Schleswig-Holstein. Linus Erdmann aus Othmarschen ist mehrfacher Deutscher Kitesurf-Meister, lebt nun auf Fehmarn und hat noch viel vor auf der Insel.
Sonne und Wind, und Linus Erdmann ist nicht auf dem Wasser. Noch nicht. Mit 25 Jahren ist der siebenfache Deutsche Freestyle-Meister im Kitesurfen entspannter geworden, wenn Wind zum Kiten ist. Seitdem er vor fast zwei Jahren nach Fehmarn gezogen ist, hat der Hamburger ohnehin häufig genug die Möglichkeit, aufs Wasser zu gehen. Fehmarn ist sein neues Zuhause, und für die Insel hat der Kiteprofi viele Pläne.
Er ist einer der besten Fahrer Deutschlands im Kitesurfen, nimmt an diversen internationalen Wettbewerben teil und setzt alles daran, seine Leidenschaft für den Wassersport an Kinder und Jugendliche weiterzugeben, diese zu fördern. „Meine Vision ist es, die nächste Generation auf ihrem Weg zum Profi-Athleten mit meinem Wissen zu unterstützen“, sagt Linus beim Gespräch im „Blauen Haus“ in Petersdorf auf Fehmarn. Dieses Haus mit Platz für bis zu 27 Gäste dient als Basis für seine Camps, die er regelmäßig anbietet.
Ostsee: Zukunft für den Kitesport auf Fehmarn
Mit „Children of the Sea“ hat er eine Grundlage für Jugendförderung, Camps und Events geschaffen. „Mit Kindern macht es mehr Spaß als mit Erwachsenen, die sind mit voller Begeisterung dabei“, sagt Linus. „Die drehen manchmal richtig durch, und diese Begeisterung hatte ich in dem Alter auch.“ Er hätte sich solche eine Förderung in dem Alter auch gewünscht.
Um sein Surferleben richtig ausleben zu können, ist er nach Jahren, in denen er weltweit unterwegs war, ein wenig sesshafter geworden und ist mit seiner Frau Lonia, Vize-Meisterin im Kiten, und Söhnchen Jarno Lean 2020 auf die Insel gezogen. Im August kommt Kind Nummer zwei auf die Welt. Auf Fehmarn sieht er die Zukunft des deutschen Kitesports und viel Entwicklungspotenzial, hat vor zwei Jahren den „Kitesurf Club Deutschland e. V.“ mitgegründet. „Auf Fehmarn hast du bei allen Windbedingungen optimale Spots zum Kitesurfen“, sagt Linus. Das macht die Insel bei Wassersportlern so beliebt.
Im September: „Children of the Sea Kite Festival“
Früher war St. Peter-Ording cooler als Fehmarn, „wir haben Fehmarn immer ein wenig belächelt“, sagt er und lacht. St. Peter-Ording war eben von Hamburg aus schneller zu erreichen. Mittlerweile sei Fehmarn der Top-Spot. „Glattes Wasser und konstanter Wind, keine Gezeiten und ein stehtiefes Revier. Das hier ist der beste Spot im Norden für Anfänger und Fortgeschrittene.“ Fehmarn gilt als Sonneninsel. „Und wo Sonne ist, ist auch Wind.“ Mit 24 Kiteschulen, so Linus, hat Fehmarn wohl die größte Kiteschulen-Dichte im Norden.
Linus nimmt Sachen gern selbst in die Hand und veranstaltet mehrere Kitesurf-Events und die Deutsche Meisterschaft auf Fehmarn (Infos unter www.childrenofthesea.de). Wettbewerbe, bei denen weniger wie bislang das Touristische, sondern das Sportliche im Vordergrund stehen soll. Der Kitesurf World Cup, der mehrmals auf Fehmarn stattfand, sei schön, aber zu kommerziell. Beim „Children of the Sea Kite Festival“ vom 1. bis 4. September auf Fehmarn wird auch der Rider of the year im Freestyle gekürt. Wo der Wettbewerb stattfindet, richtet sich nach den Bedingungen. „Bislang geht es bei den Wettbewerben um Essen und um Werbung für die Hersteller, weniger um das Sportliche. Bei mir sollen die Fahrer im Mittelpunkt stehen. Sie sollen auch ein Preisgeld und damit mehr Wertschätzung erhalten.“
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„Die Work-kite-Balance muss stimmen“
Nur so könne sich eine professionelle Szene entwickeln. Linus schmiedet ständig Pläne, einer davon: Bei Olympia 2024 würde er gerne Bundestrainer des deutschen Kitesurf-Teams sein, statt als aktiver Sportler mitzufahren. Vielleicht kandidiert er auch noch irgendwann einmal für das Bürgermeister-Amt Fehmarns. Das mag sich nach einem Scherz anhören, denn Linus ist eher unpolitisch. Aber er sieht auf der Insel einfach viele Möglichkeiten. „Burg gilt hier als das Zentrum und die Tourismushochburg, aber auch andere Inselorte, wie Petersdorf, haben die Chance, sich zu behaupten und zu gestalten.“ Das Dorf im Westen der Insel, so seine Vorstellung, könnte zum neuen Wassersportzentrum werden, zu einem Wassersportbullerbü.
„Es liegt mittig, und du erreichst von hier aus in zehn Minuten jeden Spot.“ Viele Häuser hier würden leer stehen und der Ort in einer Art Dornröschenschlaf verharren. Seine Ideen für den Ort: „Man könnte hier einen weiteren Calesthenic Park eröffnen, einen Wohnmobilstellplatz.“ Bei Calisthenics, auch bekannt als Street Workout, macht man im Freien Übungen mit dem eigenen Körpergewicht und Hilfsmitteln wie Barren, Stangen oder Ringen. Das Problem mit Veränderungen und neuen Ideen: „Die ältere Generation vor Ort tut sich damit schwer“, so Linus Erdmann. „Aber es kommen so viele junge Leute nach Fehmarn, hier tut sich eine Menge. Die finden und kaufen Häuser, um hier abseits der Großstadt zu leben.“
So wie er und seine Familie auch. Denn: „Die Work-kite-Balance muss stimmen“, sagt er und lacht. Für junge Wassersportler überlegt er mit seinem Verein, einen Shuttleservice anzubieten, der die Kiter und Windsurfer zu den Spots bringt.
Zuhause Fehmarn: Erdmann vermisst Hamburg nicht
Er selbst hat mit sechs Jahren mit dem Windsurfen und mit neun Jahren mit Kitesurfen begonnen. „Als Kind habe ich gar nicht darüber nachgedacht, wie etwas geht, sondern ich habe es einfach gemacht und ausprobiert“, sagt er. Einen Kurs hat er nie belegt. Sein Vater ist mit ihm im VW-Bus überall hingefahren, während seine fünf Jahre jüngere Schwester und seine Mutter mit dem Wassersport weniger anfangen konnten. Das war so ein Männerding im Hause Erdmann, und als Teenager ist er jede freie Minute von Othmarschen aus an die Nordsee, nach St. Peter-Ording, zum Kiten gefahren. „Mein Sportlehrer hat mich vom Unterricht befreit und mich kiten lassen“, sagt Linus, der an der Rudolf-Steiner-Schule in Ottensen sein Abitur gemacht hat und gern an seine Schulzeit zurückdenkt. „Ich hatte dort viele Freiheiten und Möglichkeiten.“
Bessere Möglichkeiten, seinen Sport auszuüben, hat er natürlich direkt am Wasser, im Einklang mit der Natur. Hamburg, sagt er, vermisse er überhaupt nicht. Menschenmassen seien ihm zu anstrengend und feiern und Spaß haben, könne man auch auf Fehmarn. „Unsere privaten Open-Airs an der Steilküste sind besser als jeder Club in der Stadt.“