Lauenburg. Ob Forschungsschiff oder federgelagertes Arbeitsschiff: Neubauten aus Lauenburg erregen Aufsehen. Nun folgt die nächste Innovation.

Dass die Lauenburger Hitzler-Werft mittlerweile ein Zugpferd der Branche ist, dürfte unbestritten sein. Zwei Neubauten liegen derzeit in der Halle der Südwerft: zum einen die „Coriolis“. Das neue Forschungsschiff des Geesthachter Helmholtz-Zentrums Hereon hat schon seit August vergangenen Jahres Wasser unter dem Kiel. Das Schiff gilt als Meilenstein in der Schifffahrt. Zum anderen im Bau beim Lauenburger Traditionsunternehmen: der Prototyp des sogenannten Wallaby Boats. Das erste federgelagerte Arbeitsschiff der Welt ist unter anderem dafür gedacht, Lotsen oder Arbeiter auf Bohrinseln und Offshore-Windkraftanlagen bei schwerer See eine ruhige Überfahrt zu ihrem Arbeitsplatz zu ermöglichen.

Jetzt konnten die beiden Geschäftsführer Marek und Kai Klimenko ihre Unterschrift unter einen weiteren Großauftrag setzen: Die neue Bunkerstation für der Hoyer Marine GmbH wird in Lauenburg gebaut. Unter dem Namen „Johannisbollwerk“ beginnen noch im Februar die Arbeiten für die 30 Meter lange und acht Meter breite Plattform. Läuft alles wie geplant, wird die Bunkerstation noch in diesem Jahr ihren Platz im Hamburger Hafen, genau gegenüber der Cap San Diego, einnehmen. „Es freut uns sehr, mit so guten Nachrichten ins neue Jahr starten zu können“, sagt Kai Klimenko.

Lauenburg: Hitzler-Werft zieht nächsten Großauftrag an Land

Ausgesprochene Landratten werden mit dem Begriff Bunkerstation wahrscheinlich nicht viel anfangen können. Der Name rührt aus langer Schifffahrtstradition her. Früher wurden Dampfschiffe mit Kohlen aus dem sogenannten Bunker befeuert. Und so spricht man auch heute noch vom Bunkern, wenn Schiffe aufgetankt werden. Auftraggeberin für das in der Lauenburger Werft entstehende Neubauprojekt ist die Hoyer Marine GmbH aus Hamburg, die weltweit Bunkerstationen sowie eine eigene Flotte von Bunkerschiffen betreibt.

Eine Visualisierung der neuen Bunkerstation der Hoyer Marine GmbH, die von der Lauenburger Hitzler-Werft gebaut wird.  
Eine Visualisierung der neuen Bunkerstation der Hoyer Marine GmbH, die von der Lauenburger Hitzler-Werft gebaut wird.   © Hitzler-Werft | Hitzler-Werft

An das „Johannisbollwerk“ wird allerdings noch eine besondere Anforderung gestellt: Schon vom Erscheinungsbild her soll sich die Schiffstankstelle an das Hamburger Hafenambiente anpassen. Gleichzeitig gilt es aber, den vier Tanks, die jeweils 90 Kubikmeter Kraftstoff aufnehmen werden, den nötigen Raum zu geben. Auf einer Plattform mit einem Hallentrakt müssen außerdem Schmierfette oder Öle fachgerecht gelagert und abgegeben werden können.

Neubau mit Photovoltaiktechnik und Gründach

Außerdem wird die Bunkerstation so ausgerüstet, dass auch alternative Schiffskraftstoffe aufgenommen werden können. In der Hitzler-Werft wird das „Johannisbollwerk“ zudem dafür vorbereitet, später mit Photovoltaik-Technik ausgestattet werden zu können. Auch an eine Dachbegrünung der Bunkerstation wird laut Planung gedacht. Den Gedanken der Nachhaltigkeit mit innovativer Schiffstechnik zu verbinden, liegt den Klimenkos besonders am Herzen. Seit der Betriebsübernahme im April 2021 ist es ihr erklärtes Ziel, Schiffskonstruktionen mit innovativen, klimafreundlichen Antrieben auf den Markt zu bringen oder vorhandene Anlagen entsprechend umzurüsten.

Vor allem Hafen- und Behördenschiffe werden künftig von der neuen Bunkerstation aus betankt. Die Vorplanungen für den Neubau begannen im Frühjahr vergangenen Jahres durch die GUSPAF GmbH aus Duisburg, die sich auf die Sicherung von Gefahrgut auf dem Wasser spezialisiert hat. Anfang dieses Jahres erhielt die Lauenburger Werft den Zuschlag, die innovative Bunkerstation für den Hamburger Hafen zu bauen.

Marek Klimenko (l.) und Sohn Kai Klimenko sind die Eigentümer der Lauenburger Hitzler-Werft. 
Marek Klimenko (l.) und Sohn Kai Klimenko sind die Eigentümer der Lauenburger Hitzler-Werft.  © Richel | Richel

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Alter Lauenburger Schiffsbautradition verpflichtet

Marek Klimenko ist Schiffsbauer mit Leib und Seele. Gelernt hat der 58-Jährige das berufliche Einmaleins im Gdansk. 1990 machte er sich von der polnischen Ostseeküste aus auf den Weg nach Deutschland und landete in Lauenburg. Bei der Hitzler-Werft bekam er eine Stelle als Schleifer. Doch er arbeitete sich hoch: erst im Bereich Modellbau, dann als Konstrukteur, Projektleiter und schließlich als Leiter des Konstruktionsbüros. Kai Klimenko hat an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) Betriebswirtschaft studiert. Er hat die kaufmännische Leitung des Unternehmens übernommen.

Bei allen Innovationen fühlen sich die Klimenkos der Tradition der Lauenburger Hitzler-Werft nach wie vor verpflichtet. Angefangen hat alles mit Johann G. Hitzler (1848-1910). Der Maschinenbauer war Obermeister in der Düneberger Pulverfabrik, wurde von der Lauenburger Reederei Burmester abgeworben und machte sich 1885 selbstständig. Sein erstes Schiff war ein Berliner Maßkahn, für den er keinen Auftrag hatte – ein großes Risiko. Doch die Rechnung ging auf: Noch während der Bauzeit konnte Hitzler das Schiff an den Lauenburger Ratsherrn und Schiffer Johannes Drewes verkaufen.