Lauenburg. Photovoltaik hat auf historischen Dächern der Altstadt kaum Chance auf Genehmigung. Dabei gibt es mittlerweile raffinierte Lösungen.

Wenn von Klimaschutz und Energiewende die Rede ist, dürfte das bei vielen Altstadtbewohnern nur ein müdes Lächeln hervorrufen. Denn wer als Eigentümer eines denkmalgeschützten Hauses an eine Wärmepumpe oder Photovoltaikanlage denkt, muss zunächst an der Denkmalschutzbehörde des Kreises vorbei. Früher war die Montage von Solarmodulen auf den historischen Dächern grundsätzlich ein Tabu. Doch mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes hat die Ampel-Koalition 2022 das „überragende öffentliche Interesse“ für den Ausbau der erneuerbaren Energien festgestellt.

Viel einfacher ist es seitdem allerdings nicht geworden, die Energiebilanz der historischen Gebäude zu verbessern. Der Denkmalschutz ist damit nämlich nicht ausgehebelt. Vielmehr ist es nunmehr eine Ermessensentscheidung der Behörde, ob die Genehmigung erteilt wird oder nicht. Dies geht aus der Antwort der Landesregierung auf die kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Habersaat hervor. Der SPD-Politiker aus Reinbek ist innerhalb seiner Fraktion unter anderem für die Belange des Denkmalschutzes zuständig.

Solaranlage trotz Denkmalschutz – ein teurer Kompromiss

Gleich auf seine erste Frage bekam er keine aussagekräftige Antwort. Habersaat wollte wissen, wie oft landesweit in den vergangenen zwei Jahren in den Verfahren Belange der Energiewende denen des Denkmalschutzes entgegenstanden und wie in diesen Fällen entschieden wurde. „Der Landesregierung liegen keine Zahlen für Anträge für denkmalrechtliche Genehmigungen für Maßnahmen vor, bei denen Belange des Denkmalschutzes und der Energiewende betroffen waren.“ Habersaat findet das bedauerlich: „Nur mit solchen Zahlen ließe sich aber entscheiden, ob und wie das Denkmalschutzgesetz fortgeschrieben werden muss“, sagt er.

Außerdem wollte er wissen, ob sich nach der Gesetzesnovelle in der Praxis der Abwägungen etwas geändert habe und unter welchen Umständen Photovoltaikanlagen in denkmalgeschützten Altstädten denkbar seien. Aus der Antwort geht hervor, dass das Landesamt für Denkmalpflege im Herbst 2022 eine „Handreichung für den Umgang von Solaranlagen und Denkmalschutz“ erstellt hat. Darin ist unter anderem festgelegt, dass eine Solaranlage vom öffentlichen Raum nicht einsehbar sein darf. Wenn doch, muss sich die Anlage so einfügen, dass die Merkmale des Kulturdenkmals nicht wesentlich gestört werden.

Beide Bedingungen sind in der Lauenburger Altstadt nur schwer zu realisieren. Besonders die Häuser an der Wasserseite kämen demnach für die Ausstattung mit konventionellen Solarmodulen auf den Dächern kaum infrage. Dieses Problem gibt es allerdings auch in anderen historischen Städten. Deshalb haben sich Entwickler Gedanken gemacht, wie ein genehmigungsfähiger Kompromiss aussehen könnte. Mittlerweile gibt es Solarmodule in Größe und Farbe wie herkömmliche Dachziegel.

SPD-Landtagsabgeordneter Martin Habersaat ist in seiner Fraktion unter anderem für den Denkmalschutz zuständig.
SPD-Landtagsabgeordneter Martin Habersaat ist in seiner Fraktion unter anderem für den Denkmalschutz zuständig. © privat | Privat

Denkmalschutz und Photovoltaik als Pilotprojekt

Derzeit wird das ehemalige Soldatenheim in Hohenlockstedt bei Itzehoe saniert. Die Artur Boskamp-Stiftung hatte 2018 das denkmalgeschützte Gebäude gekauft, um es zu einer Begegnungsstätte auszubauen. Das Vorhaben gilt als Pilotprojekt in Sachen Denkmalschutz und Photovoltaik. Bei der Sanierung des Daches wurde ein Großteil der Fläche mit den ziegelroten Solarmodulen, sogenannten PV-Ziegeln, ausgelegt. „Bisher hat der Denkmalschutz keine Photovoltaikanlagen auf den Dächern denkmalgeschützter Häuser genehmigt. Nun hat sich etwas geändert. Denkmalschutz und klimaneutrale Energieversorgung nähern sich an“, sagt die Stiftungsvorsitzende Ulrike Boskamp.

Die Sache hat allerdings einen Haken: die Kosten dieser speziellen Module . „Man muss davon ausgehen, dass eine solche Anlage etwa das Achtfache einer normalen Anlage kostet“, weiß Daniel Schilloks, Inhaber der Lauenburger Firma Schillocks Solartechnik. Außerdem müsse man in Kauf nehmen, dass die Energieausbeute der eingefärbten Module etwas geringer ist als die konventioneller Anlagen.

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Keine Fördermittel für Einsatz von PV-Ziegeln

Für einige Altstadtbewohner dürfte die Alternative eine Überlegung wert sein. „Gibt es Fördermittel, um die die damit verbundenen Mehrkosten ausgleichen?“, wollte Habersaat in seiner Anfrage wissen. Der Landesregierung sei das Modellprojekt bekannt. Ein gesondertes Förderprogramm gebe es für PV-Dachziegel nicht. Außerdem seien für deren Einsatz in Hohenlockstedt keine Fördermittel geflossen. Nach Angaben der Artur Boskamp-Stiftung beteiligt sich das Landesamt für Denkmalpflege mit 50.000 Euro an den Gesamtkosten der Sanierung des ehemaligen Soldatenheims. Weitere 450.000 Euro stammen aus einem Sonderprogramm des Bundes für den Denkmalschutz.

Mit einer finanziellen Unterstützung könnten die Bewohner der Lauenburger Altstadt bei Einsatz dieser Solarmodule in absehbarer Zeit wohl nicht rechnen. „Das ist bedauerlich, weil diese Ziegel und ähnliche Lösungen beides gewährleisten könnten: Energiewende und Denkmalschutz“, sagt Habersaat. Die Lauenburger Altstadt sei selbst vom Klimawandel bedroht, so der SPD-Politiker, auch deshalb müsse man die Bewohner darin unterstützen, etwas dagegen zu tun.