Landkreis Harburg. Diakonie Nordheide betreut 360 Menschen in der häuslichen Altenpflege. Welche Standorte betroffen sind – und wie es dort weitergeht.

Es ist eine Hiobsbotschaft für pflegebedürftige Menschen in der Nordheide: Die Diakoniestationen Nordheide GmbH hat beim Amtsgericht Lüneburg Antrag auf „Insolvenz in Eigenverwaltung“ gestellt. Der zum Landesverband des Diakonischen Werks in Niedersachsen gehörende Ambulante Pflegedienst betreut 360 Menschen in der häuslichen Alten- und Krankenpflege in der Region Hittfeld, Winsen (Luhe), Neu Wulmstorf und Buchholz in der Nordheide. Erst kürzlich hatte im Landkreis Harburg ein Ambulanter Pflegedienst in privater Trägerschaft einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt.

„Während des mit dem Antrag angestoßenen Insolvenzverfahrens läuft der alltägliche Pflegebetrieb der Diakoniestationen normal weiter“, sagt Dr. Christian Bendrath, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung. „Die Patientinnen und Patienten werden weiterhin versorgt und die 77 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie bisher für ihre Arbeit entlohnt. Wir führen den Betrieb fort. Das ist auch das Ziel des jetzt beginnenden Verfahrens.“

Diakoniestationen Nordheide insolvent: Scharfe Kritik am Kostendruck

In wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war die Diakoniestationen Nordheide gemeinnützige GmbH aufgrund von gestiegenen Personalkosten durch Tariferhöhungen, die auf Einnahmenseite nicht aufgefangen werden konnten: „Die Insolvenz ist im aktuellen Geschäftsjahr 2023 unumgänglich geworden, weil alle bisherigen Schritte zur Sanierung des Ambulanten Pflegedienstes noch nicht zu einem nachhaltigen Erfolg geführt haben“, sagt Geschäftsführer Jamal Bounoua. „Den an und für sich begrüßenswerten und für richtig erachteten Lohnsteigerungen im Rahmen des Tariftreuegesetzes stehen keine ausreichend erhöhten Umsätze gegenüber“, so Bounoua.

Das Problem: die nicht auskömmlichen Vergütungsvereinbarungen mit den Kostenträgern, die die Ambulante Pflege im Flächenland Niedersachsen insgesamt betreffen. Trotz vielfältiger Bemühungen und intensiven Gesprächen mit politisch Verantwortlichen hätten sich die Rahmenbedingungen, die für einen wirtschaftlichen Betrieb in der Ambulanten Alten- und Krankenpflege nötig seien, noch nicht grundlegend verändert, heißt es aus Buchholz. Somit bleibe ein erheblicher Kostendruck auf die einzelnen Pflegedienste bestehen, dem eigentlich nur unter optimalen, kaum aber unter alltäglichen Bedingungen erfolgreich begegnet werden kann.

Landkreis Harburg: Unterversorgung in der Ambulanten Pflege droht

Insgesamt steht die gesamte Pflegebranche im Norden Niedersachsens vor ähnlichen Schwierigkeiten, auskömmlich wirtschaften zu können – zu denen auch Faktoren wie weite Wege im ländlichen Raum oder auch ein erhöhter Krankenstand der Mitarbeiter gehören. Mit vielfältigen öffentlichen Aktionen versuchen die Betriebe in diesen Wochen auf die akute Gefahr weiterer Unternehmensschieflagen hinzuweisen. Denn die werden Folgen haben. Eine Unterversorgung in der Ambulanten sowie Stationären Pflege droht.

Im jetzt anlaufenden Verfahren werden alle Optionen geprüft, die Diakoniestationen Nordheide entweder eigenständig oder in einer Partnerschaft mit anderen Trägern fortzuführen. „Den beiden Gesellschafterinnen, den Kirchenkreisen Hittfeld und Winsen, ist bei der Restrukturierung und Sanierung daran gelegen, dass die Zukunft der Diakoniestationen Nordheide weiterhin unter dem Dach der Diakonie steht. Wir sind zuversichtlich, eine tragfähige Lösung zu finden“, sagt der Geschäftsführer.

Als vorläufiger Sachwalter in der „Insolvenz in Eigenverwaltung“ zur Sanierung der Diakoniestationen Nordheide gemeinnützige GmbH ist Rechtsanwalt Dr. Tjark Thies von der Wirtschaftskanzlei Reimer in Hamburg bestellt worden.

Operativ begleitet wird die Unternehmenssanierung von der Berliner Kanzlei Olaf Schubert und Dr. Christian Matiebel, Hamburg. Gemeinsam setzen alle Beteiligten alles daran, sich in der derzeitigen Pflegekrise zu behaupten und die Schieflage der Diakoniestationen Nordheide nachhaltig zu überwinden.