Am Freitag will der VW-Aufsichtsrat beschließen, wieviel Geld in den Weg an die Spitze gesteckt wird. Ein Einblick in einen Weltkonzern.
Wolfsburg. Europas größter Autobauer Volkswagen setzt auf dem Weg an die Weltspitze zum Spurt an. Mit dem Rückenwind einer unerwartet rasanten Erholung des weltweiten Automarktes nach der Wirtschaftskrise könnte Volkswagen sein Ziel möglicherweise früher erreichen als geplant: Spätestens 2018 will VW die Nummer eins sein.
An diesem Freitag wird der Aufsichtsrat die mittelfristige Investitionsplanung beschließen, um die Weichen für die Zukunft zu stellen. Schlankere Produktion soll mehr Profit bringen und neue Modelle den Absatz des Konzerns weltweit steigen lassen. Mit zusätzlichen Fabriken will Volkswagen im Ausland Zollkosten sparen und die lokale Fertigung ausbauen.
Und VW-Chef Martin Winterkorn will nach eigenen Angaben gleichzeitig die besten und die profitabelsten Autos bauen. Es sei ein „Kraftakt“, sagt er. Winterkorn ist zum unangefochtenen Herrscher im VW-Reich avanciert. Sein Vertrag, der Ende 2011 ausläuft, soll auf der Februarsitzung des Aufsichtsrates verlängert werden.
Sowohl die Belegschaft und die einflussreiche IG Metall als auch die Kapitalseite treten dafür ein, dass er die Geschicke des bisher drittgrößten Autobauers der Welt weiterführt. Größere Macht als er dürfte nur noch Ferdinand Piëch haben – der mächtige Patriarch und Aufsichtsratschef in Wolfsburg.
In den wichtigsten Fragen ziehen die beiden technikversessenen Manager an einem Strang. Zentrales Ziel ist Wachstum. Der Konzern soll ein weltumspannendes Autoimperium werden, das alles bietet, was auf Straßen fahren kann. 2011 soll der Sportwagenbauer Porsche eingegliedert werden. Der Kauf des größten europäischen Autohändlers, der Porsche Holding Salzburg, ist eingefädelt und erhöht weltweit die Macht des Konzerns.
Piëch drückt jetzt offensichtlich bei der Bündelung des Lastwagengeschäfts aufs Tempo. Die Gespräche über eine Kooperation der beiden Beteiligungen Scania und MAN dümpelten lange vor sich, das Verhältnis der beiden gilt als schwierig. Anfang der Woche machten nun Berichte über eine Fusion unter dem Dach der Schweden die Runde. Auch darüber dürften die Aufsichtsräte sprechen, Beschlüsse werden aber nicht erwartet.
Asien steht im Fokus der globalen Expansion. Vor allem China, das zum wichtigsten Absatzmarkt geworden ist, dürfte über Sieg oder Niederlage entscheiden. VW hatte dort gigantische Absatzsteigerungen, aber auch die Konkurrenz verkaufte gut. Um die wachsende Nachfrage zu befriedigen, baut das chinesische Gemeinschaftsunternehmen zwei neue Fabriken. Das laufende Investitionsprogramm für China hat VW um zusätzliche 1,6 Milliarden Euro erhöht. Bereits im vorigen Jahr waren Investitionen von 4,4 Milliarden Euro für China beschlossen worden.
Wichtige Zukunftsmärkte sind auch Brasilien, Russland und Indien. Winterkorn will zudem die Partnerschaft mit dem japanischen Kleinwagenbauer Suzuki ausbauen, an dem VW mit 20 Prozent beteiligt ist. In Russland werden die Kapazitäten erweitert. VW peilt dazu eine Kooperation mit dem russischen Autobauer Gaz an. Da die Produktionskapazität im VW-Werk in Kaluga bei Moskau an ihre Grenzen gerät, ist an eine gemeinsame Montage von VW-Modellen bei Gaz gedacht. In Kaluga soll eine zweite Fertigungslinie entstehen.
Der westeuropäische Markt gilt als weitgehend gesättigt. Doch auch auf dem deutschen Markt, der nach Auslaufen der Abwrackprämie rückläufig ist, investiert VW Millionen – vor allem ins Stammwerk. „Ein hoher zweistelliger Millionenbetrag“ sei vorgesehen. Vor allem mehr Tiguan sollen dort vom Band laufen. Der kleine Geländewagen sei ein Renner.
Mitentscheidend für die Zukunft des Konzerns sind auch die USA. Dort ist VW seit Jahren in den Miesen und setzt nun alle Hoffnung auf die neue Fabrik in Chattanooga, die 2011 eröffnet wird. Spezielle Modelle für die Amerikaner sollen den US-Absatz ankurbeln. In Mexiko entsteht bis 2013 ein neues Motorenwerk.
In den nächsten Jahren will VW mehr als zwei Dutzend Neuheiten auf den Markt bringen. Der Kostendruck ist enorm. Neue Antriebe wie die Elektrifizierung erfordern ebenfalls hohe Investitionen. Und bei all dem will Winterkorn mindestens acht Prozent Umsatzrendite.