Lauenburg/Bleckede. Hektik und Stress machen heutzutage vielen zu schaffen. Wie wäre es mit einer Reise in eine Zeit, in der alles gelassener zuging?
Immer weiter, immer schneller: Selbst im Urlaub oder am Wochenende schaffen es viele nicht, mal alle Fünfe gerade sein zu lassen. Aber Langsamkeit lässt sich wieder lernen. Am besten auf einer Reise in die Zeit, in der Menschen mehr Gelassenheit an den Tag gelegt haben. Gelegenheit dazu ist am Sonntag (17. September). Wie anno dazumal geht es mit Ausflugsdampfer und Bummelzug in die Sommerfrische.
Die Nostalgietour beginnt um 11 Uhr am Lauenburger Anleger des Raddampfers „Kaiser Wilhelm“ an der Elbuferpromenade. Bleckede, das erste Ziel der Reise, ist nur 20 Kilometer entfernt, doch der 123 Jahre alte Schiffsveteran ist bis dahin zwei Stunden unterwegs. Je nachdem, wie viel Zeit man sich in Bleckede nehmen möchte, geht es um 14.40 Uhr oder um 17.17 Uhr weiter mit dem „Heideexpress“. Nach knapp einstündiger Fahrzeit erreicht die historische Kleinbahn den Bahnhof Lüneburg. Hier tauchen die Fahrgäste wieder in die Gegenwart ein. Die Rückfahrt nach Lauenburg mit dem Regionalzug ist kein Bestandteil der beschaulichen Nostalgiefahrt.
Ausflugstipp: Nostalgietour mit „Kaiser Wilhelm“ und dem „Heideexpress“
Die Zeitreise beginnt, sobald sich die Gäste an Bord des „Kaisers“ begeben. Ehe es losgeht, lässt Kapitän Markus Reich die Dampfpfeife dröhnen, so wie es schon vor 100 Jahren üblich war. Vor fünf Jahren inspirierte die Beschaulichkeit dieser Fahrt die Fernsehmacher des NDR zu der fünfstündigen Sendung „Die Elbe. Ganz in Ruhe“ von Bord des Schiffes. Quasi in Zeitlupe ging es damals mit dem „Kaiser“ durch die idyllische Elbtalaue.
Erfahrungsgemäß passiert mit den Gästen an Bord dann das, was man heute gern Entschleunigung nennt. Hinter der ersten Biegung verschwindet die Kulisse der Lauenburger Altstadt. Der Puls fährt runter, wenn das Elbufer langsam vorübergleitet. Ab jetzt gibt der stete Rhythmus der stampfenden Kolben im Schiffsrumpf den Takt an. Es geht vorbei an Dörfern und alten Wachtürmen aus der Zeit der deutschen Teilung, Wildgänse fallen in ein vielstimmiges Geschnatter ein, wenn das Schiff vorbei fährt. Schafe auf dem Deich sehen aus wie beige Tupfer auf grünem Gras. Ein paar Kühe am Ufer schauen wiederkäuend zu den Menschen an Bord.
Kleine Auszeit im beschaulichen Bleckede
Natürlich ist es möglich, nach einem kurzen Aufenthalt in Bleckede gleich in den „Heideexpress“ zu steigen. Aber warum sollte man, wenn einem doch der ganze Tag gehört. „Kultur und Natur, ein historisches Ambiente und eine einmalig reizvolle Flusslandschaft – das alles erwartet Sie in dem kleinen Städtchen Bleckede direkt an der Elbe“, heißt es im Onlineportal Alte Fachwerkstraße.
Übertrieben ist das nicht. Das historische Schloss mit seiner naturkundlichen Ausstellung, einer Aquarienlandschaft und lebenden Bibern ist ein Ausflugsziel, das so an keinem anderen Fluss in Deutschland zu finden ist. Ein Stadtbummel durch die Altstadt mit ihren Fachwerkhäusern aus dem 17. Jahrhundert macht die Zeitreise perfekt.
„Blumen pflücken während der Fahrt verboten“
Lange nicht so alt, aber nicht weniger reizvoll ist der „Heideexpress“, mit dem die Fahrt nun weitergeht. In einem historischen Zug aus den 1950er-Jahren, vorbei an Wiesen, durch Wälder und idyllischen Orten geht es in Richtung Lüneburg. Für ältere Fahrgäste werden spätestens jetzt Kindheitserinnerungen wach. Die Sitzreihen des Museumszuges sind mit dunkelgrünem Kunstleder bezogen. Die Türen sind holzgerahmt. Nirgends Kunststoff, nur Holz, Glas und Metall. Die Fenster lassen sich nur mit etwas Mühe öffnen, aber es ist angenehm, sich den sanften Fahrtwind um die Ohren wehen zu lassen. Eigentlich fehlt nur noch das Schild „Blumenpflücken während der Fahrt verboten“.
Die Bleckeder Kleinbahn fährt auf der 26 Kilometer langen Strecke zwischen Lüneburg und Bleckede an der Elbe. Eigentlich ein Katzensprung, doch die Fahrt dauert, je nachdem wie oft der Zug unterwegs hält, rund 50 Minuten. Aber um Schnelligkeit geht es bei dieser Nostalgiefahrt ja sowieso nicht. Ob man sich in Lüneburg dann noch mal ins Stadtleben stürzt oder sich mit dem Regionalzug gleich auf den Rückweg nach Lauenburg macht, bleibt jedem selbst überlassen.
Mit viel Enthusiasmus die alte Technik am Leben erhalten
Ehrenamtlichen Enthusiasten ist die Nostalgietour auf dem Wasser und auf dem Schienenstrang zu verdanken. Der Verein zur Förderung des Elbschifffahrtsmuseums rettete den Raddampfer „Kaiser Wilhelm“ 1970 vor der Verschrottung und betreibt seitdem das schwimmende Wahrzeichen von Lauenburg. Dafür, dass sich die Gäste an Bord des Schiffes wohlfühlen, sorgt unter und über Deck die ehrenamtliche Crew.
Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsfreunde Lüneburg übernahm 2011 die stillgelegte Bahnstrecke von Bleckede nach Lüneburg. Seit 2012 verkehrt die Bleckeder Kleinbahn auf dieser Stecke. Der Museumszug ist unter dem Namen „Heideexpress“ ein Magnet für Eisenbahnfans aus ganz Europa. Die Vereinsmitglieder wirken unter anderem als Lokführer, Zugführer, Zugbegleiter, Schaffner, an der Bar und beim Unterhalt der Fahrzeuge.
- Markus Reich – der letzte Reeder von Lauenburg
- Sonderfahrten, Nostalgietouren und Whisky-Tasting
- Baustelle zur Hauptsaison: Gäste bleiben Lauenburg fern
Kombiticket macht die Zeitreise noch entspannter
Es gibt übrigens die Möglichkeit, die Nostalgietour auch in umgekehrter Reihenfolge zu erleben. In diesem Fall beginnt die Fahrt in Lüneburg mit dem Zug und endet mit dem Anlanden des Raddampfers in Lauenburg. Natürlich können die Tickets für die Fahrten mit dem Raddampfer „Kaiser Wilhelm“ und dem „Heideexpress“ auch für Sonntag (17. September) einzeln gebucht werden. Möglich ist das online auf der Seite www.raddampfer-kaiser-wilhelm.de sowie auf www.heide-express.de. Wer noch entspannter reisen möchte, sollte sich für das etwas günstigere Kombiticket entscheiden. Das kann allerdings nur über die Webseite des Heideexpress erworben werden.
Allzu lange warten sollte man damit nicht. Die Fahrten sind immer schnell ausgebucht. So gibt es für die Nostalgietour mit Dampfer und Bummelzug am kommenden Sonntag schon keine Tickets mehr. Ein kleiner Trost für alle, die auf das nostalgische Erlebnis trotzdem nicht verzichten möchten: Für die Fahrt mit dem „Kaiser Wilhelm“ nach Bleckede und zurück sind auch für diesen Tag noch ein paar Restplätze zu haben. Reservierungen sind telefonisch unter 0170/1 90 05 20 möglich oder per E-Mail an tickets@raddampfer-kaiser-wilhelm.de.