Buxtehude. Protest ohne Mist und Blockaden: Warum sich auch Landwirte aus dem Alten Land von der Politik veräppelt fühlen und was sie fordern.

Dieser Bauernprotest lief anders: Rund 200 Obstbauern und ihre Unterstützer haben am Montagabend auf einem Acker im Buxtehuder Ortsteil Eilendorf mit ihren Schleppern und Traktoren einen riesigen Apfel zum Leuchten gebracht und damit ein eher stilles Statement gesetzt. „Güllehaufen auf Kreuzungen, Blockaden und Verkehrschaos – das ist nicht unser Fall. Wir wollten mit dieser kreativen Protestform einen Kontrapunkt dazu setzen und damit unsere Straßenaktivitäten beenden“, sagt Claus Schliecker, Vorsitzende der Fachgruppe Obstbau im Landvolk Niedersachsen.

Die Aktion sei als Reaktion auf die Blockaden vor einer Woche am Finkenwerder Ring und in Wilhelmsburg zu sehen, bei der zwei wichtige Hafenzufahrten von Landwirten blockiert wurden, die damit den Hamburger Süden quasi lahmlegten. „Das hat für Empörung in der Bevölkerung gesorgt und auch ein schlechtes Licht auf uns geworfen“, so Schliecker. „So etwas ist aber nicht unsere Art des Protests. Das waren vor allem Bauern aus dem Kreis Dannenberg.“

Die Organisatoren Simon Ecks (v.l.), Thilo Fricke, Lars Heitmann, Mandus Busch, Arne Busch und Florian Dierks.
Die Organisatoren Simon Ecks (v.l.), Thilo Fricke, Lars Heitmann, Mandus Busch, Arne Busch und Florian Dierks. © Arne Busch | Arne Busch

Obstbauern aus dem Alten Land wollen sich gegen Protest mit Blockaden abheben

Die Idee, mit einem leuchtenden Apfel ein Zeichen zu setzen, stammte von den jungen Obstbauern Simon Ecks, Thilo Fricke, Lars Heitmann, Mandus Busch, Arne Busch und Florian Dierks. Die Apfelform wurde per GPS aufs Feld „gesetzt“ und mit Zaunpfählen markiert. Noch um 18.30 Uhr und später rollten nach einem langen Arbeitstag in den Plantagen Trecker heran, um die Apfelform zu füllen. „Mit der Aktion wollten wir darauf aufmerksam machen, dass es uns – noch - gibt“, sagte Arne Busch. „Aber ohne den Verkehr zu blockieren oder zu behindern. Es sollte eine stille, aber dennoch eindrucksvolle Demonstration werden.“

Den Obstbauern gehe es auch um die Agrardiesel-Kürzung, aber auch ganz essenziell um die aktuelle Politik und die der vergangenen Jahre. „Wir fühlen uns durch immer mehr ideologisch geprägte Vorschriften, die an der fachlichen Praxis vorbeigehen, übergangen und sehen die Existenz der seit Generationen bestehenden Familienbetriebe bedroht“, so Busch. „Es besteht keine Planungssicherheit mehr, da wir andauernd und auch teilweise über Nacht mit neuen, in unseren Augen sinnlosen und nicht hinnehmbaren Vorschriften konfrontiert werden, die ein zukunftsorientiertes Handeln und Wirtschaften immer unmöglicher machen.“

Sie fürchten um ihre Existenz: Obstbauern aus dem Alten Land bei der Protestaktion in Buxtehude-Eilendorf.
Sie fürchten um ihre Existenz: Obstbauern aus dem Alten Land bei der Protestaktion in Buxtehude-Eilendorf. © Sabine Lepél | Sabine Lepél

Immer mehr Auflagen bedrohen Existenz der Obstbauern. Auch im Alten Land

Die Altländer Obstbauern stünden für Naturschutz und setzten seit Jahren gern Auflagen um, die der Umwelt zugute kämen, so Busch. „Wir nutzen selektiv wirkende Pflanzenschutzmittel, um Nützlinge zu schonen und dies auch nur so wenig, wie uns nur möglich ist. Wir fühlen uns regelrecht veräppelt, wenn von uns die höchsten Umwelt- und Sozialstandards gefordert werden, die wir gern erfüllen, jedoch gleichzeitig Produkte aus Ländern importiert werden, die kaum einen Bruchteil davon erfüllen und mit denen wir konkurieren müssen.“

So günstig, wie im Ausland produziert werde, könnten es die Altländer Obsterzeuger nicht. „Allein aufgrund des Mindestlohnes, des vorgeschriebenen Pflanzenschutzes und der vielfältigen Umweltschutzregelungen ist uns das absolut nicht möglich. Das sind die Gründe, weswegen wir uns stark benachteiligt fühlen und die Zukunft der heimischen Landwirtschaft bedroht sehen“, sagt Busch. Gerade in Krisenzeiten dürfe es nicht sein, dass die Ernährungssicherung und Eigenversorgung in Deutschland gefährdet werde.

Obstbauer Arne Busch aus dem Alten Land: Steuerlast muss gerechter werden

Die Obstbauern fordern eine Politik „auf Basis von wissenschaftlichen Fakten und nicht auf Basis von ideologischen oder politischen Interessen“. Die heimische Landwirtschaft müsse durch Verminderung der Wettbewerbsverzerrungen gestärkt werden, wie zum Beispiel durch eine Förderung von Mehrgefahrenversicherungen oder Steuerfreibeträge, um ertragsschwache Jahre kompensieren zu können. „Wir brauchen eine gerechte Steuerlast für den Mittelstand, der nicht fast allein das Steueraufkommen in Deutschland tragen soll und kann“, so Busch. Die Steuerlast müsse auf ein erträgliches Maß gesenkt werden, so dass sich Arbeit lohne. Auch solle es kein „Bashing“ der Integrierten Produktion mehr geben. „Bio und Integrierte Produktion haben beide ihre Daseinsberechtigung, dass eine ist nicht besser als das andere. Gebraucht wird beides“, sagt Busch.

Fordert ernsthafte Gespräche: Claus Schliecker, Vorsitzender der Fachgruppe Obstanbau im Landvolk Niedersachsen.
Fordert ernsthafte Gespräche: Claus Schliecker, Vorsitzender der Fachgruppe Obstanbau im Landvolk Niedersachsen. © Sabine Lepél | Sabine Lepél

Die Obstbauern aus dem Alten Land fordern, dass Importe in die EU und nach Deutschland die gleichen Rahmenbedingen erfüllen müssen, wie die in Deutschland produzierten Produkte. „Da der deutsche Lebensmitteleinzelhandel uns deutschen Bauern und Landwirten noch schärfere Auflagen und Regularien auferlegt, als sie gesetzlich gefordert sind, erwarten wir, dass unsere Produkte dementsprechend wertgeschätzt und bezahlt werden“, fordert auch Claus Schliecker. „Sie dürfen nicht zum selben Preis wie die Produkte aus dem Ausland angeboten werden, welche nicht annähernd so nachhaltig und umweltfreundlich produziert wurden.“

Nach dem Protestabend will der Vorsitzende der Fachgruppe Obstbau im Landvolk Niedersachsen zurück an den Verhandlungstisch: „Wir müssen grundsätzlich über die Zukunft des Obstanbaus sprechen und brauchen jetzt die Rückkehr auf die sachliche Ebene.“ Die nächste Gelegenheit dazu steht schon bald an: Zu den Norddeutschen Obstbautagen vom 13. bis zum 15. Februar im Alten Land hat sich Landwirtschaftsminister Cem Özdemir angesagt.