Lüneburg/Harburg. Seit fast 23 Jahren steigt Manfred Braasch morgens in den Pendlerzug Richtung Hamburger Innenstadt. Abends geht’s auf Schienen wieder heimwärts.

Bahnfahren gehört zu seinem Berufsleben. Seit fast 23 Jahren steigt Manfred Braasch morgens gegen acht Uhr in den Pendlerzug Richtung Hamburger Innenstadt. Abends geht’s ebenfalls auf Schienen heimwärts. „Das Angebot ist in den Jahrzehnten deutlich gewachsen, ebenso die Zahl der Fahrgäste“, sagt Braasch. Der Geschäftsführer des BUND Hamburg freut sich darüber, dass das umweltfreundliche Verkehrsmittel so gefragt ist. Und kann sich überhaupt nicht vorstellen, die Strecke tagtäglich mit dem Auto zurückzulegen.

Im Pendlerzug genug Zeit zum Zeitungslesen

„Ich steige eigentlich immer in den Bummelzug, der eine gute Dreiviertelstunde braucht. Dann bleibt mir genug Zeit zum Zeitungslesen. Außerdem sind die langsameren Züge nicht ganz so voll.“ Er genieße die Zeit im Zug, müsse sich dort nicht konzentrieren, sondern könne seine Gedanken schweifen lassen, sagt der passionierte Bahnfahrer.

Manchmal packt er seinen Laptop aus und schreibt einen Text: „In der Bahn kann ich in Ruhe arbeiten, im Büro werde ich dauernd von jemandem angesprochen und aus der Konzentration gerissen.“

Braasch suchte seinen Wohnort nach der Bahnverbindung aus

Als Manfred Braasch 1996 mit Frau und Kleinkind zum Arbeiten nach Hamburg kam, hatte die Familie ihr Auto gerade abgeschafft. „Wir haben uns unseren Wohnort gezielt danach ausgesucht, dass wir mit der Bahn gut in die Stadt kommen“, sagt der studierte Ökotrophologe (Ernährungswissenschaftler).

Zum 1. Januar 1997 kaufte der heute 55-Jährige sein erstes Jahresabonnement beim HVV. Damals stieg er noch in normale Regionalzüge der Deutschen Bahn. „Dann kamen die Doppelstockwagen. Später übernahm die Metronom-Gesellschaft die Strecke“, erinnert er sich.

Nach wie vor lebt er autofrei. Und mit ihm seine Frau und die beiden Töchter, 15 und 24 Jahre alt. Braasch: „Sie wuchsen anders auf als viele Klassenkameradinnen, wurden nie zur Schule gefahren. Die elterliche Mobilität hat sie geprägt. Meine ältere Tochter studiert in Marburg und nutzt jetzt das Hessenticket.“

Jahresabonnement für die Bahn kostet 170 Euro

Heute kostet sein Jahresabonnement 170 Euro – Braasch findet, das sei es auch wert, zumal er am Wochenende die Familie jahrelang kostenlos mitnehmen konnte (Kinder bis 14 Jahre). „Im Berufsalltag klappt die Verbindung im Großen und Ganzen. Dass die Züge auf die Minute pünktlich ankommen, ist zwar die Ausnahme. Aber es gibt wenig große Verspätungen.

Braasch strandete auf dem Heimweg in Maschen

Aber natürlich geht innerhalb von 22 Pendlerjahren auch mal etwas schief. Ein Mal strandete Braasch mit seiner Frau auf dem Heimweg in Maschen: „Ein voller Abendzug spülte Hunderte Fahrgäste auf den Bahnsteig, die nur weg wollten. Viele versuchten, sich ein Taxi zu organisieren. Aber die waren schnell vergeben. Ich stieß bei meiner Suche auf ein Unternehmen namens Taxi Zitrone. Zusammen mit einem weiteren Paar ließen wir uns von ihm nach Lüneburg fahren. Auf dem Weg gab es zweimal skurrile Anrufe von Jugendlichen, die den Taxifahrer beauftragen wollten, für sie Alkohol zu kaufen. Sehr amüsant, von so etwas hatte ich bis dahin noch nie gehört.“

Nur wenige kleine Katastrophen

Auf dem Weg nach Hamburg sei er einmal in Harburg hängen geblieben und habe keine Chance gehabt, die Elbe zu queren, sagt Braasch. „Die S-Bahnen fuhren ebenfalls nicht, und die Ersatzbusse waren heillos überfüllt.“ Alles in allem seien solche kleinen Katastrophen aber nur wenige Male passiert, sagt der Bahnfan. Zudem laufen inzwischen die Informationen besser: Fahrgäste können schon zuhause oder unterwegs per Smartphone-App nachschauen, ob der gewünschte Zug pünktlich ist.

„Generell ist die Bahn unschlagbar“

Wenn dann doch einmal ein Auto gebraucht wird, greifen die Braaschs auf das Car-Sharing zurück: „In Lüneburg hatten Studenten das Car-Sharing-Angebot Campus mobil aufgebaut, und wir waren einer der ersten Kunden. Heute gehört es zu Cambio.“ Aber generell sei die Bahn unschlagbar, auch aus Umweltgründen, sagt der Sohn eines Lokführers: „Die Bahn erspart im Vergleich zum Auto mindestens um den Faktor drei CO2 ein“, erläutert Braasch. Sie vermeidet Luftschadstoffe und macht weniger Lärm.“

S-Bahn Richtung Lüneburg wäre schön

Als professioneller Umweltverbandsvertreter hat Manfred Braasch natürlich ein paar Anregungen parat, wie der bereits recht ordentliche Öffentliche Personennahverkehr im Raum Hamburg noch zu verbessern sei: "Eine S-Bahn Richtung Lüneburg wäre schön." Und eine Profi-Card für Angestellte von kleineren Betrieben, die keine 20 Mitarbeiter haben, sei überfällig: „Der Mittelstand und Handwerksbetriebe sollten von dem Angebot profitieren können.“

Auch die Unzuverlässigkeit mancher Verbindungen, etwa der S3 nach Harburg, sowie überfüllte Züge seien nicht hinnehmbar, so Manfred Braasch: „Da haben wir als Umweltverband fast schon Probleme, den Menschen das Umsteigen auf die Bahn zu empfehlen.“ Für ihn selbst ist das Bahnfahren aus seinem Leben aber nicht wegzudenken.