Lauenburg. Rund 48 Stunden musste der alte Raddampfer früher angeheizt werden. Das ist dank neuer Technik jetzt nicht mehr nötig.

Wenn die alte Dampfpfeife dröhnt , dann weiß in Lauenburg jeder: „Kaiser Wilhelm“ ist wieder unterwegs. Die Anwohner der Elbstraße in Lauenburg wussten bis vor Kurzem schon zwei Tage vorher, dass eine Fahrt des Raddampfers anstand, auch ohne in den Fahrplan zu schauen. Schließlich benötigte das im Jahre 1900 erbaute Schiff etwa 48 Stunden, um genügend Dampf auf dem Kessel zu haben. „So sehr die meisten Altstadtbewohner ihren ,Kaiser’ mögen, die lange Vorheizzeit stellte diese Liebe oft auf eine harte Probe“, weiß Kapitän Markus Reich.

Um es deutlich zu sagen: Es müffelt ordentlich, bevor der „Kaiser“ auf Touren kommt. Und Wäsche hängt man in dieser Zeit besser auch nicht draußen auf. Jetzt hilft dem Schiffsveteran ein bisschen moderne Technik auf die Sprünge. Insgesamt 33.000 Euro investierte der Förderverein in eine elektronische Vorlaufheizung.

Lauenburg: Bestandsschutz für die Dampftechnik des historischen Schiffes

„Man muss sich das so vorstellen: Man heizt mit einem Tauchsieder das Wasser vor, damit es nicht so lange dauert, bis man die Nudeln in den Topf geben kann“, erklärt der Kapitän. Das bedeutet: Legt der „Kaiser“ um 11 Uhr zu einer Fahrt ab, reicht es, am frühen Morgen anzuheizen.

Das neue Bauteil im Heizungsraum des Schiffes ist klein, versteckt und leider überhaupt nicht fotogen. Kaum zu glauben, dass das unscheinbare Rohr das Wasser in relativ kurzer Zeit auf 90 Grad vorheizen kann. Eine Umwälzpumpe befördert das heiße Wasser dann in den Kessel, wo es endgültig auf Betriebstemperatur gebracht wird.

Ein unscheinbares Rohr heizt das Wasser auf 90 Grad auf

Als der Raddampfer „Kaiser Wilhelm“ vor 121 Jahren auf der Schiffswerft der Dresdener Maschinenbau und Schiffswerft AG vom Stapel lief, waren Dampfmaschinen der gängige Schiffsantrieb. Aus heutiger ökologischer Sicht kaum noch vorstellbar.

Dass der „Kaiser“ eines Tages aus diesem Grund stillgelegt werden könnte, fürchtet Kapitän Markus Reich trotzdem nicht. „Es gibt ja kaum noch Dampftechnik in Betrieb. Der „Kaiser“ gehört weltweit zu den vier letzten kohlebefeuerten Raddampfern und steht unter Bestandsschutz“, sagt er.

Spagat zwischen Tradition und den Anliegen der Anwohner

Ein Gutachten des Landesamtes für Denkmalpflege aus dem Jahre 2014 bescheinigt dem Schiff „eine hohe Originalität“. Es sei darauf geachtet worden, den Charakter des Schiffes nicht zu verändern und dem Fahrgast Reisen wie vor 100 Jahren zu vermitteln. „Somit ist es folgerichtig, dass die ,Kaiser Wilhelm’ 1993 in die Denkmalliste des Landes Schleswig-Holstein eingetragen wurde“, heißt es im Gutachten der Denkmalpfleger.

Kapitän Markus Reich weiß, dass die Akzeptanz des schwimmenden Wahrzeichens von Lauenburg auch davon abhängt, wie die Crew auf die berechtigten Interessen der Anwohner reagiert. „Sich nur auf den Bestandsschutz zu berufen, wäre zu einfach. Ich verstehe, wenn jemand sauer ist, wenn er in einer warmen Sommernacht das Fenster nicht öffnen kann, weil der ,Kaiser’ angeheizt wird“, sagt er.

Dies sei der Grund gewesen, die geplante Investition für die Vorlaufheizung nicht zu streichen, obwohl der Dampfer coronabedingt fast die Hälfte weniger „Kohle“ einfährt.

  • Die letzten Fahrten der Saison 2021

Sonnabend, 25. September: Schlemmerfahrt nach Bleckede und zurück. Abfahrt in Lauenburg 11 Uhr, Rückkehr um 16.30 Uhr. In Bleckede sind zwei Stunden Aufenthalt vorgesehen. Auf dieser Fahrt zeigt die Crew aus der Kombüse ihr Können und präsentiert an Bord ein großes Büffet. Die Teilnahme kostet für Erwachsene 39 Euro, Kinder zahlen 31 Euro. Es ist auch möglich, die fahrt ohne Essen zu buchen.

Sonntag, 26. September: Rundfahrten anlässlich des „Tages der Industriekultur“. Abfahrten um 11 Uhr und um 14 Uhr. Die eineinhalbstündige Fahrt kostet für Erwachsene 10 Euro, Kinder zahlen lediglich 5 Euro. Die Fahrten starten am Anleger an der Elbuferpromenade. Eine Anmeldung ist erforderlich, entweder telefonisch unter 0170/1 90 05 20 (wochentags zwischen 9 und 15 Uhr) oder per E-Mail an tickets@raddampfer-kaiser-wilhelm.de.