Geesthacht/Schwarzenbek/Büchen. Baugenehmigung gehen deutlich zurück. Das belegen auch die Zahlen aus Herzogtum Lauenburg. So bewerten Verwaltungen die Lage.

Die von der Bundesregierung angekündigten 400.000 neuen Wohnungen jährlich bleiben für die kommenden Jahre Wunschtraum – trotz wachsender Wohnungsnot gerade in Metropolregionen wie München, der Rhein-Main-Region oder Hamburg. Im Kreis Herzogtum Lauenburg ist die Zahl erteilter Baugenehmigungen deutlich eingebrochen, wurden manche Projekte angesichts der Hochpreisphase verschoben, gestreckt oder aufgegeben. Inzwischen deutet sich in Teilbereichen jedoch eine Wende an.

Über die Gründe der deutlich gestiegenen Baupreise wird heftig diskutiert: weniger über die internationalen Faktoren als vielmehr über den Sinn mancher deutscher Bauvorschriften und die Folgen der Energie- und Heizwende. Zwar hat sich die die Baukonjunktur in den vergangenen Monaten in manchen Bereichen abgekühlt, doch einige Preistreiber sind weiter wirksam.

Herzogtum Lauenburg: 400 Bauanträge weniger in nur einem Jahr

Angesichts von Lieferschwierigkeiten bei wichtigen Baustoffen und anhaltender Inflation sind deutliche Preisrückgänge unwahrscheinlich. Stark gestiegene Zinsen dagegen treiben die Finanzierungskosten weiter in die Höhe. Bleibt es bei der hohen Inflation von rund sieben Prozent, stehen neue Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank ins Haus. Dann könnten weitere Pläne für ein eigenes Haus, für Mietwohnungsbau oder Gewerbe in den Schubladen verschwinden.

Im Kreis (ohne Geesthacht) ist die Zahl der Bauanträge deutlich gesunken. Mit fast 2000 hatte sie im Jahr 2021 ihren Höchststand erreicht, ist jedoch 2022 um fast 400 gefallen – ein Minus von rund 20 Prozent. Ende 2023 dürfte die Zahl bei knapp 1400 liegen, so die Hochrechnung aus dem Kreis. „Die Zahlen umfassen Abrisse und Kleinwindkraftanlagen ebenso wie Einfamilienhäuser und Gewerbebauten“, erläutert Kreissprecher Tobias Frohnert.

Finkenweg-Nord rettet die Zahlen in Geesthacht

Geesthacht, die größte Stadt im Kreis, hat mit mehr als 30.000 Einwohnern eine eigene Baugenehmigungsabteilung. Die aktuelle Zahlen bewegen sich etwa auf dem Niveau von 2022: Zum Jahresende waren es 410 genehmigte Wohnungen, aktuell sind 251. „Ohne das Neubaugebiet Finkenweg-Nord wäre ein gravierender Einbruch bei den Baugenehmigungen zu verzeichnen“, stellt Stadtsprecherin Katharina Richter klar. Ein Grund: Hatten Investoren die vergangenen Jahren alte Mietshäuser gekauft, abgerissen und durch Neubauten mit mehr Wohnraum ersetzt, sei dies Geschäft aktuell fast zum Erliegen gekommen. Gründe seien neben Baupreisen und wachsenden Zinsen auch das Auslaufen von Förderprogrammen.

Die Wohnraumentwicklung Geesthacht GmbH Co. KG (WoGee) hatte noch vergangenen Herbst ihre Neubaupläne für Finkenweg-Nord auf den Prüfstand gestellt. „Zunächst hatte es so ausgesehen, als müssten wir von der Realisierung Abstand nehmen“, sagt Geschäftsführer Markus Prang.

Neue Landesförderung unterstützt Bau von Sozialwohnungen

Doch das Land habe ein neues Förderprogramm aufgelegt. „Jetzt investieren wir 20 Millionen Euro und realisieren 87 Wohneinheiten, zu 100 Prozent als geförderten Wohnraum.“

Für Ende 2024 ist die Fertigstellung geplant. Die Mietpreise sollen zwischen 6,80 und 9,30 Euro je Quadratmeter betragen. Vor zehn Jahren mit einem Bestand von rund 120 städtischen Wohnungen gegründet, peilt die WoGee jetzt 400 an.

Dr. Uwe Heimbürge, Technischer Vorstand der Neuen Lübecker Baugenossenschaft: „Können die Kosten für Neubauvorhaben nicht durch verantwortbare Mieten getragen werden, können wir auch nicht bauen.“
Dr. Uwe Heimbürge, Technischer Vorstand der Neuen Lübecker Baugenossenschaft: „Können die Kosten für Neubauvorhaben nicht durch verantwortbare Mieten getragen werden, können wir auch nicht bauen.“ © FMG | Claas Greite

Wohltorf bremst Wohnbaupläne von Baugenossenschaft aus

Gelegentlich sind es die Kommunen selbst, die den Bau neuer Wohnungen bremsen. Die gemeinnützige Kreisbaugenossenschaft Lauenburg wollte in Wohltorf alte, teils schon länger leerstehende Mietshäuser abreißen und durch zeitgemäße Neubauten nach aktuellem Energie-Standard ersetzen. Nach jahrelangem Hickhack mit der Kommune fiel die Entscheidung, die Altbauten doch zu erhalten und zu sanieren.

Deutlich größer als die Kreisbaugenossenschaft mit gut 800 Wohnungen vor allem im Raum Mölln/Ratzeburg ist die Neue Lübecker Baugenossenschaft (NL). Landesweit sollen bis kommendes Frühjahr 310 Neubauwohnungen fertiggestellt werden, die NL besitzt rund 15.500 Wohnungen, fast 2400 allein im Herzogtum: die größte Zahl in Schwarzenbek mit gut 800, fast 400 in Geesthacht und knapp 300 in Lauenburg.

Bauvorhaben der Neuen Lübecker liegt seit 2020 auf Eis

Weitere Pläne für Wohnungsbau im Bereich Glüsinger Weg und Breslauer Straße stocken. Dabei hat der notwendige Lauenburger Bebauungsplan für das Vorhaben bereits 2020 Rechtskraft erlangt. Erst drei Jahre später hat jedoch der Kreistag die notwendigen Beschlüsse für den Verkauf der Fläche an die Genossenschaft gefällt: „Nach der Beurkundung des Kaufvertrags gehen wir in die Konkretisierung der Bauantragsplanung“, so Dr. Uwe Heimbürge, technischer Vorstand der NL.

Die meisten Städte und Gemeinden Deutschlands verfügen über keinen nennenswerten kommunalen Wohnraum. Wer solchen hatte, hat entweder Kasse gemacht und privatisiert, wie etwa Berlin oder auch Kiel. Oder gab die Verantwortung ab, gern an Genossenschaften.

In Büchen geht der Ausbau der Schulen trotz hoher Preise gut voran: Zimmerermeister Jürgen Reiche (v.l.) mit Martin Stopankus und Alexander Reiche auf dem Richtfest.
In Büchen geht der Ausbau der Schulen trotz hoher Preise gut voran: Zimmerermeister Jürgen Reiche (v.l.) mit Martin Stopankus und Alexander Reiche auf dem Richtfest. © Marcus Jürgensen

Büchen plant Ausbau des eigenen Wohnungsbestandes

Anders die Gemeinde Büchen. Sie verfügt selbst über 35 Wohnungen, weitere sind im Besitz des Amtes. „Wir haben uns Flächen gesichert, um neue geförderte Wohnungen bauen zu können“, bestätigt Bürgermeister Uwe Möller. Auch der Sozialdemokrat glaubt nicht an 400.000 neue Wohnungen im Jahr in Deutschland, „das schaffen wir auch 2023 nicht“. Umso wichtiger sei, das Feld nicht allein der Privatwirtschaft zu überlassen.

Die aktuelle Entwicklung sieht Möller bedingt optimistisch. „Wir erleben gerade, dass sich Baupreise nicht nur in eine Richtung entwickeln.“ Ausschreibungen für eine Kita im Neubaugebiet Pötrau hätten gezeigt, dass sich die Lage etwas entspanne. „Da liegen Angebote teils fünf bis sechs Prozent unter den von uns angenommen Preisen.“

Die Baupreisspirale gerät ins Stocken

Möller setzt mit Blick auf kommunale Bauvorhaben auf eine Entlastung. Ausgebaut werden derzeit beide Schulen, ein Küchenanbau für eine Kita startet und Ausbau und Modernisierung des Feuerwehrhauses werden vorbereitet. In Planung ist zudem die Erweiterung des Waldbades für die Schwimmausbildung.

Nicht in jedem Fall sei eine Entspannung feststellbar, dämpft Schwarzenbeks Bauamtsleiter Ralf Hinzmann die Erwartungen. „Im Tiefbau stellen wir keine weiteren Preissteigerungen fest. Für die Buskehre an der Cesenatico Straße läuft gerade die Ausschreibung.“

Baugenossenschaft erwartet sinkende Preise erst 2024

Anders wertet er die Situation im Hochbau, mit nachgebenden Preises rechnet Hinzmann vorerst nicht: „Die Firmen haben fast alle noch gut zu tun.“ Diese Einschätzung teilt auch NL-Vorstand Hambürge: Die Unternehmen seien für 2023 gut ausgelastet. „Ich persönlich erwarte, in Abhängigkeit von geplanten Projektgrößen, erst ab 2024 günstigere Baupreise.“

Auch die Hoffnung, dass wieder mehr Unternehmen Angebote auf öffentliche Ausschreibungen einreichen, ist aus Sicht von Ralf Hinzmann nur in Teilen berechtigt: „Auf die Ausschreibung zur Hallenbodensanierung in der Sporthalle Buschkoppel ist nicht ein Angebot eingegangen. Das verschieben wir.“

Manche Ausschreibung bleibt ohne Bieter

WoGee-Geschäftsführer Markus Prang macht im Wohnungsbau aktuell bessere Erfahrungen: „Wir erhalten jetzt deutlich mehr Angebote auf unsere Ausschreibungen.“ Die Preise für Baumaterial verharrten dagegen weiter auf hohem Niveau. Ausnahme: Die massiv gestiegenen Preise für Bauholz sinken.