Noch vor dem Urteil durchsuchte ein Polizei-Spezialkommando das Hotel nach Waffen, nachdem Beamte einen Schuss gehört hatten.

Faßberg/Lüneburg. Zweieinhalb Wochen nach der Besetzung eines Hotels am Rand der Lüneburger Heide durch Neonazis steht die Räumung der umstrittenen Immobilie bevor. Das Landgericht Lüneburg gab am Dienstag einem Antrag des Zwangsverwalters auf eine einstweilige Verfügung für die Räumung des Gebäudes statt. Das ehemalige Landhotel Gerhus in Faßberg (Kreis Celle) könne damit noch heute geräumt werden, sagte der Anwalt des Zwangsverwalters. Rechtsradikale hatten sich im Auftrag des rechtsextremen Anwalts Jürgen Rieger durch das Aufbohren der Türschlösser Zutritt verschafft. Rieger versucht gegen den Widerstand der Kommune, das Hotel zu kaufen, um es als rechtes Schulungszentrum zu nutzen.

Noch vor dem Gerichtsentscheid durchsuchte am Dienstagmorgen ein Spezialkommando der Polizei das Hotel nach Waffen, nachdem Beamte am Vorabend erneut einen Schuss gehört hatten. Dabei wurden ein Schlagstock, Pfefferspray und mehrere Waffenattrappen entdeckt. In dem Hotel stieß das Sonderkommando auf zwölf Mitglieder der rechten Szene, darunter vier Jugendliche. Die drei Jungen und ein Mädchen im Alter von 15 bis 17 Jahren wurden in die Obhut des Jugendamtes Celle gegeben. Zeitgleich gab es Durchsuchungen bei zwei weiteren Rechtsradikalen in Hannover und Rotenburg/Wümme, die sich am Montagabend noch auf dem Gelände aufgehalten haben sollen, als der Schuss fiel. Bei den beiden Neonazis entdeckten die Fahnder drei Schreckschusspistolen, ein Butterflymesser sowie einen Schlagring.

Faßberger Bürger protestieren seit längerem mit Mahnwachen gegen die Besetzung des Hotels durch die Neonazis. An diesem Dienstag will der Präsident des Niedersächsischen Verfassungsschutzes, Günter Heiß, mit den Bürgern in Faßberg sprechen. Das Innenministerium unterstützt nach eigenen Angaben die Mahnwache gegen die Rechtsextremen.

Rieger, der in Niedersachsen zuvor bereits mit dem Kauf eines Hotels in Delmenhorst und des ehemaligen Bahnhofs Melle für rechte Zwecke gescheitert war, hatte zunächst ebenfalls versucht, das Hotel in Faßberg zu kaufen. Die Gemeinde bremste ihn aber unter anderem mit ihrem Vorkaufsrecht aus. Daraufhin präsentierte Rieger einen Pachtvertrag mit den Eigentümern der Immobilie, dessen Gültigkeit angezweifelt wird. Es besteht der Verdacht, dass das Dokument vordatiert worden ist. Was Rieger in Faßberg tatsächlich vorhat, ist fraglich: Will er gemeinsam mit den Eigentümern den Preis des Hotels in die Höhe treiben oder tatsächlich einrechtes Zentrum eröffnen? In Delmenhorst beispielsweise hatte sich die Stadt im Dezember 2006 genötigt gesehen, ein fast wertloses Hotel für drei Millionen Euro zu kaufen - und später abzureißen, weil sich kein Mieter fand. Auf der anderen Seite sieht der niedersächsische Verfassungsschutz Rieger in der rechten Szene unter Zugzwang, sein lange angekündigtes Schulungszentrum zu realisieren. (lni)