Lauenburg. Bis zu 80 Sozialwohnungen sollten in Lauenburg gebaut werden. Doch der Plan platzte. Sozialdemokraten fordern Konsequenzen.
Wer über ein geringes Einkommen verfügt, hat es in Lauenburg schwer, eine passende Wohnung zu finden. Da nutzt meist auch ein sogenannter „Paragraf 5-Schein“ nichts, der dazu berechtigt, eine preisgünstige Sozialwohnung zu mieten. Entsprechende Angebote gibt es nämlich kaum – besonders für Familien. In den gängigen Immobilienportalen wurde innerhalb von mindestens drei Wochen lediglich eine Eineinhalb-Zimmer-Wohnung angeboten, für die ein Wohnberechtigungsschein erforderlich ist.
Die Situation hätte sich schlagartig verbessern können. Investor Marcus Pape war nämlich bei der Planung der Wohnanlage Windmühlenkamp an der Berliner Straße umgeschwenkt. Nachdem ihm zunächst sozialer Wohnungsbau unwirtschaftlich erschienen war, änderten sich die Förderbedingungen. Doch ehe er beim Land einen Antrag auf Förderung stellen konnte, war der Fördertopf leer – zumindest für dieses Jahr. Der Plan, in der Anlage bis zu 80 Sozialwohnungen zu errichten, ist für Pape damit vom Tisch.
Wohnungsbau Lauenburg: SPD will, dass Konsequenzen gezogen werden
Erst nein, dann ja, dann wieder nein – für die SPD ist die Sache klar. „Der Investor lässt die Stadt am langen Arm verhungern“, sagt der Fraktionsvorsitzende Immo Braune. Pape sei vonseiten der Stadt der rote Teppich ausgerollt worden. „Die nicht eingeforderte Quote an Sozialwohnungen ist nur einer von vielen Gefallen“, stellt Braune fest. Die SPD-Fraktion hatte vor drei Jahren darauf gedrungen, den politischen Beschluss auch auf Papes Bauvorhaben anzuwenden. Demnach hätte der Möllner Investor ein Viertel der geplanten 149 Wohnungen als öffentlich geförderte errichten müssen.
Damit hatten sich die Sozialdemokraten aber nicht durchsetzen können. „Man warf uns vor, dass unsere Forderungen schädlich für die Stadtentwicklung seien und wir Investoren abschrecken würden“, erinnert sich der Fraktionschef. Dass sich auf dem rund zwei Hektar großen ehemaligen Kleingartengelände seit fast fünf Jahren nichts tut, spiele aus Sicht der Sozialdemokraten dem Investor in die Karten. Dafür hat Braune den „Digitalen Atlas Nord“ zurate gezogen und sich die Entwicklung der Bodenrichtwerte angeschaut. „Beim Verkauf an den Investor Anfang 2019 lag der Bodenrichtwert bei 65 Euro pro Quadratmeter. Heute ist der Wert 160 Euro pro Quadratmeter“, sagt er.
SPD-Fraktionschef: „Wir können nicht auf Investoren zählen“
Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, will die SPD ein Baugebot für das Areal politisch durchsetzen. Im Baugesetzbuch heißt es dazu: „Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans kann die Gemeinde den Eigentümer durch Bescheid verpflichten, innerhalb einer zu bestimmenden angemessenen Frist, sein Grundstück entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans zu bebauen.“ Damit soll verhindert werden, dass Flächen aus Spekulationsgründen jahrelang brach liegen bleiben.
Das ist aber nicht die einzige Konsequenz, die die SPD aus dem Rückschlag für den sozialen Wohnungsbau zieht. „Es hat sich nun oft genug gezeigt, dass wir nicht auf Investoren zählen können, egal, wie sehr wir ihnen entgegenkommen“, meint Braune. Auch die illegale Baumfällung durch die Firma Semmelhaack auf einem anderen Baugrundstück zähle für ihn dazu. Deshalb ziehen die Sozialdemokraten jetzt ihren alten Vorschlag aus der Tasche: Die Stadt soll den Wohnungsbau in eigene Hände nehmen. Im November 2018 hatte die SPD den Geschäftsführer der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Geesthacht (WoGee), Marcus Prang, eingeladen, um sich aus erster Hand zu informieren, ob sich das Modell auf Lauenburg übertragen ließe.
Wohnungsbau in Satzung der Stadtbetriebe verankert
Marcus Prang machte seinerzeit keinen Hehl daraus, dass er sich eine Zusammenarbeit mit Lauenburg unter dem Dach seiner Gesellschaft gut vorstellen könne. „Das ist nicht nötig. In unserer Satzung ist der Wohnungsbau bereits verankert“, hielt Joachim Schöttler, Chef der Lauenburger Stadtbetriebe, damals dagegen. Allerdings müsse er dafür ein einheitliches politisches Votum haben.
Das gibt es auch fünf Jahre später nicht. Bei der Lauenburger CDU kommt der erneute Vorstoß der SPD nämlich gar nicht gut an. „Es ist unsere Aufgabe, einen attraktiven Rahmen für Investitionen in den Wohnungsbau zu schaffen. Eine eigene Initiative ist nicht notwendig“, meint Christoph Haase, Fraktionschef der Christdemokraten. Stattdessen müsse man auf geänderte Rahmenbedingungen reagieren und gegebenenfalls getroffene Entscheidungen überdenken. „Ich denke da auch an die Befreiung von der Quote für den sozialen Wohnungsbau“, legt sich Haase fest.
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Wählergemeinschaften als Zünglein an der Waage
Die Grünen können sich grundsätzlich städtische Wohnbauprojekte in Lauenburg vorstellen. Allerdings setzen sie unter anderem aus personellen Gründen nicht auf eine eigene Gesellschaft, sondern auf Kooperation, zum Beispiel mit Geesthacht. Allerdings: „Die aktuelle Lage auf dem Wohnungsbaumarkt spricht nicht unbedingt für einen jetzigen Start stadteigener Aktivitäten. Die generellen Möglichkeiten sollten wir aber ausloten“, findet Fraktionsvorsitzender Thorsten Pollfuß. Käme es jetzt zu einer politischen Abstimmung, wäre der Ausgang – bezogen auf die Parteien knapp. Die CDU hat elf Sitze in der Stadtvertretung, SPD und Grüne zusammen zehn Sitze.
Zünglein an der Waage wären die Lauenburger Wählergemeinschaft (LWG) und die Wählergemeinschaft Unser Lauenburg. Beide Fraktionen sind sich in dieser Frage aber einig: Zwar wäre kommunaler Wohnungsbau durchaus wünschenswert, aber nicht bei der derzeitigen Haushaltslage der Stadt. Oberste Priorität hätten die „Big Five“, also die fünf großen Bauvorhaben: Medienzentrum, Weingartenschule, Sporthalle, Katastrophenschutzzentrum und die Sanierung des Schlosses. Diese Ansicht teilt Uwe Frensel (SPD) ganz und gar nicht. Der ehemalige Vorsitzende des Sozialausschusses hatte bis zu seinem Wegzug aus Lauenburg das Thema kommunaler Wohnungsbau immer wieder auf die Tagesordnung gehoben. „Die ‚Big Five‘ sind nur Beiwerk, wenn kein bezahlbares Wohnen in der Stadt möglich ist. Wohnen muss für die Politik immer ein ‚Big-One-Projekt‘ sein“, mahnt er an.