Lauenburg. Aus Kostengründen wollte der Investor zunächst keinen geförderten Wohnungsbau. Dann schwenkte er um – und wird jetzt ausgebremst.
2000 neue Sozialwohnungen für Schleswig-Holstein und damit doppelt so viele wie in den Jahren zuvor – das ist die gute Nachricht des vergangenen Jahres. In diesem Jahr sieht es ähnlich aus: Es werden etwa 1900 geförderte Wohnungen in Schleswig-Holstein geschaffen. Möglich macht das eine zusätzliche Förderung durch das Land in Höhe von 100 Millionen Euro.
Doch so wie es aussieht, wird Lauenburg von dieser Entwicklung nicht profitieren. Im Gegenteil: 50 geplante, öffentlich geförderte Wohnungen an der Berliner Straße werden nun nicht gebaut. Die Erfolgsmeldung des Landes hat nämlich einen Haken: Weil die Nachfrage der Investoren so hoch war, ist für dieses Jahr der Fördertopf bereits leer. Ganz nach dem Motto: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.
Lauenburg: Sozialwohnungen an Berliner Straße werden nicht gebaut
Wobei: Bestraft werden in erster Linie die Lauenburger, die seit Jahren eine Wohnung zum erschwinglichen Mietpreis suchen. Die Anfragen in den sozialen Netzwerken sind voll davon. Geplante Bauprojekte gibt es hingegen genug. Schon seit 2019 verfolgt die np Projektentwicklung GmbH aus Mölln den Plan, auf einem zwei Hektar großen ehemaligen Kleingartengelände an der Berliner Straße eine Anlage mit 149 Wohnungen zu errichten.
Mit knapper Mehrheit hatte die Stadtvertretung dem Verkauf des zwei Hektar großen Geländes an der Berliner Straße an das Möllner Unternehmen zugestimmt, nachdem ein anderweitiger Verkauf zuvor mehrfach gescheitert war. Im Oktober 2020 war eine weitere Hürde genommen: Der Bau- und Planungsausschuss stimmte einstimmig für den Bebauungsplan, die Stadtvertretung gab wenig später auch grünes Licht.
Zuvor hatte es lange Diskussionen darüber gegeben, ob auf dem Gelände auch öffentlich geförderte Wohnungen entstehen sollen: Unwirtschaftlich aufgrund der baulichen Gegebenheiten auf dem Gelände, meinten die Investoren.
Förderprogramm energieeffizientes Bauen ausgelaufen
Doch dann ging viel Zeit ins Land. Vor zwei Jahren nahm die SPD-Fraktion in der Stadtverwaltung den Faden wieder auf. Inzwischen galt in Lauenburg nämlich eine Quotenregelung: Bei mehr als acht Wohnungen müssen 25 Prozent als Sozialer Wohnungsbau errichtet werden. Das Bauvorhaben an der Berliner Straße war davon ausgenommen, weil es zum Zeitpunkt des Beschlusses schon zu weit vorangetrieben war. Doch weil sich zwei Jahre nichts getan hatte, wollten die Sozialdemokraten von der Ausnahme abrücken. Mit ihrer Forderung, die Quote auch für dieses Bauvorhaben anzuwenden, konnten sie sich allerdings nicht durchsetzen.
Doch die Realität schuf andere Fakten. Das Möllner Unternehmen hatte für sein Vorhaben auf die Förderkulisse der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KFW) gesetzt. Doch das Programm für den Bau energieeffizienter Gebäude lief aus. „Diese Nachricht traf uns völlig unvorbereitet von einem Tag auf den anderen“, sagt Geschäftsführer Marcus Pape. Dazu kam, dass die Baukosten sich mittlerweile in schwindelerregende Höhe entwickelt hatten. Die Kalkulation für das frei finanziert geplante Projekt ging damit nicht mehr auf.
Neuer Plan: 50 Sozialwohnungen innerhalb des Projektes
Was für den Investor eine schlechte Nachricht war, hätte für Lauenburg ein Glücksfall werden können, denn plötzlich war die Idee vom Sozialen Wohnungsbau für das Unternehmen doch nicht mehr so uninteressant. Das Land Schleswig-Holstein hatte sich nämlich auf die Fahne geschrieben, die Förderung aufstocken zu wollen.
„Wir sehen ja auch den Bedarf an preisgünstigem Wohnraum. Mit diesem Programm wäre der Bau auch wirtschaftlich geworden. Also haben wir uns entschlossen, 50 von 149 Wohnungen mit öffentlicher Förderung zu errichten“, sagt Pape.
Bei der Stadt rannte der Investor mit dem neuen Plan offene Türen ein. „Das war eine gute Nachricht. Lauenburg braucht dringend bezahlbaren Wohnraum“, sagt Bauamtsleiter Christian Asboe. Jetzt mussten die Architekten noch mal ran. „Die Bedingungen der öffentlichen Förderung schreiben bestimmte Wohnungsgrößen vor. Von außen sollten sich Gebäude mit den Sozialwohnungen nicht von den anderen unterscheiden, aber innen mussten wir völlig umplanen“, sagt Pape.
Land setzt Förderung für Sozialen Wohnungsbau aus
Zunächst sah es ganz so aus, als würde der neue Plan aufgehen. Bevor die Investitionsbank Schleswig-Holstein die Förderung von Bauprojekten genehmigt, führt die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE) Erstgespräche mit den Investoren, um die Förderfähigkeit des Projektes abzuklopfen. „Wir haben im Frühherbst vergangenen Jahres um einen Termin gebeten und den schließlich für den 13. Februar dieses Jahres erhalten“, so der Investor.
Doch es kam anders. Seit dem 17. Januar nimmt die Investitionsbank Schleswig-Holstein (IBSH) keine neuen Förderanträge an. Die Gespräche mit der ARGE sind deshalb vorerst ausgesetzt. „Wir haben eine lapidare E-Mail mit der Mitteilung erhalten, dass der Termin entfällt und wir uns im September um einen neuen bemühen können. Ich war sprachlos“, sagt Pape. Was ihn daran besonders ärgert: „Das ist ein neues Beispiel für die Spirale der Unzuverlässigkeiten, denen Investoren heutzutage ausgesetzt sind.“
Alternative: Eigentumswohnungen und frei finanzierte Mietwohnungen
Am Lauenburger Projekt wolle er dennoch festhalten, allerdings sei das Thema Sozialwohnungen abgehakt. „Wir können nicht bis September warten, dass man uns irgendwann einen Gesprächstermin einräumt. Jeder Tag, den wir nicht anfangen zu bauen, kostet bares Geld. Für die Umplanung nach den Richtlinien des Sozialen Wohnungsbaus haben wir gerade viel Geld in den Sand gesetzt“, sagt er.
Pape hat nochmal mit spitzem Bleistift kalkuliert. „Derzeit sinken die Baukosten wieder. Das ist eine günstige Entwicklung“, sagt er. Etwa ein Drittel des Bestandes sollen Eigentumswohnungen werden, die anderen frei finanzierte Mietwohnungen. Das Wohnbauprojekt in Lauenburg liege ihm trotz aller Hindernisse besonders am Herzen. „Es ist so ziemlich das größte, das wir bisher in Angriff genommen haben“, sagt der Unternehmer. Seit über 20 Jahren entwickelt Marcus Pape mit verschiedenen Partnern kleinere und größere Wohnbauprojekte in der Region.
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Stadt schließt Erschließungsvertrag mit Investor ab
Ob die Wohnungen im höheren Preissegment unter den heutigen Bedingungen gefragt sind, wird sich zeigen. Vor drei Jahren war das Interesse zumindest groß. Bei der digitalen Projektvorstellung im März 2021 hatten sich zeitweise 150 Interessierte zugeschaltet und zahlreiche Fragen gestellt. Eine planerische Herausforderung ist das Vorhaben allemal. Insgesamt müssen acht Meter Höhenunterschied auf dem Gelände überwunden werden.
Pape geht davon aus, dass die Bagger nun bald anrücken werden. Unter dem von der Politik gewünschten Erschließungsvertrag sei die Tinte mittlerweile trocken. Aus seiner Sicht sind „drei Jahre umsonst ins Land gegangen, in denen ich es nicht selbst in der Hand hatte, das Projekt umzusetzen.“