Lauenburg. Volle Absicht oder ein bedauernswertes Missverständnis? Welche Folgen die illegale Aktion für die Firma Semmelhaack haben wird.
Der Kahlschlag auf dem Grundstück des ehemaligen Sexclubs an der Berliner Straße 57 schlägt weiter hohe Wellen. Ende vergangener Woche waren auf dem Gelände mehrere Großbäume der Kettensäge zum Opfer gefallen, die eigentlich durch den für dieses Areal geltenden Bebauungsplan geschützt waren. In den sozialen Netzwerken kochte die Empörung der Lauenburger wegen der Abholzung des Baumbestandes hoch. Die Stadt will die illegale Abholzung ebenfalls nicht hinnehmen und leitet jetzt gegen die Eigentümerin des Grundstücks ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein.
Seit 2015 ist das zentrumsnahe Gelände in kommunalem Eigentum. Die Stadt wollte die weiße Villa zu einer Flüchtlingsunterkunft umbauen. Da es nicht dazu kam, erwarb die Firma Semmelhaack aus Elmshorn das Grundstück, um hier eine Wohnanlage zu errichten.
LWG stellt Eilantrag zum Kahlschlag am ehemaligen Sexclub
Auch während der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses am Montagabend war die illegale Abholzung das zentrale Thema. Die Lauenburger Wählergemeinschaft (LWG) hatte noch kurz vor der Sitzung einen Eilantrag auf die Tagesordnung setzen lassen. Dass die Angelegenheit keinen Aufschub duldet, fanden auch die anderen Fraktionen. Diese Aktion – von der auch die Stadtverwaltung nichts wusste – dürfe nicht ohne Konsequenzen bleiben, war man sich einig.
Schließlich hatten sich die Politiker schon vor drei Jahren darauf verständigt, dass der Verkauf des Grundstücks an einen potenziellen Investor nur unter der Bedingung erfolgt, dass der alte Baumbestand weitgehend erhalten bleibt. Als die Firma Semmelhaack im Zuge ihrer Bauplanung darum bat, stimmte die Politik zu, lediglich einen Baum von der Liste zu streichen. Ansonsten blieb das Unternehmen an die Festlegungen des B-Planes gebunden.
Hergang des Kahlschlags bleibt vorerst im Dunkeln
Wie es Ende vergangenen Woche zu der Abholzung von mindestens fünf der insgesamt zwölf geschützten Bäume gekommen ist, ist mysteriös. Die Stadtverwaltung hatte jedenfalls keine Kenntnis davon und auch die Politik wurde eiskalt davon erwischt. Stadtvertreter Hans Klessascheck (LWG) traf die mit der Abholzung beauftragte Firma auf dem Grundstück gerade noch an. Er stellte die Mitarbeiter zur Rede und gab seinen Eindruck von der Situation vor dem Ausschuss wieder: Demnach habe ein Mitarbeiter des Bauherrn den Arbeitern einen Stapel Unterlagen in die Hand gedrückt.
Dann soll dieser Mitarbeiter des Bauherrn die Bäume, die zu beseitigen sind, mit blauen Markierungen gekennzeichnet haben. „Den Mitarbeitern kam dann merkwürdig vor, dass die Kennzeichnung an den Bäumen nicht mit dem Plan übereinstimmte. Sie haben sich aber an die Vorgaben des Vertreters des Bauherrn gehalten“, berichtete Klessascheck. An ein Versehen glaube er nicht, sagte er und war sich darin mit allen anderen Ausschussmitgliedern einig.
Stadt leitet Ordnungswidrigkeitsverfahren ein
Für Klessascheck hat die Aktion auch noch weitreichendere Folgen. „Wenn dieses Verhalten nicht bestraft wird, begeben wir uns in eine heikle Situation. Denn daraus folgt, dass unsere Verwaltung am Ende von Investoren und Bauherrn möglicherweise nicht ernst genommen und an der Nase herumgeführt wird“, gab er zu bedenken. Dies hätte nicht selten Methode.
Dem Antrag der LWG, einen Strafantrag zu stellen, folgten die Politiker zwar nicht. Sie beauftragten die Verwaltung aber einstimmig, ein Ordnungswidrigkeitsverfahren in die Wege zu leiten. Außerdem soll die Verwaltung auf Ersatzpflanzungen von gleichwertigen Bäumen und Gehölzen an derselben Stelle drängen. Damit folgten die Politiker auch einem weiteren Argument der Wählergemeinschaft. „In Anbetracht der Quantität der Verstöße gegen planungsrechtliche Vorgaben kann nicht von mangelnder Kommunikation oder einem Irrtum ausgegangen werden. Hier wurde ganz offensichtlich vorsätzlich gehandelt“, ist Klessascheck überzeugt.
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Bauleiter der Firma Semmelhaack räumt Fehler ein
Auch die Stadt hat inzwischen vergeblich versucht, Licht ins Dunkel der illegalen Aktion zu bringen. „Unabhängig davon, wie es letztendlich zu der Abholzung kam, leiten wir das Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen die Eigentümerin des Grundstücks ein“, sagt Bauamtsleiter Christian Asboe. Immerhin habe der zuständige Bauleiter der Firma Semmelhaack den Fehler eingeräumt.
Bereits am Wochenende baten wir die Firma Semmelhaack schriftlich um einer Stellungnahme zu Fällarbeiten auf dem Grundstück Berliner Straße 57. Dieser Bitte ist das Unternehmen auch am Dienstag nicht nachgekommen.