Lauenburg. Wer mit dem Raddampfer unterwegs ist, setzt auf Langsamkeit. Damit sich das Gefühl einstellt, schiebt die Crew aber keine ruhige Kugel.

Ehe der Raddampfer „Kaiser Wilhelm“ auf Fahrt geht, muss er ordentlich angeheizt werden. Dank moderner Technik zwar nicht mehr so lange wie früher, aber immerhin doch ein paar Stunden. Wesentlich mehr Vorbereitungszeit braucht es, in eine neue Saison zu starten. Es geht ja nicht nur darum, einen neuen Fahrplan auf die Beine zu stellen. Schönheitsreparaturen stehen an, die Bordküche plant die Verpflegung. Kohle muss geordert und Dienstpläne geschrieben werden. Und das alles mit einer ehrenamtlichen Crew.

Das ist eine große Herausforderung für die Mannschaft um Kapitän Markus Reich. Schließlich gelten für den Fahrbetrieb des historischen Raddampfers dieselben strengen Vorschriften wie für die Fahrgastschifffahrt überhaupt. Keine Frage, es gibt Hobbys, die weniger herausfordernd sind. Fragt man allerdings langjährige Besatzungsmitglieder, was sie an der Arbeit auf dem „Kaiser“ reizt, hört man fast immer: Es sei gerade die Vielfalt der Aufgaben. Jeder finde nach Interesse oder Vorbildung seinen Platz an Bord. Und vor allem: Jeder sei gleich wichtig, damit die Abläufe reibungslos funktionieren.

„Kaiser Wilhelm“ mit Besucherrekord 2023: 5600 Passagiere an Bord

Die Fahrten mit dem im Jahre 1900 gebauten Schiff werden immer beliebter. Rund 5600 Fahrgäste gingen in der vergangenen Saison an Bord, das sind etwa 1000 mehr als in den Jahren zuvor. Auch für dieses Jahr gibt es schon die Möglichkeit, sich Tickets zu sichern. Die offizielle Fahrgastsaison des Raddampfers startet traditionell zu Pfingsten. Am Sonnabend, 18. Mai, legt der „Kaiser“ um 9 Uhr vom Anleger an der Elbuferpromenade zu einer Tagesfahrt nach Hitzacker mit Zwischenaufenthalt in Bleckede ab. Am Pfingstmontag (20. Mai) beginnt um 11 Uhr eine Fahrt nach Bleckede und zurück.

Besonders mit Kindern bieten sich manchmal eher Fahrten an, die nicht ganz so lange dauern. Wer den Charme des alten Schiffes trotzdem genießen möchte, sollte sich Sonntag, 26. Mai, dick im Kalender anstreichen. Aus Anlass der traditionellen Lauenburger Fischmeile legt der Dampfer zu drei eineinhalbstündigen Rundfahrten ab, die um 11 Uhr, 13 Uhr und 15 Uhr starten.

Auf dem Raddampfer die Langsamkeit wieder lernen

Ab Juni geht es dann richtig los. Insgesamt stehen in diesem Monat sieben Fahrten im Fahrplan. Besonders beliebt ist die sogenannte Kombifahrt. Wie anno dazumal geht es mit Ausflugsdampfer und Bummelzug in die Sommerfrische. Die Nostalgietour führt zunächst mit dem „Kaiser“ nach Bleckede und von dort weiter mit dem von einem historischen „Heideexpress“ weiter, der ebenfalls von einem ehrenamtlichen Verein betrieben wird. Bei dieser Tour ist Langsamkeit Programm.

Besonders beliebt sind die Fahrten, die neben Schiffsromantik noch andere Erlebnisse versprechen. Für Sonnabend, 15. Juni, ist ein Riverboat Shuffle geplant. Zu Gast an Bord ist die Jazzband „River Stompers“. Für Sonnabend, 10. August, sind die Gäste an Bord zu einem Rum und Whiskey Tasting an Bord eingeladen. Den kompletten Fahrplan der kommenden Saison sowie die Möglichkeit Tickets zu buchen, gibt es auf der Seite www.raddampfer-kaiser-wilhelm.de. Auch wer sich über die Geschichte des Raddampfers informieren möchte, wird hier fündig.

Seit 2013 ist Markus Reich Kapitän an Bord des „Kaiser Wilhelm“.
Seit 2013 ist Markus Reich Kapitän an Bord des „Kaiser Wilhelm“. © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

Ehrenamtliche Crew sucht Verstärkung

Wer zur ehrenamtlichen Mannschaft des „Kaiser Wilhelm“ gehört, pflegt ein besonderes Hobby. Das Schiff gehört weltweit zu den vier letzten kohlebefeuerten Raddampfern und steht seit 1993 auf der Denkmalschutzliste des Landes. Kapitän Markus Reich wäre beruflich eigentlich voll ausgelastet. Insgesamt zehn Tankschiffe fahren unter der Regie des letzten Lauenburger Reeders. Seit 2013 steht er nun schon am Steuer des „Kaisers“. Zu dieser Zeit war nicht das Schiff, sondern die damalige Mannschaft in schweres Fahrwasser geraten.

Der Streit der Crew hätte fast zum Aus für Lauenburgs schwimmendes Wahrzeichen geführt. Als der Förderverein Markus Reich bat, das Kommando zu übernehmen, sagte er zu. Wenn der „Kaiser“ mit Fahrgästen ablegt, kommt es aber nicht nur auf den Kapitän an. Die Vorschriften besagen: Neben dem Schiffsführer müssen mindestens ein Maschinist, ein Heizer und zwei Matrosen an Bord sein.

Nicht mitgerechnet, alle diejenigen, die dafür sorgen, dass die Kasse stimmt oder den Passagieren das in der Kombüse zubereitete Essen schmeckt. Auch wenn die bevorstehende Saison personell abgesichert ist, mittelfristig plagen den Kapitän deshalb schon Nachwuchssorgen. „Früher haben wir auf Binnenschiffer im Ruhestand gesetzt, aber davon gibt es immer weniger“, sagt er. So seien nach seinen Informationen 1976 rund 11.000 Menschen in dieser Branche beschäftigt gewesen, derzeit seien es deutschlandweit gerade mal noch 4000 Beschäftigte in der Binnenschifffahrt.

Zur Crew, die das Schiff 1970 von der Weser nach Lauenburg holte, gehörten Hugo Burmester, Matthias Burmester, Heinz Trost, Werner Hinsch und Gerhard Groth (v.l.)
Zur Crew, die das Schiff 1970 von der Weser nach Lauenburg holte, gehörten Hugo Burmester, Matthias Burmester, Heinz Trost, Werner Hinsch und Gerhard Groth (v.l.) © BGZ / Elke Richel | Elke Richel

Vorschriften wie in der Berufsschifffahrt

„Wir können immer Verstärkung in allen Bereichen gebrauchen“, sagt der Kapitän. Wer einen metallverarbeitenden Beruf erlernt habe und zur Crew gehören möchte, renne bei ihm offene Türen ein. Der kürzlich verstorbene ehemalige Maschinenbaumeister Gerald Seidel war so jemand. „Er konnte mit Engelsgeduld viele technische Probleme an Bord lösen. Sein Tod reißt eine Lücke, die nicht so leicht zu schließen ist“, bedauert der Kapitän.

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Besonders gefragt seien aber auch Leute, die bereits über ein Schifferdienstbuch verfügen. Für Mitglieder der Decksmannschaft ist das vorgeschrieben, so wie bei allen anderen Fahrgastschiffen auch. In diesem Dokument werden die entsprechenden Qualifikationen für Mitglieder der Decksmannschaft eingetragen. Wer über dieses Dienstbuch nicht verfügt, sollte sich aber nicht davon abhalten lassen, beim Kapitän sein Interesse an einer Mitarbeit anzumelden. „Bei der Erlangung des entsprechenden Befähigungsnachweises sind wir gern behilflich“, verspricht Markus Reich.

2025 geht‘s mit dem „Kaiser“ nach Prag

Während die diesjährige Saison noch nicht mal begonnen hat, steckt die Crew schon mitten in den Vorbereitungen für die nächste. Der große Höhepunkt im nächsten Jahr wird die Fahrt des Raddampfers nach Prag sein. Eine solche Tour muss von langer Hand vorbereitet werden. Schließlich wird es die erste Auslandsreise in der langen Geschichte des Raddampfers sein. Der genaue Zeitplan steht zwar noch nicht, aber aufregend wird diese Fahrt bestimmt. Nach Weser und Elbe hat der „Kaiser“ dann zum ersten Mal das Wasser der Moldau unter dem Kiel.