Geesthacht. Investoren planen Wilhelm-Holert-Wohnpark nahe der Elbe in Geesthacht. Gutachter spürt seltenes Tier auf. Und es gibt noch ein Problem.

Seit Langem brach liegt das Grundstück des ehemaligen Kalksandsteinwerks an der Steinstraße in Geesthacht gegenüber der Hafencity. Das soll sich ändern. Wilhelm Holert Wohnpark wurde ein Bauprojekt zu Ehren des 1961 verstorbenen Unternehmers getauft. Der Gründer der Hartsteinwerke Geesthacht-Hamburg ist Geesthachts einziger Ehrenbürger.

Geplant sind sechs Solitärhäuser mit je 22 Wohneinheiten im hinteren Bereich des Areals mit Außenmaßen von 23 mal 17 Metern. Vorn parallel zur Steinstraße entstehen zwei größere, langgestreckte Gebäude mit 84 Wohneinheiten im Betreuten Wohnen nebst Gemeinschaftsräumen und dem Büro des Serviceanbieters, ergo insgesamt 216 Wohnungen.

Hafencity Geesthacht: 216 neue Wohnungen geplant – aber ein Reptil macht Stress

Es ist mitten in der Stadt ein friedlicher Flecken. Aber mit Stolpersteinen für den Bauherrn, wie sich nun zeigte. Kathrin Jaetzel vom Planungsbüro Claussen-Seggelke trug im Geesthachter Stadtplanungsausschuss den neusten Sachstand zum Projekt vor.

So ergab ein Gutachten für den Artenschutz: Dort wohnt schon jemand. Er ist scheu, bei Wärme sehr flink und läuft auf vier Beinen. Und zudem noch ziemlich selten mittlerweile. Gemeint ist die Zauneidechse, deren Vorkommen im nordöstlichen Randgebiet nachgewiesen wurde. Das Reptil steht auf der Vorwarnliste der Roten Liste für gefährdete Arten.

Hafencity Geesthacht: Magerrasen wächst auf großer Fläche – und muss eins zu eines ersetzt werden

Zweite neue Erkenntnis: Auch die Pflanzenwelt auf dem Areal steuert eine Rarität bei: Auf 13.300 Quadratmetern wächst Magerrasen. Und der muss eins zu eins mit einer Ausgleichsmaßnahme ersetzt werden. Wo die herkommt, ist offen. Die Stadtverwaltung jedenfalls winkt ab. „Da ist der Vorhabenträger in der Pflicht. Die eigenen Ausgleichsflächen dienen vorrangig städtischen Projekten“, sagt Hildegard Adamofski vom Fachdienst Stadtplanung.

Auf der ehemaligen Kiesgrube an der Steinstraße soll der Wilhelm Holert Wohnpark gebaut werden. Ein Artenschutz-Gutachter entdeckte nun Raritäten wie Magerrasen und Zauneidechse.
Auf der ehemaligen Kiesgrube an der Steinstraße soll der Wilhelm Holert Wohnpark gebaut werden. Ein Artenschutz-Gutachter entdeckte nun Raritäten wie Magerrasen und Zauneidechse. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

„Das ist kein Stolperstein, das hörte sich im Ausschuss dramatischer an, als es ist“, meint Knut Boockhoff, Gesellschafter der für die Realisierung des Bauprojekts gegründeten ElbCity Projekte GmbH & Co KG. Weitere Gesellschafter sind die Familie Nowakowitsch und die Firma Groth Bau. Es sind dieselben Player, die schon auf der gegenüberliegenden Seite des geplanten Wilhelm-Holtert-Parks das erste, namengebende Hafencity-Quartier errichtet hatten.

Steinaufschüttungen in der Nachbarschaft soll den Eidechsen gefallen

Für diese Fälle gäbe es in Schleswig-Holstein die Ausgleichsagentur, erklärt Knut Boockhoff gegenüber unserer Redaktion. Dort würden Flächen vorgehalten. „Wir haben schon Kontakt aufgenommen“, sagt er. Und für die Eidechsen sollen die Ausgleichsflächen im Planungsgebiet entstehen. Im Nordosten, wo auch die Vorkommen entdeckt wurden.

Vorgesehen ist eine neue Heimat auf 1200 Quadratmeter Fläche, die in zwei Bauphasen entstehen soll. Mittels Steinschüttungen und Totholz sollen sich die Tiere mindestens so wohlfühlen wie vorher. Zudem gibt es im Nordwesten noch einen Knick. Auch der ist geschützt und muss ersetzt werden.

Größtes Problem: Die unklare Fördersituation für sozialen Wohnungsbau

Ein weitaus größeres Problem als die Ausgleichsmaßnahmen stellt sich für Knut Boockhoff die unklare Fördersituation für sozialen Wohnungsbau dar. Denn wie in Geesthacht festgelegt, muss der Anteil geförderter Wohnungen auch im Wilhelm-Holert-Park eine Quote von 25 Prozent erfüllen.

Luftansicht des Wilhelm Holert Wohnparks: So würde sich die Bebauung auf dem Gelände verteilen.
Luftansicht des Wilhelm Holert Wohnparks: So würde sich die Bebauung auf dem Gelände verteilen. © HA-Grafik, Frank Hasse | HA-Grafik, Frank Hasse

„Von den 84 Wohneinheiten im Betreuten Wohnen würden wir gern 54 in den ersten Förderweg geben und gegebenenfalls zwei Solitärhäuser in den dritten Förderweg“, erklärt Knut Boockhoff das Vorhaben. Das Problem: Die alten Fördermittel waren am 31. Januar ausgeschöpft, ab 1. September beginnen neue Förderungen.

Bei guten Rahmenbedingungen könnte erster Spatenstich in einem Jahr sein

Nur: Wie die Bedingungen von der Politik dann ausgestaltet sein werden, ist für die Bauwirtschaft zurzeit höchst unklar. „Keiner weiß, was passiert da“, sagt Knut Boockhoff. „Das ist die Crux. Wir sollen 25 Prozent geförderte Wohnungen erzeugen und wissen nicht, wo die Mittel herkommen.“

Wie schnell die Zeit bis zum ersten Spatenstich vergehe, hänge somit auch davon ab, was bei der Landesregierung in Kiel passiere. „Wir machen jetzt den B-Plan fertig, damit er relativ zügig in die Auslegung gehen kann“, sagt Knut Boockhoff. Sollte die Politik dann im September für günstige Rahmenbedingungen sorgen, könnte der erste Spatenstich in etwa einem Jahr erfolgen.

Parkplatzstellplätze verschwinden unter die Erde

Ein erster Projektentwurf für den Wilhelm Holert Wohnpark war am 30. August 2022 im Stadtplanungsausschuss vorgestellt worden, ein zweiter im Dezember 2022. Die neue Vorstellung wies einige Änderungen auf. Sie waren nötig geworden, weil Abstände eingehalten werden mussten, aber auch, weil auf die Kritik aus der ersten Runde im Ausschuss reagiert worden war.

Ein Punkt betraf die Parkplätze. 195 Stellflächen für Autos und 306 für Fahrräder müssen es gemäß dem Stellplatzschlüssel insgesamt sein. Damals war eine Doppelreihe von Parkplätzen an der Steinstraße vorgesehen gewesen. Das empfanden viele als zu massiv.

Wegen der Hochspannungsleitung wurden Häuser gedreht

Oberirdisch wird diese Reihe nun einzeilig, versteckt zudem hinter der 80 Zentimeter hohen Flutschutzmauer. Weitere Stellplätze gibt es in einer Tiefgarage, im Nordwesten entstehen Carports mit begrünten Dächern. „Der Bedarf wird übererfüllt“, sagte Kathrin Jaetzel. Denn auch für Besucher und Mitarbeiter des Betreuten Wohnens entstünden Stellplätze.

Schöner parken: Den großen, unbefestigten Parkplatz südöstlich angrenzend an den Wilhelm-Holert-Park will die Stadt ausbauen. Hier sei hoher Parkdruck festgestellt worden, hieß es.
Schöner parken: Den großen, unbefestigten Parkplatz südöstlich angrenzend an den Wilhelm-Holert-Park will die Stadt ausbauen. Hier sei hoher Parkdruck festgestellt worden, hieß es. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Planänderungen machten auch die einzuhaltenden Abstände von den Leitungen der Hochspannungstrasse im Osten notwendig. Lösung: Die Gebäude werden kurzerhand aus der Abstandssperrzone herausgedreht. „Das hat dem Entwurf sogar gutgetan“, findet Kathrin Jaetzel rückblickend.

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Auch die Stadt will baulich am Rande des Areals tätig werden. Im Südosten sollen Parkplätze entstehen auf der Fläche, auf der bereits jetzt geparkt werden kann. Nur ist sie bisher unbefestigt.