Stade/Kirchgellersen. Große Pflegeeinrichtungen in Stade und Kirchgellersen schließen. Bewohner müssen bis Ende Februar ausziehen – Angehörige in Sorge.

Es war nur eine Frage der Zeit – doch nun geht es Schlag auf Schlag: Wieder schließen zwei Pflegeheime vor den Toren Hamburgs, wieder müssen etliche Senioren und ihre Angehörigen kurzfristig ihren Auszug organisieren und sich auf die Suche nach neuen Heimplätzen machen. Diesmal betroffen: das Pfelgeheim Bella Vita „Haus Hilsen“ in Kirchgellersen bei Lüneburg – und das Johannisheim in Stade.

„Wir befinden uns mitten in den Räumungsarbeiten“, bestätigt eine Mitarbeiterin des Bella-Vita-Pflegeheims in Kirchgellersen. „Alle der aktuell 35 Bewohnerinnen und Bewohner müssen zum Ende des Monats ausgezogen sein“, sagt sie am Telefon.

Pflegeheime in Stade und Kirchgellersen schließen: Bewohner müssen bis Ende Februar raus

Für die Rettung der insgesamt 58 Pflegeplätze im Landkreis Lüneburg hätte es ebenso wie für weitere Häuser der Muttergesellschaft Villa Vitalia Gesundheit & Pflege AG ein finanzkräftiger Investor gefunden werden müssen, doch die Gespräche seien gescheitert, teilt mittlerweile auch der zum Insolvenzverwalter bestimmte Rechtsanwalt Dr. Malte Köster mit.

„Seit Ende Dezember wurde mit Hochdruck daran gearbeitet, tragfähige Perspektiven oder Investoren für die Einrichtung zu finden. Trotz aller Bemühungen konnten diese nicht gefunden werden“, schrieb Daniela Gorres, Unternehmenssprecherin der Villa Vitalia Gruppe Ende vergangener Woche.

Im Pflegeheim Falkenhof in Seevetal-Maschen sind 29 Bewohnerinnen und Bewohner von der Schließung Ende Februar betroffen.
Im Pflegeheim Falkenhof in Seevetal-Maschen sind 29 Bewohnerinnen und Bewohner von der Schließung Ende Februar betroffen. © Lenthe-Medien/Müller | Lenthe-Medien/Müller

Erst vergangenen Mittwoch hatte der Falkenhof in Maschen seine Schließung bekannt gegeben – den 29 Bewohnerinnen und Bewohnern wurde auf einer kurzfristig angebraumten Versammlung mitgeteilt, dass sie ihre Heimplätze bis Ende des Monats zu verlassen hätten. Die Aufregung unter Betroffenen aber auch Nicht-Betroffenen war groß, nachdem die Online-Plattform „Seevetal Aktuell“ über die Vorgänge berichtet hatte.

Am Mittwoch sollen die letzten Umzüge stattfinden, dann ist der Falkenhof Geschichte

Gerüchten, das Taschengeld der Bewohner werde zum Teil der Insolvenzmasse, widersprach die Unternehmenssprecherin hingegen. „Die Taschengelder der Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtung sind abgesichert und werden derzeit zur Auszahlung gebracht“, so Daniela Gorres. Während die Bewohner nun doch ihr Geld bekommen, laufen in den Heimen die Umzüge unter Hochdruck. „Am Mittwoch sollen die letzten Umzüge stattfinden, dann wird das Pflegeheim geschlossen“, sagt die Mitarbeiterin aus Kirchgellersen. Nach Abendblatt Informationen wird die Schließung bereits am kommenden Donnerstag umgesetzt.

Mit unserer Heimaufsicht begleiten wir das Insolvenzverfahren des Falkenhofes engmaschig und helfen bei sozialen Härten.
Andres Wulfes - Sprecher des Landkreises Harburg

„Wir konnten die Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegeheims Falkenhof schnell unterstützen, da wir in der glücklichen Lage sind, aktuell rund 50 freie Pflegestellen im Landkreis Harburg anbieten zu können“, so Landkreissprecher Andres Wulfes zum Abendblatt. Dies liege auch daran, dass gerade der Neubau einer Pflegeeinrichtung in Betrieb gegangen sei. „Mit unserer Heimaufsicht begleiten wir das Insolvenzverfahren des Falkenhofes engmaschig und helfen bei sozialen Härten, Fragen der Angehörigen und Bewohner und mit Equipment, beispielsweise Liegendtransporten“, so der Landkreissprecher.

Die Hamburger Unternehmenszentrale von Villa Vitalia wird ebenfalls abgewickelt

Nachdem 18 Tochterunternehmen der Villa Vitalia Gruppe bereits Ende Dezember beim zuständigen Amtsgericht in Schwerin Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt hatten, folgte am 5. Februar schließlich der Insolvenzantrag für die Muttergesellschaft Villa Vitalia Gesundheit & Pflege AG.

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Die Unternehmenszentrale in Hamburg werde ebenfalls abgewickelt, war aus informierten Kreisen zu erfahren. Insgesamt werden offenbar mehr als 550 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verlieren oder in andere Gesellschaften ausgegliedert. Für einige Unternehmensteile wie den Pflegedienst Careful-Med laufen aktuell offenbar noch Investorengespräche, denen der Insolvenzverwalter nicht vorweggreifen wollte.

Auch Wohnpark in Boizenburg mit 52 Pflegeplätzen macht dicht

Einige Unternehmensteile wie etwa das einzige Hospiz in Nordwest-Mecklenburg im Schloss Bernstorf, sind nach aktuellem Stand gerettet. Auch das Haus Uthaven mit 49 Pflegeplätzen am Stadtrand von Brunsbüttel im Kreis Dithmarschen bleiben erhalten.

Schließen wird neben den erwähnten Pflegeeinrichtungen Falkenhof in Seevetal und dem Bella Vita in Kirchgellersen bei Lüneburg auch der moderne Wohnpark an den Eichen Boizenburg im Landkreis Ludwigslust, hier gibt es 52 Pflegeplätze.

Im Johannisheim Stade müssen rund 60 Senioren kurzfristig ihre Koffer packen

Direkt betroffen von der Villa-Vitalia-Pleite ist auch das Pflegeheim Johannisheim in Stade mit rund 80 Pflegeplätzen. Das Heim sollte von Villa Vitalia übernommen werden, nachdem es im vergangenen Sommer unter seiner damaligen Trägerschaft – ein kirchlicher und ehrenamtlich geführter Verein mit dem Namen „Kuratorium für das Johannisheim e.V.“ – Insolvenz anmelden musste.

Wir wissen um die schwierige Lage der Bewohnerinnen und Bewohner und tun alles uns Mögliche, um ihnen beizustehen.
Daniel Beneke - Sprecher des Landkreises Stade

Nachdem die Rettung für das Heim mit der Villa Vitalia Gesundheit & Pflege AG gesichert schien, müssen die Bewohner nun ebenfalls sehr schnell ihre Koffer packen und zum Monatsende ausziehen, weil die Übernahme nicht stattfinden kann. Der Betrieb des Heimes wird zum 29. Februar eingestellt. Nach aktuellem Stand geht es um rund 60 Seniorinnen und Senioren, die derzeit noch im Johannisheim leben.

Es gelte, eine drohende Obdachlosigkeit von Pflegebedürftigen zu verhindern

„Wir bedauern außerordentlich, dass die Übernahme des Johannisheims durch einen neuen Betreiber offenbar gescheitert ist“, sagt Daniel Beneke, Sprecher des Landkreises Stade. „Unser Hauptaugenmerk gilt jetzt den Bewohnerinnen und Bewohnern und ihren Angehörigen, die kurzfristig in anderen Einrichtungen untergebracht werden müssen. Wir wissen um ihre schwierige Lage und tun alles uns Mögliche, um ihnen beizustehen.“

Nach Angaben des Insolvenzverwalters gegenüber der Kreisverwaltung wurden Angehörige und Betreuer am vergangenen Montag über die bevorstehende Schließung informiert. Landrat Kai Seefried stehe mit Stades Bürgermeister Sönke Hartlef in einem engen Austausch, um die weiteren Schritte abzustimmen, so Beneke.

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„Die Kolleginnen der Heimaufsicht haben den Insolvenzverwalter erneut darauf hingewiesen, dass er dazu verpflichtet ist, dafür Sorge zu tragen, dass die Bewohnerinnen und Bewohner einen neuen Pflegeplatz bekommen“, betont der Landkreissprecher. Es gelte, eine drohende Obdachlosigkeit von Pflegebedürftigen auf alle Fälle zu verhindern.

Auch die Heimaufsichten der Nachbarkreise wurden um Unterstützung gebeten

„Ziel ist es, alle noch verbliebenen Bewohnerinnen und Bewohner des Johannisheims bis zum Monatsende in einer anderen Einrichtung bestmöglich unterzubringen“, erklärt Beneke. Auch die Heimaufsichten der Nachbarkreise seien um Unterstützung gebeten worden. Um bis zuletzt einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf und eine angemessene Pflege der Bewohnerinnen und Bewohner sicherzustellen, werde die Heimaufsicht auch in den nächsten Tagen immer wieder im Johannisheim Präsenz zeigen.

„Die Heimaufsicht des Landkreises unterstützt die Bewohnerinnen und Bewohner und ihre Angehörigen mit großem persönlichen Engagement bei der Suche nach einer neuen Unterbringung der Pflegebedürftigen“, sagt Beneke. „Am Montag haben die Mitarbeiterinnen der Heimaufsicht damit begonnen, mit allen Pflegeeinrichtungen im Landkreis Stade und in den angrenzenden Regionen Kontakt aufzunehmen, um freie Kapazitäten abzufragen und zu erfassen.“

Die Einrichtungsleitungen würden über die kurzfristige Schließung informiert und um eine Aufnahme von Bewohnerinnen und Bewohnern des Johannisheims gebeten. So sollen Plätze akquiriert werden.