Oststeinbek. Oststeinbek hat früheres Vereinshaus renoviert, bringt diese Woche die ersten drei Bewohner unter. Warum der Standort eine Übergangslösung ist.
Michael Schalm und Michael Lüders sind am Dienstagmorgen mit Schrauber und Hammer im Einsatz. Die beiden Hausmeister der Gemeinde Oststeinbek setzen Schränke und Betten in einem Bungalow im Ortsteil Havighorst an der Straße Am Ohlendiek zusammen. Die Immobilie war früher Vereinshaus eines Tennisclubs, der nicht mehr existiert. Die Kommune hat die Anlage inzwischen gekauft, bringt in dem Gebäude jetzt Flüchtlinge unter. In dieser Woche werden die ersten drei Bewohner einquartiert, Platz ist für zehn Personen. Die Renovierung kostet rund 30.000 Euro. „Es ist eine Übergangslösung“, sagt Bürgermeister Jürgen Hettwer.
In der 9000-Einwohner-Gemeinde leben derzeit 174 Menschen aus Kriegs- und Krisenregionen. Mit dem Heim am Feldrand erhöht Oststeinbek den Puffer. „Nach der Prognose bei den Zuweisungen haben wir noch für ein halbes Jahr Kapazitäten, liegen aktuell bei 25 freien Plätzen“, berichtet Hettwer. Anfang des Jahres hatte man ein Haus an der Breslauer Straße für rund 250.000 Euro erworben. Auch darin können zehn Personen unterkommen. „Wir müssen natürlich schon jetzt gucken, was danach passiert. Das Mieten von Objekten ist für uns die erste Wahl“, so der Rathauschef.
Neuer Bauhof auf früherer Tennisanlage ist eine Option
Das Ex-Clubhaus ist für Oststeinbek mit Blick auf Flüchtlinge ein Glücksfall, ihre Unterbringung ein Nebeneffekt. Denn das 7362-Quadratmeter-Areal hat sich die Kommune zugelegt, um eventuell einen neuen Bauhof zu errichten. Der jetzige an der Dorfstraße in der Ortsmitte ist marode, befindet sich hinter der Feuerwehrwache. Auf der gegenüberliegenden Seite hat die Gemeinde ein Grundstück gekauft. Hier könnten beide Einrichtungen hinziehen. Die Retter erhalten dort ihr Gerätehaus, Planungen sind in vollem Gang. Beim Bauhof wird jetzt die Option Am Ohlendiek geprüft.
Demnächst gibt die Verwaltung eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Sie umfasst drei Areale: Ex-Tennisclub und der benachbarte frühere Bolzplatz werden dabei einem Check für den Bauhof unterzogen. Das Gebäude mit dem Mehrzweckraum auf der Anlage des bestehenden Tennisvereins Rot Weiß Havighorst fließt ebenfalls mit ein. Experten machen sich Gedanken, wo ein Dorfgemeinschaftshaus gebaut werden könnte. Auch ist eine Erweiterung für Rot Weiß denkbar. Die Halle der Filzballakrobaten hat nur einen Court. Oder man schafft öffentlich zugängliche Sportflächen für Kinder und Jugendliche. Die Möglichkeiten sind vielfältig.
Sauna im Keller der Immobilie bleibt für Bewohner verschlossen
Entscheiden müssen die Kommunalpolitiker. Die Kostenschätzung eines Architekten für den Bauhof in der Ortsmitte, immerhin satte acht Millionen Euro, sorgte bei manch einem für Schnappatmung. 2020 prognostizierte das Rathaus rund zwei Millionen. In Randlage könnte es günstiger werden. Beim früheren Fußballplatz ist der Umkleidetrakt mit Duschen und Pausenraum intakt, wird bereits von Gemeindemitarbeitern genutzt. Außerdem hat der Bauhof dort Gerätschaften abgestellt. Das Geld sitzt nicht mehr so locker wie in der Vergangenheit. Kostendisziplin ist das neue Mantra der Parteienvertreter.
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Das Grundstück samt dem Vereinshaus hat Oststeinbek weitestgehend auf Vordermann gebracht mit überschaubarem finanziellen Aufwand: mit Ausnahme der vier Tennisplätze. Der Wildwuchs auf dem Parkplatz ist entfernt, Bäume wurden gekürzt. Von der Straße hat man wieder einen freien Blick auf das Haus mit seinen 136 Quadratmetern ebenerdiger Wohnfläche sowie einem Keller. Auf unterer Ebene sind neue Türen eingesetzt. Hier befinden sich auch zwei Duschbereiche. „Im Wasch- und Trockenraum wird noch ein Lüfter installiert, um Schimmelbildung vorzubeugen“, sagt Maik Reiser, Sachgebietsleiter Hochbau, Bewirtschaftung und Unterhaltung. Sauna und Technikraum sind für die Bewohner nicht zugänglich und werden verriegelt.
Oststeinbek verzichtet derzeit auf Bau von größeren Heimen
Alle Wände im Gebäude sind frisch gestrichen, Sicherungskästen und Zähler erneuert sowie zusätzliche Elektroleitungen verlegt. Das Dach wurde komplett mit einer Teerpappeschicht abgedichtet. In der Küche sind Teile des Inventars aus alten Zeiten wie zum Beispiel die Spüle geblieben. Zwei Herde wurden aus anderen Unterkünften hierher gebracht. Es gibt drei Zimmer für jeweils drei Personen sowie einen Raum mit Einzelbelegung. In diesem lagern Teller, Becher, Bettbezüge, Klobürsten sowie andere Utensilien für den täglichen Bedarf, nebenan Matratzen und Vorhänge. Es ist sauber und zweckdienlich eingerichtet. Die braunen Bodenfliesen und Holzpaneelen an den Wänden in identischer Farbe verleihen dem Ganzen allerdings einen 70er-Jahre-Charme.
Jetzt sind nur noch Kleinigkeiten zu erledigen. Dazu gehört etwa die Begradigung von Steinen auf der Terrasse. Reiser sagt, es habe kritische Nachfragen aus der Bevölkerung gegeben wegen der Standortwahl, jedoch keinen Ärger mit den Bürgern. Der Gemeinde gelingt es derzeit, auf den Bau von größeren Flüchtlingsheimen zu verzichten. Die Unterbringung verläuft geräuschlos.
So hätte es auch Nachbar Glinde gern. Die Realität sieht anders aus. Wie berichtet, gibt es massiven Protest gegen das geplante Projekt im Gewerbegebiet an der Straße Am Alten Lokschuppen. Dort soll eine Unterkunft für 50 bis 80 Flüchtlinge errichtet werden. Eine von Anwohnern initiierte Petition haben 736 Menschen unterschrieben, 574 davon sind Glinder. Die Gruppe ist entschlossen, vor Gericht zu ziehen. „Wir holen uns rechtlichen Beistand und klagen, wenn der ein Verfahren für Erfolg versprechend hält“, sagte eine Widerständlern jüngst dieser Redaktion. In Barsbüttel wehren sich Bürger gegen die Aufstockung einer Unterkunft im Ortsteil Willinghusen. Der Containerstandort soll doppelte Kapazität bekommen und auf 60 Plätze wachsen, wenn die Suche nach Wohnungen erfolglos bleibt.