Hamburg. Die Insel erwartet dank des günstigen Tickets jedes Wochenende aufs Neue einen Ansturm. Dabei gibt es auch andere attraktive Ziele.
Es hatte sich schon vor dem Start angedeutet – und tatsächlich: Seit der Einführung des 9-Euro-Tickets strömen jede Woche viele, sehr viele Menschen im Zug in Richtung Sylt. Darunter auch einige, die dem einen oder anderen Insulaner inzwischen ein ernster Dorn im Auge sind: Die Punks, die sich seit Pfingsten häuslich in der Fußgängerzone von Westerland eingerichtet haben, sind inzwischen nicht mehr nur Thema der Medien – sondern auch der Lokalpolitik.
Vielleicht sucht man sich also eine Ausflugsalternative: Zwar sind auch die anderen Verbindungen zu "touristischen Zielen" – speziell an Nordsee und Ostsee – am Wochenende stark ausgelastet. Doch nach Travemünde, Flensburg, Fehmarn oder Rostock kommt man deutlich schneller als nach Westerland: Eine oder notfalls zwei Stunden lang lässt sich die Masse Mensch im Zweifelsfall besser ertragen als drei Stunden. Wen die Aussicht auf viel unbekannte Gesellschaft ganz abschreckt, der muss übrigens auch nicht traurig sein: Alle Ausflugstipps starten ohnehin in einer der 20 lebenswertesten Metropolen der Welt: Hamburg.
9-Euro-Ticket: Neun tolle Trips ab Hamburg
- In St. Peter-Ording und Büsum die Nordsee genießen
- In Flensburg an der Förde flanieren
- Bremen und Cuxhaven neu entdecken
- Innerhalb von einer Stunde in die Lüneburger Heide
- Lübecker Marzipan naschen und weiter nach Travemünde
- Auf Fehmarn die Sonne sehen – mit Blick nach Dänemark
- Ein Kurzurlaub am Ratzeburger See
- Bis Schwerin oder sogar nach Warnemünde
- Oder doch die große Tour durch Deutschland?
In St. Peter-Ording und Büsum die Nordsee genießen
St. Peter-Ording hat sich in den vergangenen Jahren nach Sylt zum zweiten Trendziel an Schleswig-Holsteins Nordseeküste entwickelt. Leider ist der Ort per Bahn nicht ganz so schnell erreichbar wie mit dem Auto. Man startet wie nach Sylt mit dem RE 6 und steigt dann nach 1 Stunde und 48 Minuten in Husum um in die RB 64. Sie fährt in knapp einer Stunde bis nach St. Peter, von dort sind es noch 10 Minuten zu Fuß bis zu Gosch, Strandgut Resort und Co.
Zurück kommt man abends passabel noch um 20.33 Uhr, wieder mit Umstieg in Husum. Auch der Weg nach Büsum ähnelt zunächst dem nach Westerland, hier steigt man aber in Heide um in die RB 63. Gesamtfahrzeit ab Hamburg-Altona: eine Stunde und 47 Minuten, wenn alles klappt. Dann sind es noch knapp 15 Minuten zu Fuß bis zum Wasser.
In Flensburg an der Förde flanieren
Ab Hauptbahnhof mit Halt in Dammtor verkehrt der RE 7. Er bringt einen über Elmshorn, Neumünster und Rendsburg bis nach Schleswig, wo nach 1,5 Stunden bereits ein Ausstieg lohnen würde. Der Schleswiger Bahnhof liegt etwas abseits, man kommt aber noch passabel zu Fuß bis zum Schloss (1,4 km). Wer bis zum imposanten Dom will, in die Innenstadt oder zur alten Fischersiedlung am Holm, nimmt vor Ort lieber den Stadt-Bus zum ZOB oder ein Taxi.
Geht es stattdessen nach Flensburg, dauert die Fahrt insgesamt 2 Stunden. Auch dort liegt der Bahnhof nicht optimal, doch wer den Bus Richtung ZOB nimmt, wird die Anreise nicht bereuen. Flensburg ist ohne Frage eine schöne und interessante Stadt, auch wegen der Traumlage an der Förde.
Bremen und Cuxhaven neu entdecken
Wer mal wieder Erste-Bundesliga-Fußball sehen will, kann im August nach Bremen fahren, der RE 4 (Metronom) braucht von Hauptbahnhof zu Hauptbahnhof etwas mehr als eine Stunde. Doch auch sonst hat die von Hamburgern oft etwas verächtlich betrachtete Hansestadt an der Weser durchaus ihren Reiz. Die Fahrt des RE 4 nach Bremen geht über Tostedt, Scheeßel und Rotenburg (Wümme), also nicht über die alte Hansestadt Stade, wie mancher womöglich meinen könnte. Dorthin und an andere sehenswerte Orte des Alten Landes fährt man ab Hamburg am besten mit der S-Bahn (S 3) oder dem Regionalexpress RE 5. Der rollt übrigens weiter bis Cuxhaven, also bis an die Elbmündung hin zur Deutschen Bucht.
Innerhalb von einer Stunde in die Lüneburger Heide
Als Studentenstadt hat sich Lüneburg längst einen Namen gemacht, doch auch ältere Hamburger schauen sich hier immer öfter nach Immobilien um. Schließlich gilt die Stadt nicht nur wegen des historischen Zentrums als äußerst lebens- und besuchenswert. Die Anbindung an Hamburg ist gut, Metronom RE 3 (in 35 Minuten, ab 11. Juni eingeschränkter Verkehr wegen Gleisbauarbeiten) und RB 31 (ca. 50 Minuten) verkehren regelmäßig.
Wer in die Lüneburger Heide will, nimmt ebenfalls diesen Zug mit Bahnhöfen in Winsen/Luhe, Lüneburg, Bienenbüttel, Bad Bevensen, Uelzen, Suderburg, Unterlüß, Eschede und Celle. Eine Alternative ist die Heidebahn.
So weit kommen Sie mit dem 9-Euro-Ticket: Hier geht's zur interaktiven Karte
Lübecker Marzipan naschen und weiter nach Travemünde
Dass man mit der Bahn gut von Hamburg in die Marzipanmetropole Lübeck und zurück kommt, wissen Pendler, die diese Strecke häufig nutzen. Wer mal eben schnell zum Holstentor will, nimmt am Hauptbahnhof den RE 8 und ist nach einer Dreiviertelstunde plus guten 10 Minuten Fußweg am Ziel. Hinter dem Tor beginnt dann schon die sehenswerte Altstadt, in der man nun als Bahnfahrer keinen Parkplatz suchen muss.
Soll es weiter nach Travemünde gehen, sind knapp 30 Minuten zusätzlich einzuplanen, nicht alle Bahnen fahren durch, dann ist ein Umstieg in die RB 86 nötig. Zurück geht die Chose ab Travemünde spätestens um 22.34 Uhr. Von Lübeck aus kommt man per Regionalbahn RB 85 auch nach Timmendorfer Strand, Scharbeutz, Haffkrug, Sierksdorf und Neustadt in Holstein.
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Auf Fehmarn die Sonne sehen – mit Blick nach Dänemark
Deutschlands angeblich sonnigste Insel Fehmarn ist ab Lübeck ebenfalls per Regionalbahn RB 85 erreichbar. Nach obigen Zwischenhalten folgen noch Stopps in Lensahn, Oldenburg und Großenbrode, bevor es über die spektakuläre Fehmarnsundbrücke auf die Insel geht. Hier steigt man am besten in Burg aus. Ganz oben, in Puttgarden, starten die Fähren nach Dänemark.
Ein Kurzurlaub am Ratzeburger See
Ratzeburg ist ebenfalls einen Ausflug oder einen Kurzurlaub wert. Die schöne Kleinstadt im Herzogtum Lauenburg ist umgeben vom Ratzeburger See, dem Küchensee und dem Domsee. Die Altstadt ist nur durch Dämme mit dem Festland verbundenen. Es gibt zahlreiche historische Gebäude, darunter den Backstein-Dom mit dreischiffiger Basilika. Den Grundstein legte man 1154, als Heinrich der Löwe das Bistum Ratzeburg gründete. Sehenswert ist auch der Kreuzgang des Domklosters, das sich nördlich an den Dom anschließt. Je nach Zeit- und Streckenplanung erfolgt die Anreise mit dem RE 83 ab Lübeck oder Büchen, Letzteres ist auch eine Bahnstation des RE 1.
Bis Schwerin oder sogar nach Warnemünde
Mit dem RE 1 kommt man nicht nur bis Büchen, sondern auch weiter nach Schwerin. Die sehenswerte Stadt in Mecklenburg-Vorpommern ist zwar die kleinste Landeshauptstadt Deutschlands, sie hat aber ein tolles Schloss und liegt sehr schön am gleichnamigen See.
Wer nicht in Schwerin aussteigen will, fährt mit dem RE 1 einfach weiter über Bad Kleinen bis Rostock (Dauer: ca. 2,5 Stunden). Hier kann man in der Altstadt und an der Warnow schöne Stunden verbringen. Oder man verlängert mit der S-Bahn bis nach Warnemünde, genießt den Strand und schaut den großen Schiffen hinterher.
Oder doch die große Tour durch Deutschland?
Gehören Sie zu denen, die Europa noch per Interrail-Ticket erkundet haben? Man fuhr (außer in Deutschland) mit diesem Ticket einen Monat lang kreuz und quer durchs Land und blieb dort, wo es gerade am schönsten war. Auch das 9-Euro-Ticket könnte Menschen animieren, nicht nur Tagesausflüge zu unternehmen, sondern auch mal etwas weiter weg zu fahren. Wer flexibel ist, auch bei der Wahl der Unterkunft, oder vielleicht mal wieder alten Freunden in anderen Bundesländern einen Besuch abstatten will, der hat nun mit dem Ticket eine tolle Gelegenheit. Nicht nur der Norden bietet Sehenswertes, sondern auch Osten, Süden, Westen und das Herz des Landes.
9-Euro-Ticket in Hamburg: Alle Fragen und Antworten
- Wo kann ich das 9-Euro-Ticket kaufen? Die Tickets sind über die Apps, Fahrkartenschalter, Kundenzentren und andere Verkaufsstellen der Deutschen Bahn erhältlich. In Hamburg ist die Fahrkarte über die HVV-App, den HVV-Onlineshop, die Servicestellen, die HVV-Switch-App, an den Fahrkartenautomaten und in allen Bussen zu bekommen. Außerdem gibt es vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) auch eine eigene „9-Euro-Ticket“-App, die auf den gängigen Plattformen runtergeladen werden kann.
- Für welchen Zeitraum gilt das Ticket? Die Tickets gelten jeweils für Juni, Juli und August – und zwar für den Kalendermonat. Nicht möglich sind Tickets für gleitende 4-Wochen-Zeiträume, also zum Beispiel von Mitte Juli bis Mitte August.
- Wie weit kommen Hamburger mit dem 9-Euro-Ticket in Deutschland? In unserer interaktiven Karte finden Sie Ziele, die ab Hamburg mit Regionalzügen zu erreichen sind – direkt oder mit höchstens dreimal Umsteigen.
- Welche Verkehrsmittel kann man mit dem Ticket nutzen? Prinzipiell gilt das 9-Euro-Ticket bundesweit in allen Bussen, Straßenbahnen, U-Bahnen, S-Bahnen und Zügen des Nah- und Regionalverkehrs – egal ob von der Deutschen Bahn oder anderen Anbietern. Nicht genutzt werden kann der Fernverkehr der Deutschen Bahn mit ICE, Intercity und Eurocity. Auch auf einigen Intercity-Abschnitten, auf denen Fahrgäste mit anderen Nahverkehrsfahrkarten sonst zusteigen dürfen, gilt das Ticket nicht. Diese Fernverkehrszüge werden in der Reiseauskunft neben der IC- mit einer Regionalzug-Kennzeichnung ausgewiesen. Dabei stehe der Hinweis „9-EUR-Ticket nicht gültig“. Nach Angaben der Deutschen Bahn laufen zu dem Thema regional noch Gespräche.
- Kann man das 9-Euro-Ticket mit ICE-Tickets kombinieren? Ja. Wie die Deutsche Bahn mitteilte, kann man damit im Regionalverkehr zu dem Bahnhof fahren, an dem man in einen Fernzug umsteigt. Für die Fahrt im Fernverkehr ist dann aber immer ein separates Ticket notwendig.
- Was ist mit Fahrrädern? Wer Fahrräder mitnehmen will, muss für diese trotz 9-Euro-Tickets meist ein paar Euro extra zahlen, zudem kann es passieren, dass die Züge so ge- oder gar überfüllt sind, dass ein Rad schlicht nicht mehr mitgenommen wird.
- Wird trotz der günstigen Tickets weiter kontrolliert? Ja, die Verkehrsunternehmen kontrollieren eigenen Angaben zufolge wie gewohnt weiter. Wer ohne Ticket angetroffen wird, zahlt nach wie vor ein sogenanntes erhöhtes Beförderungsgeld von meist 60 Euro.
- Warum ist das Ticket nicht gleich kostenlos? Diesen Vorschlag hat es aus den Ländern tatsächlich gegeben. Einfach auf Tickets (und die Kontrolle) zu verzichten, hätte den Aufwand deutlich gesenkt, so die Argumentation. Ein Grund dafür, dass nun doch etwas Geld verlangt wird: Die Nutzung lässt sich auf diese Weise besser analysieren. Wer nutzt auf welchen Strecken Busse und Bahnen, wenn es deutlich günstiger ist – das ist für die Verkehrsbetriebe eine spannende Frage.
- Werden zusätzliche Züge eingesetzt? Viele Verkehrsunternehmen haben für die drei Monate Verstärkerzüge angekündigt. Die Deutsche Bahn etwa will 50 zusätzliche Züge einsetzen und das Personal verstärken. Mit den Fahrzeugen könnten 250 zusätzliche Fahrten angeboten werden, hieß es. Sie sollen vor allem entlang der Touristenstrecken in Richtung Nord- und Ostsee sowie im Süden eingesetzt werden. Doch angesichts von durchschnittlich rund 22.000 Regionalbahnfahrten jeden Tag sind Fachleute skeptisch, ob das reicht.
- Welche Ausflüge gibt es in Hamburg und Umgebung? Das finden Sie im neuen Magazin „Ausflüge“ vom Hamburger Abendblatt. Es ist erhältlich in der Abendblatt-Geschäftsstelle am Großen Burstah 18–32 gleich hinter dem Rathaus, auf abendblatt.de/shop und im Buch- und Zeitschriftenhandel.
- Fahrpläne ab Hamburg unter www.bahn.de, www.der-metronom.de, www.nordbahn.de, www.hvv.de, www.nah.sh, regional.bahn.de/regionen/meckpomm/fahrplan