Gülzow. In Gülzow ist es bereits ein Erfolgsmodell: Jetzt soll auch ein Dorf im Norden des Kreises einen Tante Enso-Markt bekommen.

In Gülzow feiert der 24-Stunden-Supermarkt Tante Enso bald seinen zweiten Geburtstag und das Konzept ist ein Erfolgsmodell. Der Markttreff selbst ist bereits 21 Jahre alt und war von Anfang an auch mit einem Nahversorger gekoppelt. Jetzt findet die Kombination aus Markttreff – eine Art Dorfgemeinschaftshaus mit angeschlossener Einkaufsmöglichkeit – Nachahmer. Auch im Norden des Kreises Herzogtum Lauenburg in der Gemeinde Kastorf soll ein Neubau nach dem Gülzower Konzept entstehen. Er umfasst unter anderem ein Ärztehaus und einen Tante-Enso-Supermarkt

Das Dorf im Nordkreis erhält 1,5 Millionen Euro aus Landes- und Bundesmitteln für den Neubau eines Markttreffs. Davon kommen etwa 974.000 Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), ergänzt um Landesmittel, und etwa 525.000 Euro aus der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) des Bundes. Die Gesamtkosten des Projekts in Kastorf werden mit rund 2,3 Mio. Euro beziffert.

Markttreff mit 24-Stunden-Supermarkt ist ein Erfolgsmodell

Insgesamt gehen rund 4,45 Mio. Euro in drei Projekte in Schleswig-Holstein, um die Dorfentwicklung im ländlichen Raum zu stärken. Neben Kastorf soll ein weiterer Markttreff in Süderheistedt (Dithmarschen) sowie ein Seminar- und Workshopgebäude in Neukirchen (Schleswig-Flensburg) entstehen. Der CDU-Landtagsabgeordnete Rasmus Vöge begrüßt die Entscheidung der schleswig-holsteinischen Landesregierung, die Gemeinde Kastorf beim Bau des neuen Markttreffs zu unterstützen.

„Der neue Markttreff in Kastorf soll dazu beitragen, die Nahversorgung und die Lebensqualität in der Gemeinde zu verbessern. Außerdem entsteht neben dem ebenfalls mit EU-Mitteln geförderten Ärztehaus ein sozialer Anlaufpunkt für die Dorfgemeinschaft“, sagt der Landtagsabgeordnete Oliver Brandt (Bündnis 90/Die Grünen). Er hatte sich bereits im März bei einem Besuch persönlich über die Projekte informiert und ist überzeugt, dass die Fördermittel gut investiert sind: „Gerade im ländlichen Raum ist Daseinsvorsorge wichtig, um die Strukturen vor Ort zu stärken. Mit dem Ärztehaus, einem Lebensmittelversorger und Gemeinschaftsräumen wird die Lebensqualität in Kastorf deutlich gesteigert.“ Das sieht auch Rasmus Vöge so. „Dieses Projekt könnte als Modell für weitere Gemeinden im Kreis dienen und zeigt, wie innovative Ansätze den ländlichen Raum in Schleswig-Holstein stärken können“, so der Christdemokrat.

Lebensqualität im ländlichen Raum wächst durch Nahversorger und Ärztehaus

Doch so innovativ, wie Brandt und Vöge behaupten, ist das Konzept nicht. Denn Kastorfs Bürgermeister Otmar Lohmeier beschreitet mit seinem knapp 1200 Einwohner zählenden Dorf den gleichen Weg, den das mehr als doppelt so große Gülzow bereits vor rund 20 Jahren gegangen ist. Dort ist im Jahr 2003 aus einem ehemaligen großen Hofgebäude an der Hauptstraße der neue Lebensmittelpunkt des Dorfes entstanden. In unmittelbarer Nähe zu Kirche, Kindergarten, Seniorenwohnheim und Feuerwehr wurde das 1868 erbaute Bauernhaus komplett entkernt und durch An- und Ausbauten in ein modernes Einkaufs- und Dienstleistungszentrum verwandelt.

Allerdings hat das Konzept eine wechselhafte Geschichte hinter sich und der Laden bekam mehrere Betreiber. Mit viel Hartnäckigkeit, bürgerlichem Engagement und kreativen Ideen hat die Gemeinde Gülzow ihren Markttreff am Leben erhalten und zu einem Erfolgsmodell gemacht. Dabei gab es auch viele Rückschläge. Der Nahversorger scheiterte zunächst mangels Nachfrage, es gab mehrere Anläufe zur Wiederbelebung der örtlichen Einkaufsmöglichkeit, da viele Gülzower lieber bei Discountern in Schwarzenbek oder Geesthacht einkauften. Erst die Eröffnung des 24-Stunden-Supermarkts Tante Enso im Juli 2022 brachte einen durchschlagenden Erfolg. Als Treffpunkt ist der Markttreff aber seit zwei Jahrzehnten etabliert.

Im Markttreff in Gülzow fehlt noch ein Restaurant

Auch ein Arzt hält dort seine Sprechstunden ab, in einem Nebengebäude gibt es eine kleine Bücherei, die ehrenamtlich betrieben wird. Der Markttreff beherbergt aber auch den Heimatverein, es werden dort Sportkurse angeboten und seit kurzem finden auch kulturelle Veranstaltungen statt. Die nächste ist „Alles wat tellt is leven“, ein plattdeutsches Konzert mit Peter Paulsen am Donnerstag, 20. Juni, um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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Gülzows Bürgermeister Wolfgang Schmahl setzt weiterhin auf Fördergelder, um den Markttreff auszubauen. Was fehlt, ist eine Gastronomie. Deshalb will die Gemeinde mit öffentlicher Förderung die Küche ausbauen. Bislang gab es unter anderem Probleme mit der Abluft, aber auch mit der Infrastruktur für ein Restaurant. Aktuell sucht das Dorf nach einem Pächter. „Bevor wir die Küche umbauen, wollen wir die Bedürfnisse des neuen Betreibers berücksichtigen“, so der Bürgermeister. Denn was neben Supermarkt, Café, Arztpraxis und Treffpunkt noch fehlt, ist eine richtige Gastronomie.