Buxtehude/Altes Land. Noch sind sie eine Rarität: Pfirsich- und Aprikosenbäume im Alten Land. Wer die Blütenpracht fotografieren möchte, sollte sich beeilen.

  • Pfirsiche im Norden Deutschlands anzubauen – noch vor 20 Jahrne war diese Vorstellung undenkbar
  • Nun lässt der Klimawandel das Undenkbare wahr werden
  • Immer mehr Obstbauern im Alten Land bauen Pfirsiche, Aprikosen und sogar Nektarinen an

Peter Stechmann streift durch seine Obstplantagen. Hebt hier einen Zweig an, zupft dort an einer Blüte. „Jetzt wird der Grundstein gelegt für eine gute Ernte“, sagt der Obstbauer aus Buxtehude. Der 60-Jährige ist ein Pionier: Er baut bereits seit 12 Jahren Nektarinen und Aprikosen an und war damit einer der ersten, der im Alten Land auf Südfrüchte setzte.

Möglich macht dies der Klimawandel. In den vergangenen drei Jahrzehnten ist die Durchschnittstemperatur in der Region um rund zwei Grad Celsius angestiegen. „Daher können wir heute andere Arten anbauen als zu meiner Lehrzeit“, sagt Stechmann. Bei einem Steinobstseminar in Ahrweiler (Rheinland-Pfalz) kam er vor vielen Jahren auf die Idee, es in Buxtehude mit dem Anbau von Südfrüchten zu versuchen. Mit vier Bäumen fing er an.

Pfirsichblüte im Alten Land hat begonnen – auf diesem Hof kann man sie bewundern

Inzwischen stehen bei ihm mehrere hundert Aprikosenbäume und verschiedene Pfirsichsorten mit unterschiedlichen Reifezeiten. So kann er seine Kunden den Sommer über mit seinen saftigen Früchten erfreuen.

Peter Stechmann präsentiert ein „Aprikosen-Baby“. Der Anbau der empfindlichen Früchte ist sehr arbeitsintensiv.
Peter Stechmann präsentiert ein „Aprikosen-Baby“. Der Anbau der empfindlichen Früchte ist sehr arbeitsintensiv. © Sabine Lepél | Sabine Lepél

Die Kunden am Verkaufsstand und im Hofladen sind begeistert vom Geschmack der Früchte. „Die sind aber auch wirklich lecker“, sagt der gelernte Gärtner im Bereich Obstbau, der den Betrieb im Buxtehuder Ortsteil Ottensen in dritter Generation führt. Er freut sich schon drauf, wenn er sich morgens wieder einen Roten Weinbergpfirsich fürs tägliche Müsli vom Baum pflücken kann.

Warum der Geschmack von Aprikosen und Pfirsichen aus dem Alten Land so gut ist

Denn seine Aprikosen und Nektarinen müssten den Vergleich mit den unter südlicher Sonne herangewachsenen Früchten nicht scheuen, so Stechmann – im Gegenteil: „Die importierten Pfirsiche und Aprikosen aus dem Supermarkt werden in der Regel noch im harten Zustand vom Baum geholt, damit sie den Transport überstehen können. Solche Früchte reifen aber nicht vollkommen nach und dabei bleibt das typische Aroma auf der Strecke“, erklärt der Obstbauer.

Peter Stechmann sitzt gern bei seinen Wildbienen. „Das ist für mich wie Yoga“, sagt der Obstbauer.
Peter Stechmann sitzt gern bei seinen Wildbienen. „Das ist für mich wie Yoga“, sagt der Obstbauer. © Sabine Lepél | Sabine Lepél

Interessierte müssen sich allerdings noch ein paar Wochen gedulden, bevor sie den Geschmackstest machen können: Stechmanns Aprikosen werden ab Mitte Juni geerntet, die Nektarinen Anfang bis Mitte Juli. Zurzeit bleiben nur die geschmacksintensiven, hausgemachten Fruchtaufstriche aus Stechmanns Hofladen, um einen Eindruck von dem köstlichen Aroma der eigentlich in wärmeren Gefilden heimischen Obstsorten zu erhalten.

Pfirsichblüte läuft – bis zur Erntezeit dauert es noch einige Wochen

Die Aprikosen sind schon verblüht, jetzt stehen die Pfirsiche in voller Blüte. Die zarten rosa Blüten sehen wunderschön aus, ihr Duft zieht Hummeln, Wild- und Honigbienen an, die die Bestäubung übernehmen. „Das sind im Moment meine wichtigsten Mitarbeiter“, sagt Stechmann.

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Die Bäume stehen unter einem Permanentdach, das sie vor Kälteeinbrüchen, Hagel, Starkregen und scharfem Wind schützt. „Wir haben hier in Norddeutschland das Problem mit Spätfrösten. Aprikosen und Pfirsiche treiben schon früh aus, und die frühe Blüte kann vom Frost in Mitleidenschaft gezogen werden“, erklärt der Obstbauer. Das Dach habe einen weiteren Vorteil: „Wir müssen kaum noch Pflanzenschutzmittel einsetzen, da es in einer durch Folie geschützten Plantage weniger Pilzkrankheiten gibt.“

Anbau von Südfrüchten im Alten Land ist eine Nische – noch

Der Anbau von Südfrüchten ist im Alten Land und auf dem Hof von Pionier Stechmann immer noch eine Nische. „Ich kann das nur machen, weil ich die Früchte direkt vermarkte“, sagt der 60-Jährige. Hauptsächlich stehen bei ihm Apfelbäume und Sommerobst wie Erdbeeren, Süß- und Sauerkirschen, Pflaumen und Zwetschen. So kann Stechmanns Betrieb von Ende Mai bis in den September frische Ware anbieten.

Der Anbau der Südfrüchte sei kein Selbstgänger: „Vor allem die Aprikosen sind sehr empfindlich. Es kann Jahre geben, in denen wir überhaupt keine Ernte haben.“ Betriebswirtschaftlich gesehen seien die Südfrüchte keine Kulturen, die man empfehlen könnte, so der Obstbauer. „Der Anbau ist hoch arbeitsintensiv, und die Erträge können extrem schwanken.“ 20 bis 30 Tonnen pro Hektar seien das Optimum. „Man kann aber deutlich drunter liegen. Und alles, was darüber liegt, geht in die Geschmacklosigkeit“, sagt Peter Stechmann.

Bei den Discounter-Preisen können die Altländer Bauern nicht mithalten

Deshalb sei die Fruchtausdünnung per Hand notwendig: „Um ein gesundes Blatt-Frucht-Verhältnis herzustellen, werden die jungen Früchte reduziert. Das ist gut für den Geschmack“, erklärt Stechmann das Verfahren. Schwierig sei auch die Konkurrenz im Supermarkt: „Die Discounter bieten vor allem Nektarinen sehr billig an – da können wir preislich nicht mithalten“, sagt Stechmann.

Jeder Baum muss zudem zweimal im Jahr geschitten werden. „Das macht der Chef selber“, meint Peter Stechmann und setzt sich zu seinen Wildbienen. Sie und die Hummeln fliegen schon bei sieben bis acht Grad – das ist wichtig für die frühe Vegetationszeit der Aprikosen und Nektarinen. Honigbienen werden erst ab 14 Grad aktiv – zu spät für die Südfrüchte, die in einem warmen Winter schon im Januar oder Februar austreiben können.

Das neueste Projekt des umtriebigen Obstbauern: „Remontierende“ Erdbeeren auf einer Stellage.
Das neueste Projekt des umtriebigen Obstbauern: „Remontierende“ Erdbeeren auf einer Stellage. © Sabine Lepél | Sabine Lepél

Stechmann hat unzählige Wildbienen auf seinem Gelände und hält sich gern bei ihnen auf: „Das ist für mich wie Yoga“, sagt er. Er hat schwere Zeiten hinter sich. Seine Frau ist vor zwei Jahren nach langer Krankheit verstorben: „Jetzt schmeiße ich die Ponderosa hier allein.“

Pfirsich-Pionier Peter Stechmann: „Mein Job wird nie langweilig“

Peter Stechmann wird der letzte Obstbauer der Familie sein. Seine Kinder haben andere Berufe ergriffen. „Ich kann das verstehen. Es wird uns ja auch nicht leicht gemacht. Aber das ist ein anderes Thema“, sagt der 60-Jährige. Er selbst denkt nicht ans Aufhören und möchte noch möglichst lange zwischen seinen Bäumen und auf dem Hof aktiv sein. „Nur rumsitzen – das ist nicht für mich“, sagt Peter Stechmann.

Nach wie vor probiert er gern Neues aus. Sein neueste Projekt ist eine Stellageproduktion mit remontierenden Erdbeeren, die ihm eine längere Ernte ermöglicht. „Mein Job wird nie langweilig. Dafür sorge ich schon“, sagt der Obstbauer, der die Südfrüchte ins Alte Land brachte.