den Ärztemangel in Geesthacht: Partei möchte mehr Engagement der Stadt. CDU lädt zum Fachgespräch.

Über 600 Unterschriften in knapp zwei Wochen – und dabei sind noch nicht mal alle Listen eingesammelt. Die große Resonanz der Unterschriftsaktion der SPD für mehr Hausärzte in Geesthacht zeigt vor allem wie sehr das Thema die Bewohner bewegt. In der größten Stadt im Kreis Herzogtum Lauenburgfehlen, wie berichtet, besonders viele Hausärzte. Wenn Dr. Jörg Stüber (79) und Dr. Hartmut Klaus (77) Anfang Juni ohne Nachfolger in den Ruhestand gehen, gibt es allein in Geesthacht sieben offene Stellen.

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen setzt sich nun dafür ein, dass die Stadt selbst aktiv wird, um diesen Ärztemangel zu beheben. Denn: Alle übrigen Ärzte haben einen Aufnahmestopp. Einen entsprechenden Antrag hat die Partei für die kommende Sitzung des städtischen Hauptausschusses am Montag, 24. April, gestellt (18 Uhr, Ratssaal, Markt 15).

Gegen Ärztemangel: Geesthacht soll attraktiver für Ärzte werden

„Die ärztliche Versorgungssicherheit ist infrage gestellt. Da die Versorgung einen wichtigen Standortfaktor darstellt, ist ein kommunales Engagement im Sinne der Stadt Geesthacht notwendig“, schreiben die Grünen zur Begründung. Um einen eigenen Beitrag gegen den Mangel zu leisten, hofft die Partei auf Unterstützung folgender Punkte, die die Verwaltung prüfen soll. Geprüft werden solle eine Vergabe eines kommunalen Stipendiums für Medizinstudierende samt Verpflichtung nach der Approbation (staatliche Zulassung) „einige Jahre“ in Geesthacht tätig zu sein. Zudem soll eine Förderrichtlinie für Hausärzte geprüft werden, die sich im Stadtgebiet niederlassen. Weitere Punkte: Einrichtung eines kommunalen Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ), einbinden von Ärzten und allen relevanten Akteuren gesundheitlicher Versorgung bei einem Workshop und die Bewilligung von 20.000 Euro zur Einbeziehung einer externen Beratung.

Einen runden Tisch hat es in der Stadt schon gegeben

Einen runden Tisch mit ansässigen Hausärzten, Apothekern und Vertretern der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) hatte die Verwaltung bereits initiiert. Dabei war unter anderem herausgekommen, dass Geesthacht für junge Ärzte aus verschiedenen Gründen nicht attraktiv ist: Es fehlen Bahn-Anschluss, Arbeitsplatz für den Partner, Kita- und Schulplätze für die Kinder. Ein Arzt aus dem Notdienst der KVSH übernimmt in Wentorf die Praxis von Dr. Diederich, weil er in der Nähe wohnt.

Hausarzt Dr. Jörg Stüber geht mit fast 80 Jahren in den Ruhestand.
Hausarzt Dr. Jörg Stüber geht mit fast 80 Jahren in den Ruhestand. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Zuständig für eine ausreichende ärztliche Versorgung ist die KVSH. Die Versorgungsquote im Planbereich – dazu gehören neben Geesthacht, auch Schwarzenbek, Lauenburg und die Ämter Hohe Elbgeest, Schwarzenbek-Land und Lütau – ist bereits jetzt die schlechteste im nördlichsten Bundesland. Ohne Dr. Stüber und Dr. Klaus fällt die Quote unter 90 Prozent, dann sind besondere Fördermaßnahmen möglich. Allerdings können Ärzte nicht gezwungen werden, sich in Geesthacht niederzulassen.

CDU lädt zum Fachgespräch ins Krügersche Haus

„Unsere Möglichkeiten, Ärzte zu bekommen, sind begrenzt. Da hilft auch keine Unterschriftenaktion wie von der SPD“, sagte Arne Ertelt, Fraktionsvorsitzer der CDU. Seine Partei hat Dr. Svante Gehring von der Ärztegenossenschaft für ein Fachgespräch zu dem Thema gewonnen. Unter dem Titel „Ärztliche Versorgung im Herzogtum“ spricht sie am Freitag, 5. Mai im Krügerschen Haus (17 Uhr). Norbert Brackmann und Sven Minge werden moderieren.

Auch Jens Kalke (Grüne) betont mit dem Antrag im Hauptausschuss, mehr zu machen, als eine Unterschriftenaktion. Die SPD setzt diese ungeachtet bis Monatsende fort. Die Listen liegen in Apotheken, Seniorenheimen und einigen Geschäften. Petra Burmeister (SPD), die mit vielen Bürgern ins Gespräch gekommen ist, berichtet derweil von großem Unverständnis unter den Bürgern. „Viele fragen, wieso die Kassenärztliche Vereinigung nicht viel früher aktiv geworden ist“, sagt Burmeister. Die SPD, die den Hausärztemangel als erstes thematisiert hatte, will diese Frage an die KVSH weitergeben.

Anlaufpraxis im Krankenhaus als Alternative

Betroffene Bürger ohne Hausarzt können sich telefonischen Rat beim ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116 117 holen. Wer sich behandeln lassen muss oder nur ein Rezept benötigt, kann auch in die Anlaufpraxis am Johanniter-Krankenhaus Geesthacht gehen. Sprechzeiten sind aktuell unter der Woche von 19 bis 21 Uhr (Montag, Dienstag, Donnerstag) sowie von 17 bis 21 Uhr am Mittwoch, Freitag und an Wochenende und Feiertagen. Am Wochenende und Feiertag zudem von 10 bis 13 Uhr.

Die Erweiterung der Öffnungszeiten war ein Ergebnis des runden Tisches mit dem Bürgermeister, den Ärzten und der KVSH. Doch so einfach ist die Erweiterung um täglich zwei Stunden für die KVSH formal nicht. „Wir haben die Beanspruchungszahlen der Anlaufpraxis in Geesthacht genau im Auge. Sofern sich eine höhere Belastung zeigt, passen wir die Öffnungszeiten an und weiten diese aus. Bisher ist das allerdings nicht der Fall“, teilte dazu ein Sprecher der KVSH auf Anfrage mit.

Für Petra Burmeister sind das „aber alles nur zweit- und drittbeste Lösungen. Wir fordern von der KVSH, Ärzte nach Geesthacht zu bringen. Wichtig ist, dass unsere Bürger und Bürgerinnen vorrangig versorgt werden, bevor es an der Ostseeküste weiterhin eine 120-prozentige Versorgung gibt.“