Ab 2011 sollen ein Fünftel weniger Kabeljau und 13 Prozent weniger Seelachs als im Vorjahr gefangen werden. Heringsfischern in MV hilft das Land.
Brüssel. Die Fischer in der Nordsee und im Nordatlantik sollen im kommenden Jahr deutlich weniger Fische fangen. Vor allem die Bestände von Kabeljau und Seelachs müssen geschont werden. Über die genauen Fangquoten verhandeln die EU-Agrarminister seit Montag in Brüssel. Beschlüsse des zweitägigen Treffens werden erst am Dienstag erwartet.
Nach ersten Plänen sollen die Fischer 2011 ein Fünftel weniger Kabeljau fangen als im Vorjahr und 13 Prozent weniger Seelachs, berichteten EU-Diplomaten. Dagegen gehe es dem Hering in der Nordsee so gut, dass die Fangquote um 21 Prozent steigen soll. Bei der Scholle sei ein Plus von 15 Prozent vorgesehen.
Grund für die Reduzierung ist die intensive Fischerei, die die Bestände dramatisch minimiert hat. In Europa gelten fast 90 Prozent der Bestände als überfischt. Deshalb gehen seit fünf Jahren die erlaubten Fangmengen kontinuierlich zurück.
+++ Größter Schollenbestand in der Nordsee seit 50 Jahren +++
Die EU-Kommission hatte im November vorgeschlagen, wegen Überfischung der Meere insgesamt fast 90.000 Tonnen oder zehn Prozent weniger Fisch zu fangen als 2010. Dabei stützt sie sich auf ein Gutachten des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES). Die EU-Staaten wollen die Quoten künftig stärker an wissenschaftlichen Erkenntnissen ausrichten – und nicht an politischen Machtkämpfen zwischen den EU-Staaten.
Auch Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner sprach sich vor den traditionell harten Verhandlungen dafür aus, die Quoten von wissenschaftlichenEmpfehlungen abhängig zu machen. „Wir setzen uns für eine nachhaltige Fischerei ein“, betonte die CSU-Politikerin in Brüssel. „Für die Fischer ist das bestimmt nicht einfach.“ Es sei aber notwendig, die Bestände dauerhaft zu erhalten, damit die Arbeitsplätze gesichert seien. „Das ist auch eine Grundsicherung für die Fischer.“
Scharfe Kritik kam von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Ihr Meeresexperte Thilo Maack sagte:„Wenn wir bei der Situation bleiben, wie wir sie jetzt haben, dann haben sich die Arbeitsplätze in der Fischerei von selbst erledigt.“ Aktivisten bauten vor der Tür des EU-Ministerrats in Brüssel ein Kutter-Modell auf. Greenpeace befürchtet, dass die Politiker zugunsten der Fischer von den wissenschaftlichen Vorgaben abweichen.
Aigner versicherte den Demonstranten, sich auf die Wissenschaft stützen zu wollen. Maack zufolge müssen die Fangkapazitäten um die Hälfte reduziert und große Meeresgebiete ohne Fischerei eingerichtet werden. Die Umweltschützer fordern zudem, die Flotten zu verkleinern. Bereits Ende Oktober hatte die EU die Fangquoten für die Ostsee festgelegt. Auch dort wurden die erlaubten Mengen reduziert.
Unterdessen soll den beim Heringsfang erneut eingeschränkten Kutter- und Küstenfischern in Mecklenburg-Vorpommern geholfen werden: Das Land stellt in den nächsten drei Jahren zwei Millionen Euro bereit, um den Fischern Erlösausfälle zu ersetzen, wie Agrarminister Till Backhaus (SPD) am Montag mitteilte. Die Heringsfangmenge in der Ostsee hat die EU für 2011 um 30 Prozent gekürzt. In Deutschland dürfen noch 8763 Tonnen Hering gefischt werden, in MV 5700 Tonnen. Das ist nur noch ein Drittel der Menge von 2008.
Im Land gibt es derzeit rund 320 Fischer im Haupt- und 140 im Nebenerwerb. Mit der Finanzhilfe will Backhaus verhindern, dass Fischfangkapazitäten abgebaut werden, die dann fehlen, wenn sich die Bestände wieder erholt haben. Wissenschaftler berichteten wieder von mehr Heringslarven, sagte er. Ab 2012/13 sei eine schrittweise Anhebung der Heringsquote denkbar. Diese Zeit sei zu überbrücken.
Die zwei Millionen Euro würden zu 75 Prozent von der EU und zu 25 Prozent vom Land finanziert. 50 Prozent der Ausfälle würden ersetzt, hieß es. In diesem Jahr waren bereits 400 000 Euro Entschädigung an rund 100 Fischer gezahlt worden. Eine Million Euro waren geplant, die Erlösausfälle dann aber nicht so hoch ausgefallen wie befürchtet.
Darüber hinaus hat Backhaus jetzt die Initiative ergriffen und mit dem Institut für Ostseefischerei und dem Landesverband der Kutter- und Küstenfischer einen lokalen Heringsmanagementplan erarbeitet. Brüssel habe es versäumt, rechtzeitig EU-weite Pläne aufzustellen, kritisierte er. Ziel des lokalen Planes sei es, die Heringsfischerei so zu organisieren, dass die Bestände erhalten bleiben. Noch vor Weihnachten will Backhaus den Plan über das Bundesagrarministerium in Brüssel vorlegen.
Dagegen geht es dem Hering in der Nordsee so gut, dass die Fangquote 2011 um 21 Prozent steigen soll. Bei der Scholle sei ein Plus von 15 Prozent vorgesehen, berichteten EU-Diplomaten in Brüssel. Von dem Herings-Plus profitiert das Fischverarbeitungswerk Sassnitz auf Rügen mit einer Kapazität von 50.000 Tonnen. Nur 12.000 bis 14.000 Tonnen Hering sind laut Backhaus bisher aus der Ostsee gekommen.