Geesthacht. Die Stadt-Apotheke Geesthacht geht neue Wege beim Verkauf von Medikamenten. Aber warum macht der Inhaber so etwas?

Die Stadt-Apotheke ist das älteste Geschäft in Geesthacht. Bereits 1837 – und somit 87 Jahre vor Verleihung der Stadtrechte –eröffnete an der Rathausstraße 8 die erste Apotheke im Ort. Inhaber seit 2011 ist Frank Techet, der für seine Impfaktion „Gee impft“ in der Corona-Pandemie Anfang 2023 eine Ehrung als verdienter Bürger Geesthachts erhalten hatte. Auch geschäftlich ist der 52-Jährige ein Vorreiter. Er erweitert seine Apotheke um den ersten Drive-in-Schalter bei einer Apotheke in der Region. Bereits ab Juni sollen seine Kunden nicht mehr aus dem Auto aussteigen müssen, um Medikamente zu bekommen. Wie bei McDonald‘s.

„Jetzt kann es endlich losgehen“, sagt Techet, nachdem in dieser Woche grünes Licht von der Behörde für Denkmalschutz kam. Auf die Genehmigungen für die Arbeiten am und im denkmalgeschützten Gebäude hatte der Apotheker händeringend gewartet. Den Garten neben dem Haus hatte er bereits im vergangenen Jahr eingeebnet. Es ist aber nicht die einzige Veränderung: Außer dem Autoschalter, der zu den normalen Öffnungszeiten angefahren werden kann, wird es auch einen rund um die Uhr zugänglichen Abholschrank für vorbestellte Rezepte geben.

Medikamente kaufen wie bei McDonald‘s: Apotheke in Geesthacht baut Drive-in-Schalter

Ein Drive-in-Schalter bei einer Apotheke in Deutschland ist aktuell noch etwas Besonderes. Die Alpha Apotheke in Hamburg-Jenfeld war 2005 die erste in Deutschland, in Schleswig-Holstein gibt es bis heute nur eine Handvoll, unter anderem in Rendsburg. Auch Techets Bruder Markus, der ebenfalls Apotheker ist, hat einen Autoschalter in Klingenberg (Bayern) und konnte berichten, dass es sich lohnt.

Die Stadt-Apotheke Geesthacht ist das älteste Geschäft in Geesthacht (eröffnet 1837).
Die Stadt-Apotheke Geesthacht ist das älteste Geschäft in Geesthacht (eröffnet 1837). © Dirk Schulz | Dirk Schulz

„Meine Zielgruppe für den Autoschalter sind vor allem gehbehinderte ältere Personen, Eltern mit jungen Kindern im Auto, für die auszusteigen umständlich wäre, und junge Leute, die Bock darauf haben. Und in der Pandemie wäre es natürlich der Knaller gewesen“, sagt Frank Techet. Was bei der Stadt-Apotheke ebenfalls eine Rolle spielt: Die eingeschränkte Parksituation an der viel befahrenen Rathausstraße. Die macht kurz vor der Apotheke eine leichte Rechtskurve, sodass es häufiger zu gefährlichen Situationen kommt, wenn Kunden der Apotheke rückwärts ausparken.

Drive-in-Apotheke: Mit dem Auto zum Ausgabeschalter

Demnächst können alle Kunden links vom Gebäude über eine U-förmig angelegte Zufahrt in einer Einbahnstraßenrelegung zu einem Ausgabeschalter fahren, an einem neuen Fenster am Gebäude anhalten und ihr Rezept dort abgeben. Pfeile auf dem Boden sollen zur Orientierung dienen. Für das Fenster, über dem das Wort „Schalter“ in der gleichen goldfarbenen Schrift stehen soll wie „Apotheke“ über der Eingangstür, war unter anderem das Okay vom Denkmalschutz erforderlich. „Der Autoschalter funktioniert wie eine zusätzliche Kasse“, sagt Frank Techet, der insgesamt einen niedrigen sechsstelligen Betrag in den Umbau steckt.

So könnte der Autoschalter der Stadt-Apotheke Geesthacht einmal aussehen. Das Schalter-Fenster gibt es noch nicht.
So könnte der Autoschalter der Stadt-Apotheke Geesthacht einmal aussehen. Das Schalter-Fenster gibt es noch nicht. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Mit dem neuen E-Rezept können seine Kunden Medikamente vorbestellen. Etwa über die Amamed-App, bei der man über die Eingabe einer Postleitzahl Apotheken vorgeschlagen bekommt. Dort laden Patienten entweder ein Foto vom Rezept hoch oder nutzen einen QR-Code, den sie vom Arzt bekommen haben. „Man muss sich das so vorstellen: Jeder Kassenpatient hat ein digitales Schließfach, auf das alle Ärzte Zugriff haben. Als Apotheker benötige ich für das Schließfach einen Schlüssel. Das wäre der QR-Code oder die Krankenkassenkarte“, erklärt Techet und ergänzt: „Noch gibt es mehrere Wege. Wir sind mit dem E-Rezept in einer Umbruchphase. Am Ende setzt sich durch, was am einfachsten ist.“

Drive-in-Apotheke: Abholschrank rund um die Uhr geöffnet

Wer außerhalb seiner Öffnungszeiten ein Medikament abholen will, kann das Rezept bei ihm während der Öffnungszeiten vorbestellen. Das kommt händisch in Ausgabefächer des Abholschrankes, die sich über eine Geheimnummer öffnen lassen, die der Kunde nach der Bestellung erhält. Bezahlt wird entweder per EC-Karte, Paypal oder im Voraus. Ursprünglich war sogar geplant, über einen Kommissionierautomaten einen Rund-um-die-Uhr-Abholservice für frei verkäufliche Medikamente anzubieten. Das scheiterte an den Tücken der deutschen Bürokratie. Das Ladenschlussgesetz und das deutsche Apothekenrecht geben das nicht her. „Wir beharren auf Regeln, die in einer anderen Zeit geschaffen wurden, während die Realität schon weiter ist“, sagt der Inhaber der Stadt-Apotheke.

Frank Techet von der Stadt-Apotheke. Der Autoschalter kommt auf die Fläche zwischen seinem Haus und der Volksbank im Hintergrund.
Frank Techet von der Stadt-Apotheke. Der Autoschalter kommt auf die Fläche zwischen seinem Haus und der Volksbank im Hintergrund. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

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„Deutschland ist ein kompliziertes Land“, räumt Felix-Alexander Litty ein, der Geschäftsführer der schleswig-holsteinischen Apothekenkammer. Dass noch nicht so viele Apotheken von der Möglichkeit eines Autoschalters Gebrauch machen, liege vielfach, so Litty, derweil auch an baulichen Gegebenheiten. Auch die fünf anderen Apotheken in Geesthacht (Oberstadt, Sonnen, Center, Elbe, Buntenskamp) haben kein Grundstück, das den Bau eines Autoschalters ermöglicht. „Eigentlich ist das nur bei Neubauten interessant“, sagt Felix-Alexander Litty. „In Geesthacht bin ich konkurrenzlos“, sagt Techet, der auch Fahrradfahrer am Autoschalter willkommen heißt. Geöffnet hat die Stadtapotheke von 8 bis 18.30 Uhr (Ausnahmen: Mittwoch 8 bis 13 Uhr, Sonnabend 9 bis 13 Uhr).