Laut Studie leben in Schwerin die meisten unter 15-Jährigen von Hartz IV. Im Ländvergleich ist die Kinderarmut in Bremen am zweitgrößten.

Gütersloh/Bremen/Schwerin. Norddeutschland hält bei der Kinderarmut zwei traurige Spitzenwerte. Im Vergleich der Bundesländer gibt es Bremen die zweitmeisten armen Kinder, im Städtevergleich liegt Schwerin bundesweit an der Sptize. Dies geht aus einer am Freitag veröffentlichten Studie der Bertelmann-Stiftung in Gütersloh hervor, die auf Zahlen aus dem Jahr 2008 basiert. Kinderarmut bezeichnet der Stiftung zufolge den Anteil der unter 15-Jährigen, die von Hartz-IV-Leistungen leben.

Demnach lebt im Bundesland Bremen fast jedes dritte Kind in Armut. 30 Prozent der unter 15-Jährigen hatten laut Studie Anspruch auf Hartz IV. Nur im Stadtstaat Berlin liegt die Quote der Kinderarmut mit 35,7 Prozent noch höher. Bundesweit gelten 20,2 Prozent der Kinder als arm. In Niedersachsen sind 15,6 Prozent betroffen. Besonders dramatisch ist die Lage in Bremerhaven mit 37,2 Prozent. Niedersachsenweit liegen Wilhelmshaven (31,1 Prozent) und Delmenhorst (29,8 Prozent) auf traurigen Spitzenplätzen. An vierter Stelle liegt Mecklenburg-Vorpommern, wo insgesamt 28,3 Prozent als arm gelten. Im Nordosten liegt gleichzeitig die Kommune mit den im innerdeutschen Vergleich meisten armen Kindern: In Schwerin wird die Kinderarmut auf 38,3 Prozent beziffert. Die Analyse erfasst Kommunen mit 5000 und mehr Einwohnern.

Bremen kämpft gegen die Kinderarmut

Die Bekämpfung der Kinderarmut sei ein Schwerpunkt der Politik des Senats, ließ Bremens Regierungschef Jens Böhrnsen (SPD) mitteilen. "Kinder entwickeln ihre sozialen und kulturellen Fähigkeiten in der Regel in Abhängigkeit von der ökonomischen Lage ihres Elternhauses.“ Deshalb seien die Bemühungen darauf gerichtet, Arbeitsplätze zu schaffen oder zu sichern, in die Bildung zu investieren sowie die Betreuungsmöglichkeiten der Kinder zu verbessern, betonte Böhrnsen.

"In den Kommunen gibt es einen großen Handlungsdruck“, sagte Vorstandsmitglied Brigitte Mohn von der Bertelsmann Stiftung. Oft gehe das Aufwachsen in schwierigen sozialen Umfeldern und das Leben in Armut mit sozialer Ausgrenzung der Kinder und schlechten Bildungschancen einher. "Hinzu kommt die angespannte Finanzsituation der Kreise, Städte und Gemeinden, die kaum noch Spielräume für gezielte Hilfen haben“, erklärte Mohn.

Die Kommunen gäben bundesweit bereits 23,3 Prozent ihrer Budgets für Soziales aus. "Damit haben die Kommunen die finanziellen Grenzen zur Verbesserung der sozialen Lage von Kindern und Jugendlichen erreicht“, sagte Mohn. Mit einem weiteren Anstieg der Sozialausgaben drohe vielen Kreisen, Städten und Gemeinden die Schuldenfalle.

Große Differenzen in Mecklenburg-Vorpommern

Signifikante Unterschiede innerhalb der Kommunen gibt es in Mecklenburg-Vorpommern. Unter den Landkreisen haben Bad Doberan mit 18,1 Prozent und Nordwestmecklenburg mit 19,7 Prozent die geringste Kinderarmut, die Kreise Uecker-Randow mit 36,0 und Demmin mit 30,7 die höchste. Von den kreisfreien Städten steht Greifswald (34,0 Prozent) am besten da.

Die Kinderarmut stellt Deutschlands Kommunen nach Einschätzung der Bertelsmann Stiftung vor große soziale Herausforderungen und belastet sie finanziell erheblich. So sind die Ausgaben für soziale Leistungen in den Jahren zwischen 2005 und 2010 von 35,4 auf 42,2 Milliarden Euro (+ 19 Prozent) angestiegen. Damit geben die Kommunen bereits

23,3 Prozent ihrer Budgets für Soziales aus. Die Ausgaben für Kinder- und Jugendhilfe stiegen zwischen 2006 und 2009 von 20,9 auf 26,9 Milliarden Euro.

(dpa/abendblatt.de)