Amelinghausen. Kräuterfachwirtin Marion Putensen aus der Lüneburger Heide verarbeitet Tannen zu Butter, Punsch und Likör – mit diesen Rezepten.

Wenn Marion Putensen im Januar den Schmuck von ihrem Weihnachtsbaum nimmt, stellt sie den Baum nicht an die Straße und wartet, bis die Grünabfuhr kommt. Nein. Sie isst ihn auf. „Wir können den gesamten Baum verwenden, und zwar restlos“, sagt die Kräuterfachwirtin aus der Lüneburger Heide. „Das ist total spannend.“

Marion Putensen kennt sich nicht nur mit Wildkräutern und Unkraut gut aus. Sie weiß eben auch, wie sich Nadelbäume, Sträuße und Zweige nutzen lassen nach ihrer Zeit als Weihnachtsschmuck. „Das Wissen darüber, dass man Tanne, Fichte, Kiefer und Lärche essen kann, ist sehr alt“, sagt die 54-Jährige. Mittlerweile gibt sie es weiter: in Seminaren in ihrer „Waldkräuterey“ am Lopausee in Amelinghausen.

Den Weihnachtsbaum aufessen? Aber ja – in Form von Kiefernnadelfocaccio und Weißtannenpunsch

Doch bevor sie selbst Produkte aus Nadel & Co. sowie dazugehörige Workshops anbot, versuchte sie sich an den ersten Rezepten im stillen Kämmerlein und ließ sie im engen Kreis probieren – ohne zu verraten, um welche Zutaten es sich handelt.

Sehr fein geschnittene Tannennadeln gehören in die Weihnachtsbaumbutter von Marion Putensen.
Sehr fein geschnittene Tannennadeln gehören in die Weihnachtsbaumbutter von Marion Putensen.

Da gab es Kiefernnadelfocaccio, Weißtannenpunsch und Fichtenspitzenkuchen. Als die Versuchspersonen dies allesamt als lecker befanden und den ersten Schreck über die Inhaltsstoffe verdaut hatten, wurde Marion Putensen mutiger und mutiger. Mittlerweile backt sie Waldbrötchen und setzt Weihnachtsbaumlikör an, stellt Butter und Badesalze her.

Die Nachfrage steigt stetig, erzählt sie. „Das Interesse wird immer größer. Die Verbindung zur Natur, der Spaß, das Nachhaltige: Es ist einfach etwas Besonderes, Bäume zu verzehren.“

„Ich esse meinen Weihnachtsbaum“ heißt das Seminar rund um Tanne & Co

Wirkungsvoll ist denn auch der Titel ihres Workshops: „Ich esse meinen Weihnachtsbaum“ heißt das Seminar rund um Tanne und Co, denn selbst trocken gewordene Christbäume müssen laut Putensen nicht in den Grünabfall. „Erst wenn die Nadeln gebrochen werden, setzen sie ätherische Öle frei“, erklärt sie. „Dann schmecken und riechen sie.“

Marion Putensen vor ihrer „Waldkräuterey“ am Lopausee in Amelinghausen. In dem schmucken Reetdachhaus gibt die Wildkräuter-Expertin Seminare und Workshops.
Marion Putensen vor ihrer „Waldkräuterey“ am Lopausee in Amelinghausen. In dem schmucken Reetdachhaus gibt die Wildkräuter-Expertin Seminare und Workshops. © HA | Carolin George

Und wenn die Nadeln tatsächlich zu dröge sein sollten zum Essen, dann lassen sie sich immer noch zu Salben verarbeiten, zu Gewürzsalzen und Likören. Oder zu Badekugeln: ein bisschen Kokosfett, ein wenig Natron, ein paar Kiefernnadeln – fertig ist das natürliche Blubbererlebnis.

Schwarze Butter aus der Asche verbrannter Tannenzweige

Und das Holz? Selbst das kommt bei Marion Putensen nicht nur in den Kamin. Aus dem oberen Teil des Baumes lässt sich zum Beispiel ein Quirl herstellen, und wer weniger handwerklich begabt ist, kann das Holz verbrennen und die Asche in Salze oder in den Tee mischen – oder sogar in Butter. „Die wird dann richtig toll schwarz.“

Gut Ding will Weile haben: Der Likör braucht einige Monate, bis er gereift ist.
Gut Ding will Weile haben: Der Likör braucht einige Monate, bis er gereift ist.

Doch nicht nur nach Weihnachten nutzt Marion Putensen Nadelbäume, sondern das ganze Jahr über. Vor allem die frischen Spitzen im Frühling eignen sich für die Küche, erklärt sie. Dabei haben die unterschiedlichen Arten durchaus auch unterschiedliche Geschmacksrichtungen, hat die Baumköchin festgestellt. „Fichte schmeckt zitronig, vor allem im April und Mai“, erklärt sie. „Daraus lässt sich ein super Sirup machen, und fertig ist die Waldbrause.“

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Die Weißtanne geht eher in Richtung Mandarine, die Lärche vereint Orange und Zitrone. Daraus macht sie besonders gern Käsekuchen und Senf. Die Kiefer, vor allem auch die Latschenkiefer, hat etwas Pfeffriges, daher arbeitet Marion Putensen die Nadeln in Focaccio und Flammkuchen ein. Und die Nordmanntanne, der Deutschen liebster Weihnachtsbaum? „Sie schmeckt nach Orange und Mandarine.“

Jeden beliebigen Baum allerdings verwendet Marion Putensen für ihre Rezepte nicht, betont sie: „Er sollte nicht mit Pestiziden oder Dünger behandelt worden sein. Und Achtung: Es sind nicht alle Bäume essbar! Die Eibe zum Beispiel ist giftig.“

Weihnachtsbaum-Butter und Tannen-Punsch: Rezeptideen von Marion Putensen

Weihnachtsbaum-Butter: Ein weiches Stück Butter mit einer Handvoll Tannennadeln, sehr fein geschnitten, mischen. Drei bis fünf fein geschnittene Streifen Zitronenschale, einen Spritzer Zitronensaft sowie etwas Salz untermengen, nach Geschmack eventuell auch Pfeffer. Anschließend im Kühlschrank fest werden lassen. Passt gut zu Grillgerichten, Fondue oder Pasta sowie pur auf Brot.

Weihnachtsbaum-Punsch: In einem Topf Sanddorn- oder naturtrüben Apfelsaft erwärmen, nicht kochen. Etwas Zimt, Vanillezucker und Nelken hinzugeben. Eine Orangenscheibe und einen Fichten- oder Tannenzweig ins Glas geben und mit dem Saft aufgießen. Nach Wunsch mit Beeren garnieren.

Weihnachtsbaum-Likör: Acht Fichtenzweige leicht anmörsern, in ein Schraubglas geben, mit 500 Milliliter 40-prozentigem Alkohol übergießen und vier bis sechs Wochen an einen hellen Platz stellen. Danach durch ein feines Sieb abseihen. 200 Milliliter Wasser mit 120 Gramm braunem Zucker sowie Gewürzen (Zimtblüte, Nelke, Vanille, Sternanis) vermischen und kurz aufkochen. Den Sud abkühlen lassen und zum Alkohol gießen. Alles gut mischen und sechs bis acht Wochen nachreifen lassen.