Geesthacht. Ende der Planfeststellung nach fast sechs Jahren. Gegner wollen Unterlagen von Anwälten prüfen lassen. Mit möglichen Konsequenzen.
Grünes Licht des Landes für den Neubau der Ortsumgehung Geesthacht. Mit diesem Satz beginnt die Pressemitteilung des schleswig-holsteinischen Verkehrsministeriums zum abgeschlossenen Planfeststellungsverfahren. Es könne unmittelbar mit den Arbeiten begonnen werden, sofern keine Rechtsmittel gegen das rund elf Kilometer lange und laut jüngster Kostenberechnung 161 Millionen Euro teure Straßenbauvorhaben eingelegt werden. Doch das erscheint unwahrscheinlich, wie Nachfragen bei den betroffenen Parteien ergeben haben, die im Vorfeld angekündigt hatten, Klagen zumindest in Erwägung zu ziehen.
Konkret handelt es sich um die Gemeinde Hohenhorn, die Eigentümer der Reitanlage Pfeiffer in Escheburg, die Besitzer vom Gut Hasenthal bei Hamwarde sowie die Umweltschutzorganisation BUND. „Sobald die Unterlagen ausliegen, wird sie unser Anwalt auf unsere Einwände hin prüfen und anschließend eine Empfehlung abgeben, ob eine Klage Sinn macht. Gleichwohl sind wir als Gemeinde willens und finanziell in der Lage, eine Klage durchzuziehen“, sagt Enno Wiarda, stellvertretender Bürgermeister von Hohenhorn.
Land gibt grünes Licht für Ortsumgehung Geesthacht
Während laut Verkehrsministerium mit der Ortsumgehung auch die umliegenden Gemeinden von einer besseren Erreichbarkeit profitieren würden, fürchtet Hohenhorn zusätzlichen Verkehr. „Wenn die A25 oben am Elbhang endet, wird es mehr Zulauf bei uns geben. Spätestens, wenn die Fehmarnbeltquerung fertig ist“, ist Wiarda überzeugt. Hohenhorn hatte zudem eingewandt, dass die Brücke, die die A25 den Geesthang hinauf verlängern soll, nicht so geplant ist, dass ein zweites Gleis darunter passe. „Geesthacht hat einen relativ hohen Binnenverkehr. Mit einer Umgehung würde das Problem nur verschoben werden“, regt Wiarda einen verbesserten ÖPNV-Verkehr an.
Neben Eingriffen in die Umwelt des Geesthangs hat auch der BUND das geplante Brückenbauwerk kritisiert, das einen Großteil der veranschlagten Summe kosten wird. „Es ist später keine Elektrifizierung der Strecke mehr möglich“, gibt Gerhard Boll vom BUND zu bedenken. Doch auch der BUND will zunächst die Empfehlungen seines Anwaltes vor einer etwaigen Klage abwarten. Auf mehr Informationen will auch das Gut Hasenthal warten. „An unserer ablehnenden Haltung am Projekt hat sich nichts geändert“, sagte Ulrike Maak.
Unterlagen sollen ab Mai ausliegen
Voraussichtlich im Mai sollen Planfeststellungsbeschluss und die festgestellten Planunterlagen zur Einsichtnahme ausliegen und werden dann auch online unter https://planfeststellung.bob-sh.de/ abrufbar sein. Gegner der Ortsumgehung haben dann einen Monat Zeit, Klage einzureichen. Dabei geht es vor allem darum, ob ihre im Vorwege gemachten Einwände zum Planfeststellungsverfahren (lief seit August 2018) ausreichend berücksichtigt worden sind.
Heinz-Martin Pfeiffer von der gleichnamigen Reitanlage in Escheburg sagt entschieden „Nein“. Laut Planungsvariante führt die Zufahrt von der B404 zur A25 genau über seine erst 2018 gebaute 60 x 22 Meter große Reithalle. Mehrfach hatte er eine Verlegung der Pläne von 30 bis 50 Metern nach Osten angeregt, damit das Bauwerk nicht abgerissen werden muss. Pfeiffer, der mit seiner Frau Britta circa 150 Pferde und gut 200 Rinder besitzt, hatte dafür seit 2015 eine Baugenehmigung. Er habe an dieser Stelle nur gebaut, weil er die Auskunft erhalten habe, dass ältere Planungen verworfen wurden. „Später wurden dann die gleichen Pläne wieder hervorgezogen“, bemängelt Heinz-Martin Pfeiffer.
Reitanlange Pfeiffer in Existenz gefährdet
Ein Gutachten, das die Planungsbehörde erstellen ließ, bescheinigt den Pfeiffers, dass die Ortsumgehung für ihren Betrieb mit etwa zehn Angestellten in dieser Form existenzgefährdend sei. Jeweils etwa 35 Hektar Land gehören dem Besitzer zu jeder Seite der Bundesstraße oder er hat dort Grundstücke gepachtet. Südlich der A25 sind es sogar noch mehr Hektar. „Ich musste auf Einsicht in das Gutachten klagen. Weil ihnen das Ergebnis wohl nicht gefallen hat, lassen die Planer ein neues erstellen“, unkt Pfeiffer, dessen Anwaltskosten sich bislang auf 10.000 Euro belaufen würden. Er betont: „Ich würde ja kooperieren. Es geht mir nicht ums Geld, wir wollen nur weiter Arbeit und ein Auskommen haben“, betont Pfeiffer, dessen Tochter Miriam Pfeiffer die Nachfolge des seit 1983 bestehenden Betriebs antreten will.
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Ein Angebot über eine etwaige Entschädigung habe er bislang auch noch nie erhalten, sagt Heinz-Martin Pfeiffer. Stattdessen waren ihm im vergangenen Jahr nach dem bislang letzten Austausch in der Sache die Koppeln direkt an der B404-Brücke kurzfristig von der Autobahn GmbH des Bundes gekündigt worden. Die Autobahn GmbH ist für die Verlängerung der A25 zuständig, der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein baut die restliche Umgehungsstraße. Das Geld dafür kommt vom Bund. Die Baustrecke beträgt über beide Abschnitte hinweg etwa elf Kilometer und sieht 15 Brücken zur Über- und Unterführung von Straßen, Wegen und Gewässern oder als Querungsmöglichkeit für Tiere vor.
Geesthachts Umgehungsstraße ist im vordringlichen Bedarf des Bundes. Schleswig-Holsteins Verkehrsstaatssekretär Tobias von der Heide (CDU) begrüßt den Abschluss der Planfeststellung: „Damit sind wir bei diesem für die wirtschaftliche Entwicklung der Region und die Entlastung der Innenstadt Geesthacht wichtigen Projekt einen riesigen Schritt weiter.“ Bis zum Beginn der Bauarbeiten werden weitere zu gehen sein.