Wissenschaftler aus Geesthacht zieht es per Schiff zum Forschen in die Kälte. Warum diesmal auch Waffen mitgenommen werden.
Geesthacht. Alle Jahre wieder – wenn in Deutschland Sommer ist, zieht es Wissenschaftler vom Geesthachter Helmholtz-Zentrum Hereon in die Kälte. Um Grönland herum herrschen aktuell sechs Grad Celsius, beste Bedingungen für die Forschung.
Am 3. August werden sich diesmal vom Hereon für drei Wochen auf die Reise machen Professor Helmuth Thomas, Leiter des Instituts für Kohlenstoff-Kreisläufe – er ist auch Fahrtleiter –, Dr. Tristan Zimmermann, Doktorandin Claudia Schmidt, Chantal Mears und Niklas Hempel. Zunächst geht es per Flieger nach Reykjavik auf Island. Dort legt das unter deutscher Flagge fahrende Forschungsschiff Merian am 6. August ab Richtung grönländische Ostküste.
Die Route führt unter Land Richtung Norden, etwa auf Höhe von Spitzbergen wird umgedreht. Für den 29. August ist die Rückkehr nach Reykjavik geplant.
Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht will eine Tonne Proben analysieren
Die Container mit der Forschungsausrüstung sind bereits angekommen. Er wiegt zwei Tonnen. Zurück ins Helmholtz-Institut geht es mit drei Tonnen, die Differenz ist die Masse an Proben, die im heimischen Labor analysiert werden. Die Ergebnisse sollen, so ist es Brauch am Hereon, auf der Webseite öffentlich gemacht werden.
Die Expedition unter dem Dach des EU-finanzierten Ecotip-Projekts ist international besetzt mit Forschern aus Polen, Dänemark, Österreich, Norwegen, Finnland und eben Deutschland. Insgesamt tummeln sich 45 Menschen an Bord, 23 von ihnen zählen zur Besatzung. Auch ein Bordarzt fährt diesmal mit.
Mikroplastik ist ein Thema – gelangt sie auch in die Arktis?
Die Forscher gehen unterschiedlichen Schwerpunktthemen nach. Es werden Netze ausgeworfen, mit dem Kranzwasserschöpfer lassen sich Wasserproben aus verschiedenen Tiefen gewinnen, zudem werden Sedimentproben aus dem Grund entnommen. Das Hereon-Team nimmt die Auswirkungen von Schadstoff- und Klimabelastungen für den Kohlenstoff-Kreislauf in den Fokus, untersucht, wie viel CO2 im Meer gebunden oder abgegeben wird. Geforscht wird zu Schwermetallen im Wasser, vor allem zur Quecksilberbelastung verschiedener Meeresbewohner von Mikroorganismen bis zum Fisch. Auch Mikroplastik ist ein Thema. „Es gab gerade eine spannende Publikation über die Kleinstteile im indischen Ozean“, berichtet Claudia Schmidt. „Die spannende Frage ist, ob es durch die Meeresströmungen in die Arktis transportiert wird.“
Claudia Schmidt war bereits auf den Expeditionen nach Spitzbergen (2020) und die Baffin Bay an der grönländischen Westküste (2021) dabei, für Niklas Hempel steht seine Premiere in Sachen Forschungsfahrt an. „Die Kollegen haben mir eine Liste gemacht, was ich alles mitnehmen soll“, sagt er. Im Wesentlichen ging es um warme, wasserfeste Kleidung. Ganz oben bei ihm auf der Liste: Reisetabletten gegen Seekrankheit. Die sind auch immer noch ein Favorit von Claudia Schmidt. Auf ein bisher mitgeschlepptes Utensil will sie verzichten: Sonnencreme. „Die war eigentlich nie notwendig“, erinnert sie sich an die wolkenverhangenen Nordmeertage.
Zur Sicherheit sind diesmal auch Waffen an Bord
Neu als Ausrüstungsgegenstand sind Gewehre an Bord. Niklas Hempel hat eine Unterweisung im Umgang bekommen. Denn geforscht wird in Landnähe und in den Fjorden, auch vom Schlauchboot aus. Man könnte auf Eisbären treffen. So gab es eine Sicherheitsunterweisung über das Verhalten der mächtigen Raubtiere, zudem für den absoluten Notfall die Waffenausbildung. Organisiert wurde das Training vom Alfred-Wegner-Institut, dem in Bremerhaven ansässigen Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. Hier zeigen ehemalige Polizeibeamte Forschern den Umgang mit der Waffe.