Geesthacht. Nicht nur Wissenschaftler arbeiten in dem Forschungszentrum. Spannende Tätigkeiten gibt es für viele Berufsgruppen.

„Was wir bauen, sind alles Prototypen“, sagt William Gärtner. „Sind es mal drei Stück von einer Sorte, gilt das bei uns schon als Großserie, und auch die sind alle unterschiedlich“, erzählt der Elektroniker vergnügt. Er und sein Kollege Matthias Jacobsen haben Spaß an ihrer Arbeit im Bereich Elektronik am Geesthachter Helmholtz-Zentrum Hereon. Hier fällt für die Techniker schon mal der Bau von weltweit einzigartigen Messsystemen an.

Aktuell arbeiten die beiden an Detektoren für das Forschungszentrum im schwedischen Lund, die Auslieferung ist für Ende 2025 geplant. Dort entsteht die Europäische Spallationsquelle ESS, es geht um zerstörungsfreie Materialüberprüfung mithilfe von Neutronenbestrahlung. Das Bundesforschungsministerium hat einen Beitrag von 202,5 Millionen Euro zugesagt.

Karriere lässt sich beim Hereon auch ohne Studium machen

Die erzeugten Neutronen fliegen durch den Werkstoff und treffen anschließend auf Detektoren. Eben diese 1,40 mal 1,40 Meter großen Quadrate halten zurzeit noch William Gärtner und Matthias Jacobsen im Labor in Geesthacht in den Händen. Das Signal des Aufpralls der Neutronen auf die mit Bor beschichteten und mit hauchfeinem Draht umwickelten Detektorplatten wird auf einem Computer als Pegelkurve wiedergegeben.

Der Draht ist aus Wolfram, mit Gold überzogen und mit bloßem Auge kaum zu erkennen. Er sieht aus wie das Engelshaar des türkischen Süßgebäckes, nur viel, viel dünner. Die Bespannung der Detektoren damit ist gefühlvolle Handarbeit. 1,4 Kilometer davon wird auf einer der Platten abgewickelt, zwölf Kilometer sind es insgesamt, ein Detektor besteht nämlich aus mehreren Ebenen dieser Quadrate. Nur einmal wird zwischendurch gelötet. Wenn der Draht reißt, muss der Prozess von vorn beginnen. Eine Spule kostet 300 Euro.

Elektrotechniker bauen weltweit einzigartiges Messsystem

Forscher gewinnen über die Streuung der Neutronen beim Aufprall auf die Detektoren Aufschluss über die innere Struktur des zu untersuchenden Materials, über unsichtbare Schäden und wie belastbar ein Werkstoff ist, bevor er bricht. So abstrakt wie das Ganze klingt, ist es nicht. Der Gebrauchswert für die Allgemeinheit ist hoch. Die Erkenntnisse dienen unter anderem der Entwicklung von besseren Legierungen und Schweißtechniken zum Beispiel im Flugzeugbau.

William Gärtner und Matthias Jacobsen sind gute Beispiele dafür, dass sich auch ohne Abitur Karriere machen lässt am Hereon. Die beiden haben nicht studiert. William Gärtner machte Mittlere Reife bei Scharnebek, holte später seinen Meister nach, Matthias Jacobsen bildete sich über die Abendschule fort, ist nun Ausbilder. Die beiden werden auch auf dem neuen Forschungsschiff aktiv, das gerade auf der Hitzler-Werft in Lauenburg gefertigt wird. Sie verbauen auf der „Coriolis“ die Messgeräte.

Wie steigt man aus einem abgestürzten Hubschrauber unter Wasser aus?

Und manchmal wird es auch richtig abenteuerlich. So lernt William Gärtner in einem Kursus, wie man unter Wasser aus einem abgestürzten Hubschrauber herauskommt. So etwas sollte man können, wenn man für die Installation von Forschungsanlagen mal auf Dienstreise ist. William Gärtner ist auch mit den Küstenforschern unterwegs. Da werden Messstationen auf Hochseeplattformen betreut, teils mit Hubschrauberanflug.

So interessant die Aufgaben am Hereon auch für Nicht-Akademiker sind – weit herumgesprochen hat sich das nicht. Und das ist durchaus ein Problem für das Geesthachter Hemholtz-Zentrum, das sich nicht nur als Forschungseinrichtung versteht, sondern eben auch als gewichtiger Arbeitgeber in der Region. 1005 Mitarbeiter aus über 50 Nationen sind beschäftigt.

Großer Respekt auf Berufsmessen vor dem Hereon als Arbeitgeber

Jörg Burmester hat einen gehörigen Respekt vor dem Hereon bei der Gewinnung von Mitarbeitern ausgemacht. „Wir sind auch auf Berufsmessen vertreten, viele trauen sich einfach nicht“, hat er dort ausgemacht. Der gute Ruf als Forschungsinstitut sei auch ein Hemmschuh für potenzielle Interessenten aus dem nicht-wissenschaftlichen Bereich, sagt er.

Die Angst vor einer Bewerbung sei aber unbegründet: „Auch der Wissenschaftler braucht Handwerker für eine Pumpe, die man anschließen muss.“ Jörg Burmester versucht, den Interessenten den übergroßen Respekt auf den Messen zu nehmen. Auch eine Kooperation mit der Geesthachter Volkshochschule geht in diese Richtung.

Veranstaltung mit der VHS erklärt die Jobmöglichkeiten am Hereon

Für Aufklärung soll eine Veranstaltung gemeinsam mit der Geesthachter Volkshochschule sorgen. Am Dienstag, 7. November, wird im Hörsaal des Hereon von 17.30 bis 18.45 Uhr sowohl die Forschung als auch die ganze Vielfalt der Jobpalette vorgestellt. Denn im Mittelpunkt steht das Geesthachter Forschungszentrum als Arbeitgeber. Eine Anmeldung telefonisch bei der VHS oder im Internet auf der Seite www.hereon.de/besuch ist nötig. Sie lässt sich auch kurz vorher noch durchführen.

Nach einem Vortrag über die Forschungsthemen des Hereon informiert Martina Ollesch aus der Personalabteilung über das Hereon als Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos.

Bewerbung soll bald über WhatsApp stark vereinfacht werden

Am Hereon arbeiten neben den Wissenschaftlern auch Beschäftigte in der Administration, dem Wissenschaftsmanagement und in der Technischen Infrastruktur, wie zum Beispiel Fachleute für Finanzen und Controlling, Kaufleute, Sicherheitsfachkräfte, Ingenieure der Elektronik, Maschinenbau oder Architektur und Bauingenieurwesen, Fachinformatiker, Facilitymanager, Juristen, IT-Fachleute, Wissenschaftsredakteure, Personalmanager und eben auch Handwerker in verschiedenen Gewerken, Elektroniker für Geräte und Systeme, technische Produktdesigner und Zerspanungsmechaniker. Derzeit absolvieren 18 junge Leute in Technik, EDV und als Büromanager ihre Ausbildung, geboten wird auch duale Berufsausbildung.

Eine Bewerbung übrigens wird künftig vereinfacht mittels des sogenannten E-Recruiting über WhatsApp im kommenden Jahr. Momentan bewirbt man sich via Bewerberportal auf der Seite des Hereon oder per E-Mail. Und ein Zukunftstag einmal jährlich im Herbst soll junge Leute für Azubi-Stellen interessieren. Stellen sind im Internet neben der Homepage vor allem auf Stepstone ausgeschrieben, auf LinkedIn, Xing und anderen Social Media.

Neuer Podcast zum Klimawandel in Kooperation mit dem Hamburger Abendblatt

Wer sich generell für Wissenschaftsthemen aus dem Hereon interessiert, dem wird ein neuer Podcast in Kooperation mit dem Hamburger Abendblatt gefallen. Zum Thema Klima, Mensch, Wandel beleuchten Helmholtz-Wissenschaftler, wie sich Klima und Umwelt verändern und wie sich gegensteuern lässt.

Mehr zum Thema

In der ersten Staffel sind zunächst sechs Folgen produziert mit den Titeln „Der Klimawandel vor der Haustür“, „Der Meeresspiegel und die Vertreibung aus dem Paradies“, „Eine Milliarde für die Energieforschung“, „Ein Meer voll Müll“, „Die Deutsche Küste im Untergang?“ und „Permafrostböden: Die unbeachtete Klimakatastrophe“. Zu den Podcasts gelangt man über abendblatt.de/podcast/klima-mensch-wandel/.