Geesthacht. Geesthacht bekommt eine neue Stellplatzsatzung. Was Häuslebauer jetzt wissen müssen – sonst kann es sehr teuer werden

16.072 Wohneinheiten beherbergten Geesthachts 33.820 Einwohner (Stand August). Autos sind in der Stadt noch zahlreicher als Wohnungen: 19.092 zugelassene Pkw rollten durch die Stadt – sofern sie nicht abgestellt waren. Das Abstellen ist in Geesthacht ein noch größeres Problem als das Herumfahren.

Denn während sich so rechnerisch ein Bestand von rund 1,2 Pkw je Wohneinheit und 0,56 Pkw je Bürger in Geesthacht ergibt (und das ohne die an anderen Standorten zugelassenen Kleintransporter und Firmenwagen), fordern die Vorgaben der Bauaufsichtsbehörde nur 1,0 Stellplätze je Wohnung bei Ein- und Zweifamilienhäusern und 0,7 bis 1,0 Stellplätze je Wohnung bei Mehrfamilienhäusern. „So ergibt sich im Wohnungsbau eine Diskrepanz von wenigsten 20 Prozent zwischen Herstellungspflicht und tatsächlichem Stellplatzbedarf“, hat die Stadtverwaltung ausgerechnet.

Bedarfslücke führt zur Belastung des öffentlichen Raumes

Diese „Bedarfslücke“ findet sich dann im öffentlichen Bereich: Viele Autos sind an Straßenrändern geparkt. Eine Entspannung ist nicht in Sicht, im Gegenteil. Die alte landeseinheitliche Regelung für die Bereitstellung von Stellplätzen ist ausgelaufen, die neue Landesbauordnung, seit 1. September gültig, fordert in Zukunft bei Neubauten für Einfamilienhäusern 1,0 Stellplätze je Wohneinheit, bei mehrgeschossigem Wohnungsbau 0,7 Stellplätze je Wohneinheit und sogar nur 0,3 Stellplätze je Wohneinheit, wenn die Anbindung an den ÖPNV günstig ist.

Im Sinn von Politik und Verwaltung ist die Entwicklung nicht. „Durch die Nutzung des öffentlichen Bereiches als Parkfläche wird der Verkehrsfluss stark behindert, die Müllabfuhr und die Verkehrssicherheit beeinträchtigt und das zügige Helfen durch Rettungskräfte erschwert“, urteilt die Stadtverwaltung. „Daher muss das Ziel einer Stellplatzsatzung sein, den tatsächlichen Bedarf an Parkraum auf den privaten Grundstücken darzustellen, um eine Nutzung des öffentlichen Bereichs zu reduzieren“. Abgelehnt wird auch das Anwohnerparken mit Bewohnerparkausweisen. Die Lösung: Eine auf Geesthachter Verhältnisse abgestimmte eigene Satzung, die nun auf dem Ausschuss für Stadt- und Verkehrsplanung präsentiert wurde.

Stellplatzschlüssel richtet sich nun nach Größe einer Wohnung

„Die Stellplatzsatzung trägt weitgehend die Handschrift der Geesthachter CDU“, rühmen sich die Christdemokraten. Auch die Verwaltung berichtet, dass die wichtigsten Forderungen der CDU als zentrale Elemente der neuen Stellplatzsatzung übernommen worden seien. Wichtigestes Merkmal: Entscheidend für die Anwendung eines Stellplatzschlüssels ist nun die Größe der Wohnungseinheiten und nicht mehr der Gebäudetyp. Bei Mehrfamilienhäusern ab drei Wohnungen sind das 1,0 Stellplätze bis zu einer Größe von 75 Quadratmetern, ab 100 Quadratmetern werden zwei Stellplätze fällig. Für Wohnungsgrößen dazwischen 1,5 Stellplätze, ebenso bei Wohnhäusern mit ein bis zwei Wohnungen und Wochenend- und Ferienhäuser.

Die notwendigen Stellplätze oder auch Garagen sind, sofern sie sich nicht auf dem Baugrundstück befinden, in zumutbarer Entfernung herzustellen – als zumutbar gilt bei Wohnungen ein Fußweg von 300 Metern zum abgestellten Auto. Das ist so, als wenn jemand am Richtweg 29 wohnt und dann den gesamten Gerstenblöcken hinunterlaufen muss, um zum Auto an der Post zu kommen. Abstellanlagen für Fahrräder wie zum Beispiel Bügel müssen auf dem Baugrundstück sein.

Dächer von Garagen und Carports sollen begrünt werden

Für je 20 Stellplätze oder Garagen soll ein Stellplatz oder eine Garage für Menschen mit Behinderung entstehen. Das können gegebenenfalls auch mehr Stellplätze sein, wenn mit einem starken Besuch der Anlage von Behinderten zu rechnen ist. Zudem sollen wegen des Umweltschutzes Dächer von Garagen und Carports begrünt werden.

Bis zur vorgelegten Schlussfassung hatte es lange Beratungen und im Spätsommer einen runden Tisch mit den Fraktionen gegeben. Erster Beratungstermin von Stadtverwaltung und Fraktionsvorsitzenden über den ersten Entwurf war bereits am 23. März gewesen. Aber dann legte auf dem Ausschuss quasi in letzter Minute die SPD doch noch einen eigenen Änderungsantrag zu einem Punkt vor. Das kam nicht bei allen gut an.

Den Sozialdemokraten stieß die angestrebte Gleichsetzung von frei finanziertem Wohnungsbau und gefördertem Wohnungsbau bei der Stellplatzverpflichtung sauer auf. Das erschwere den sozialen Wohnungsbau deutlich, so die SPD. Der von den anderen Fraktion favorisierte Stellplatzschlüssel gehe zudem deutlich über die Vorgabe des Landesregierung in der Landesbauordnung hinaus, ein falsches Signal, findet die SPD. Und erläutert beispielhaft anhand der geplanten Bebauung mit unter anderem 52 geförderten Wohnungen auf dem Grabau-Gelände an der Steinstraße das Problem: Ein Schlüssel von 0,5 wie zurzeit ergeben insgesamt 26 Stellplätze. Bei einem Schlüssel gemäß des CDU-Vorschlags müssten insgesamt 63 Stellplätze vorgehalten werden. Und bei Anwendung der Landesbauordnung (0,7) wären es 36 Stellplätze.

Grüne beklagen weiterhin zu viel Platz für das Auto

Das ist der Mittelweg, der von der SPD favorisiert wurde. Bei Mehrfamilienhäuser und sonstigen Gebäude ab drei Wohnungen soll der Schlüssel auf 0,7 Stellplätze je sozial geförderter Wohnungen festgelegt werden. Der Änderungsantrag fand knapp seine Zustimmung mit 5:4-Stimmen, das Gesamtpaket danach ebenso mit 7:2-Stimmen. Hier waren nur die beiden Vertreter der Grünen dagegen. „Wir werden dem Antrag nicht zustimmen, dem Auto wird weiterhin zu viel Platz eingeräumt“, hatte der Ausschussvorsitzende Gerhard Boll zuvor bereits angekündigt. Zustimmen muss abschließend die Ratsversammlung am 9. Dezember, nach fünf Jahren soll evaluiert werden.

In Sachen Anbindung an den ÖPNV ist die Satzung flexibel. So ist eine Reduzierung der Stellplatzzahlen bei einer guten Anbindung an den ÖPNV eigentlich nicht vorgesehen. Sollte die Anbindung den Projektes aber überdurchschnittlich gut sein, kann eine Abweichung beantragt werden. Neben den Personenkraftfahrzeugen gilt die Satzung mit eigenen Stellplatzschlüsseln auch für Fahrräder, Lastenräder, Kinderwagen, Mobilitätshilfen, Rollstühle und motorisierte Krankenfahrstühle bezüglich der Errichtung von Abstellanlagen und Abstellräumen. Wenn bei Änderungen von bereits bestehenden Anlagen die Folge ein Mehrbedarf an Stellplätzen oder Garagen ist, gilt sie auch hier.

Bauherren, die bei einem Objekt auf Schwierigkeiten stoßen, die geforderten Stellplätze zu schaffen, können sich, sofern die dadurch entstehende Situation vertretbar scheint, durch Zahlung eines Geldbetrages freihalten. Hier entscheiden je nach Gebäudeart die Untere Bauaufsichtsbehörde oder der Verkehrs- und Stadtplanungsausschuss. Verstöße gegen die Satzung können als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 Euro geahndet werden.

Stellplatzschlüssel (Pkw/Räder) bei ausgewählten Objektarten:

Gebäude mit Altenwohnungen: 0,25 je Wohnung, jedoch mindestens drei (Räder: 0,5 je Wohnung)

Kinder- und Jugendwohnheime: 1,0 je 15 Betten, jedoch mindestens 2,0 (Räder 0,2 je Bett)

Altenwohnheime, Pflegewohnheime: 1,0 je elf Betten, jedoch mindestens drei / 30 Prozent der Stellplätze für Menschen mit Behinderung (Räder: 0,1 je Bett)

Grundschulen: 1,0 je 20 Schüler (Räder 1,0 je 3 Schüler)

Sonstige allgemeinbildende Schulen: 1,0 je zwanzig Schüler (Räder eins je drei Schüler)

Kindergärten, Kindertagesstätten und dergleichen: 1,0 je 20 Kinder, jedoch mindestens drei (Räder 1,0 je 20-30 Kinder)

Sportplätze ohne Besucherplätze: 1,5 je 250 m² Sportfläche (Räder 1,0 je 250 m²)

Sportplätze/Stadien mit Besucherplätzen: 1,5 je 250 m² Sportfläche, zusätzlich 1,0 je 10 bis 15 Besucherplätze (Räder 1,0 je 15 Zuschauer)

Sporthallen ohne Besucherplätze: 1,5 je 50 m² Hallenfläche (Räder 1,0 je 15 Zuschauer)

Sporthallen mit Besucherplätzen / Fitnesscenter: 1,5 je 50 m² Hallenfläche, zusätzlich 1,0 je zehn bis 15 Besucherplätze (Räder 1,0 je 15 Zuschauer)

Freibäder und Freiluftbäder: 1,0 je 200 bis 300 m² Grundstücksfläche (Räder 1,0 je 100 m² Grundstücksfläche)

Versammlungsstätten von überörtlicher Bedeutung (z.B. Theater, Mehrzweckhallen): 1,0 je fünf Sitzplätze (Räder 1,0 je zehn Sitzplätze)

Sonstige Versammlungsstätten (z.B. Kino, Schulaulen, Vortragssäle): 1,0 je fünf Sitzplätze (Räder 1,0 je zehn Sitzplätze)

Gaststätten von örtlicher Bedeutung: 0,5 je acht bis zwölf Sitzplätze (Räder 1,0 je vier bis acht Sitzplätze)

Kleingartenanlagen: 1,0 je drei Kleingärten (Räder 1,0 je zwei Kleingärten)

Gemeindekirchen: 1,0 je 20 bis 30 Sitzplätze (Räder 1,0 je 20 Sitzplätze)

Friedhöfe: 1,0 je 2000 m² Grundstücksfläche, jedoch mindestens zehn (Räder 1,0 je 500-1000 m²Grundstücksfläche)

Räume mit erheblichem Besucherverkehr (z.B. Schalter-/Beratungsräume, Arztpraxen): 1,0 je 35 m² Nutzflächer (Räder 1 je 40 m² Nutzfläche)

Läden, Geschäftshäuser: 1,0 je 30 m² Verkaufsnutzfläche, jedoch mindestens zwei je Laden (Räder 1,0 je 50 m² Verkaufsfläche)

Geschäftshäuser mit geringem Besucherverkehr: 1,0 je 50 m² Verkaufsfläche (Räder 1,0 je 60 m² Verkaufsfläche)

Großflächige Einzelhandelsbetriebe (ab 800 m² Verkaufsfläche): 1,0 je 20 m² Verkaufsfläche (Räder 1,0 je 50 m² Verkaufsfläche)

Handwerks- und Industriebetriebe: 1,0 je 50 bis 70 m² Nutzfläche oder 1,0 je drei Beschäftigte (Räder 1,0 je 50-70m² Nutzfläche oder je drei Beschäftigte)

Büro- und Verwaltungsräume allgemein: 1,0 je 40 m² Nutzfläche (Räder 1,0 je 60 m² Nutzfläche)