Landkreis Harburg. Das neue Vergleichsportal des Gesundheitsministers ist da – wir haben einen ersten Blick auf die Krankenhäuser im Kreis Harburg geworfen.

Er ist online und informiert ab sofort über die Qualität und Ausstattung der Krankenhäuser im Harburger Raum und ganz Deutschland – der neue Klinik-Atlas aus dem Bundesgesundheitsministerium von Minister Karl Lauterbach (SPD). Die Idee des Vergleichsportals: Jeder soll damit transparent sehen können, was welche Klinik wie gut kann.

Wir haben uns angeschaut, was dem Online-Angebot zur Behandlungsqualität der Kliniken im Landkreis Harburg zu entnehmen ist.

Lauterbachs Klinikatlas: Diese Bewertungen erhalten Buchholz, Winsen und Jesteburg

Das Portal führt zum Start (17. Mai) für fast 1700 deutsche Klinikstandorte Informationen etwa zu Fallzahlen, zur Ausstattung mit pflegerischem Personal und zur Leistung in der Notfallversorgung. Zu späteren Zeitpunkten werden die Ärztezahl, Komplikationsraten für ausgewählte Eingriffe und weitere Anhaben zur Behandlungsqualität hinzukommen.

Bundespressekonferenz zum Bundes-Klinik-Atlas
Der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach präsentiert die Startseite seines neuen Vergleichportals für Kliniken. © ddp/FlashPic | FlashPic

Wichtig zu wissen ist, dass der Blick in den Klinik-Atlas insbesondere in Hinsicht auf bestimmte Erkrankungen und Behandlungen und die Eignung der verschiedenen Kliniken Sinn macht. Über die drei Krankenhäuser im Landkreis Harburg führt das Vergleichsportal derzeit folgende Eckdaten und Bewertungen:

Krankenhaus Winsen: Das Kreiskrankenhaus in Winsen – gemeinsam betrieben mit dem Kreiskrankenhaus Buchholz, aber einzeln im neuen Register geführt – behandelt jährlich fast 11.000 Patienten. Das sind einer Tacho-Anzeige auf dem Portal zufolge „viele“ Fälle im Vergleich mit allen deutschen Kliniken. Die höchste Kategorie sind „sehr viele“. Mit 207 Pflegekräften kommt die Klinik auf das gesamte Krankenhaus gesehen auf einen sogenannten Pflegepersonalquotienten von 49,40. Das bedeutet: Die Pflegebetreuung in Winsen wird übergreifend als „mittelmäßig“ gut eingestuft – unter Berücksichtigung der Fallschwere.

Die Luftbildaufnahme zeigt das Gelände des Krankenhauses Winsen mit seinen Neubauten.
Die Luftbildaufnahme zeigt das Gelände des Krankenhauses Winsen mit seinen Neubauten. © HA | Hanna Kastendieck

Aufgelistet sind im Klinikatlas außerdem die fünf Fachabteilungen in Winsen mit den jeweiligen Behandlungszahlen und Zertifikate für die Behandlung bestimmter Krankheiten. Auf den ersten Blick zu entnehmen ist der Seite zudem, dass das Krankenhaus Winsen mit 255 Betten (mittelgroß) und im Bereich der Notfallversorgung in Stufe 2 von 3 (Erweiterte Notfallversorgung) eingeordnet ist.

Krankenhaus Buchholz: Das Kreiskrankenhaus in Buchholz (gemeinsam betrieben mit dem Kreiskrankenhaus Winsen) behandelt jährlich fast 16.000 Fälle. Das sind einige Tausend Fälle mehr als in Winsen und im Bundesvergleich ebenfalls „viele“, wie die Portal-eigene Tachoanzeige informiert. Auch Buchholz wird wie Winsen über alle Abteilungen hinweg eine „mittelmäßige“ Ausstattung mit Pflegepersonal attestiert. Der damit verbundene Pflegepersonalquotient liegt bei 51,61. Im gesamten Krankenhaus sind 279 Pflegekräfte beschäftigt.

Krankenhaus Buchholz im Landkreis Harburg
Das Kreiskrankenhaus in Buchholz behandelt jährlich fast 16.000 Fälle. © HA | nanette franke

Neben den acht Fachabteilungen, den zugehörigen Behandlungszahlen und Zertifikaten ist zu erfahren, dass Buchholz ein mittelgroßes Krankenhaus mit 304 Betten ist und der Stufe 2 (Erweiterte Notfallversorgung) zuzurechnen ist.

Jesteburger Waldklinik: Die Waldklinik in Jesteburg versteht sich als ein integriertes „Zentrum für Rehabilitation“ mit den Fachgebieten Neurologie und Orthopädie. Als kleine Spezialklinik (75 Betten) weist der Tacho auf dem Portal für das Krankenhaus mit 564 jährlichen Behandlungen „sehr wenige“ Fälle im bundesweiten Vergleich auf.

Die Ausstattung mit Pflegepersonal wird mit einem Quotienten von 69,17 und damit als „weit unterdurchschnittlich“ angegeben. In der Waldklinik arbeiten dem Klinik-Atlas zufolge 91 Pflegekräfte in einer vorhandenen Fachabteilung „Neurologie“. Das Krankenhaus halt dem Portal zufolge eine „Basis Notfallversorgung, Stufe 1“ bereit.

Die Waldklinik versteht sich als ein integriertes „Zentrum für Rehabilitation“ mit den Fachgebieten Neurologie und Orthopädie.
Die Waldklinik versteht sich als ein integriertes „Zentrum für Rehabilitation“ mit den Fachgebieten Neurologie und Orthopädie. © HA | Hanna Kastendieck

Was bedeuten diese Zahlen für mich und meine Klinikwahl?

Über die Qualität der örtlichen Kliniken lässt sich über einige Eckdaten hinaus mit einem unspezifischen Überblick wenig sagen – zumal die Zahl der beschäftigten Ärzte und die Zahl der Komplikationen bisher fehlt.

Besser funktioniert der Klinikatlas als angepriesener „Wegweiser durch den Krankenhaus-Dschungel“ (Lauterbach), wenn ein Nutzer etwa auf der Suche nach der richtigen Klinik in der Umgebung für eine bestimmte Erkrankung oder Behandlung ist. Ist ein Patient im Landkreis Harburg beispielsweise auf der Suche nach einer geeigneten Einrichtung für eine Reha-Maßnahme nach einer Schädel-Hirn-Verletzung, erscheint bei der Suche im Portal ganz oben die Waldklinik Jesteburg mit „sehr vielen“ Behandlungsfällen (543).

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Per Knopfdruck lassen sich dann bis zu zehn Kliniken direkt miteinander vergleichen. Hohe Fallzahlen können auf besonders spezialisierte Krankenhäuser hindeuten, müssen aber nicht zwingend für Qualität sprechen, die Angabe ist als Unterstützung gedacht.

In dieser Weise lassen sich im Klinikatlas verschiedene Szenarien durchspielen. Sucht eine schwangere Frau etwa ihre künftige Geburtsklinik, lassen sich mit dem Behandlungsanlass „Geburt“ alle Kliniken in der Nähe anzeigen und direkt miteinander vergleichen. Hier zeigt sich zum Beispiel, dass in den Kreiskrankenhäusern Winsen und Buchholz vergleichsweise „wenige“ Kinder zur Welt kommen (400 bis 500 Geburten pro Jahr), während die Elbe Kliniken in Buxtehude und Stade mit rund 900 bis 1000 Geburten („viele Fälle“) deutlich mehr Erfahrung mit Entbindungen haben.

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Die Helios Maria Hilf Klinik in Heimfeld hat mit 1500 Geburten sogar „sehr viele“ Geburten. Noch höhere Behandlungszahlen weisen zahlreiche Kliniken in Hamburg nördlich der Elbe auf.

Das neue Angebot ist laut Karl Lauterbach insbesondere für Patienten mit schweren Erkrankungen wie Krebs hilfreich, die auf der Suche nach Krankenhäusern für hoch spezialisierte Eingriffe sind.

Wie die Klinikchefs auf Lauterbachs Krankenhausreform reagieren

Der Bundes-Klinikatlas ist Teil der vom Gesundheitsminister angestoßenen Krankenhausreform. Er soll grundlegende Änderungen bei der Finanzierung und einheitliche Qualitätsvorgabe ergänzen, die das Kabinett auf den Weg gebracht hat. Wie die neue Geschäftsführung der gemeinsam betriebenen Kliniken in Buchholz und Winsen auf Karl Lauterbachs Krankenhausreform und das Transparenzportal blickt, haben wir in diesem Artikel für Sie zusammengefasst. Im ausführlichen Interview erläutern die Chefs, warum es für Standorte Buchholz und Winsen nicht infrage kommt, sie zusammenzulegen.

Hintergrund: Der Landkreis Harburg muss jährlich für ein Millionendefizit der beiden Standorte aufkommen. Zentralisierungen wie im Fall von Pinneberg und Elmshorn sind eine der diskutierten Maßnahmen zur Umsetzung der Krankenhausreform in Deutschland.

Krankenhaus Buchholz im Landkreis Harburg
Das neue Führungstrio der Krankenhäuser Buchholz und Winsen: Kai Uffelmann, Dr. Franziska von Breunig, Klaus-Jörg Bossow (v.l.) © HA | nanette franke

Kritik am Klinik-Atlas: Was Krankenhäuser und Patientenschützer bemängeln

Während Minister Lauterbach für sich beansprucht, „die Qualität der Krankenhäuser transparenter“ zu gestalten und „so die individuelle Entscheidung der Patientinnen und Patienten“ zu stärken, gab es viel Kritik an der Gesetzesinitiative.

Aus Sicht der Bundesärztekammer und der Deutschen Krankenhausgesellschaft ist das Portal überflüssig. Über ihre Aktivitäten legten alle Krankenhäuser seit Jahrzehnten Berichte vor – etwa über das kürzlich ausgebaute Deutsche Krankenhausregister. Der Online-Atlas des Gesundheitsministeriums bringe wenige neue Informationen für Patienten, dafür aber viel Bürokratie für das Personal mit sich. Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz zeigte sich gegenüber dem MDR unzufrieden mit dem Klinik-Atlas – es mangele an verbindlichen Leitlinien und Bewertungsfaktoren.

Zur Veröffentlichung des Klinik-Atlas wehrte sich Lauterbach bei einer Pressekonferenz gegen derartige Vorwürfe. Ein unabhängiger Vergleich der Leistungen der deutschen Krankenhäuser sei mit den vorhandenen Angeboten nicht möglich und die Zahlen in dieser Form nicht transparent abrufbar. Hier geht es zum Klinik-Atlas.