Die Schulen in Niedersachsen haben viele Probleme. Mit Einführung der Oberschule hofft Kultusminister Bernd Althusmann auf Lösungen.
Hannover. Durch die Einführung der Oberschule in Niedersachsen soll die Abbrecherquote bei den Auszubildenden im Land deutlich gesenkt werden. Kultusminister Bernd Althusmann und Wirtschaftsvertreter sind sich sicher, dass die verstärkte Berufsorientierung im Unterricht die Wahl des Ausbildungsplatzes erleichtert. Unter dem Dach einer Oberschule sollen künftig Haupt- und Realschulen zusammengefasst werden . „Die Jugendlichen können sich bereits in der Schule über die Inhalte der Berufe informieren“, sagte der CDU-Politiker. Dadurch werde die Qualität der Entscheidung deutlich gesteigert. „Ich bin überzeugt, dass die Quote auf diese Weise gesenkt werden kann“, betonte auch Michael Zeinert, Geschäftsführer des Niedersächsischen Industrie- und Handelskammertags. Derzeit breche jeder fünfte Azubi im Land seine Ausbildung vorzeitig ab. Die niedersächsische Wirtschaft stehe hinter dem von Althusmann vorgestellten Oberschul-Konzept. „Die Oberschule schließt flächendeckende Lücken zur Berufsorientierung in Niedersachsen“, betonte Zeinert.
Neben einer intensiveren Berufsorientierung in den Oberschulen müsse das Thema aber auch an den Gymnasien im Land mehr in den Vordergrund gerückt werden. „60 000 junge Menschen beginnen jedes Jahr mit einer dualen Berufsausbildung“, sagte Michael Koch, Hauptgeschäftsführer der Landesvertretung der Handwerkskammern in Niedersachsen. „Sie haben einen Anspruch darauf, dass sie optimal auf ihre Zukunft vorbereitet werden.“ Die Oberschule soll nach dem Willen des Kultusministers Haupt- und Realschulen zusammenfassen und bei Bedarf auch einen gymnasialen Zweig anbieten. Wie bereits heute an Hauptschulen üblich sollen dort Sozialpädagogen den Schülern bei der Berufswahl helfen. Bei den sinkenden Schülerzahlen in einigen Regionen sei die Oberschule die logische Konsequenz, betonte auch Volker Müller von den Unternehmerverbänden Niedersachsen. Daher sei das Konzept die richtige Antwort auf den demografischen Wandel.
Nur durch eine bessere Qualifikation könne dem Fachkräftemangel angemessen begegnet werden. „Die deutsche Wirtschaft spielt Championsleague, um das hohe Niveau zu halten, brauchen wir Nachwuchs mit Niveau.“ Grundsätzlich sei es der Wirtschaft egal, welche Schulform ihr Nachwuchs besucht habe. „Im Kern geht es darum, dass die Auszubildenden rechnen können, die deutsche Sprache beherrschen und ein vernünftiges Sozialverhalten haben“, sagte Zeinert. Aus diesem Grund sei es unverzichtbar, die Qualität des Unterrichts zu verbessern.
Neben einer besseren Schulausstattung gehöre dazu auch eine bessere Lehrerausbildung. „Prinzipiell muss man festhalten, dass die Lehrerausbildung hier auch im Vergleich zu anderen EU-Staaten bereits auf einem sehr hohen Niveau abläuft“, sagte Althusmann. Nichtsdestotrotz arbeite sein Ministerium derzeit an einer Neuordnung der Lehrerfortbildung. Auch nach dem zweiten Bildungsgipfel zur Reform der Schulstruktur am Dienstag in Hannover gibt es zwischen Kritikern und Befürwortern noch viel Diskussionsbedarf.
Opposition und Kommunalverbände kritisieren insbesondere, dass die Landesregierung bei Neugründung von Gesamtschulen an der Fünfzügigkeit festhalten will. Die SPD im Landtag kritisierte am Mittwoch, dass CDU und FDP die Schulgesetznovelle nicht erst im Januar im Landtag, sondern bereits Mitte Dezember „im Schnelldurchgang“ bei einer Sondersitzung des Kultusausschusses einbringen will. Die Oberschulen sollen bereits im nächsten Schuljahr ihre Arbeit aufnehmen. Rückendeckung erhielt Althusmann dagegen einmal mehr von Regierungschef David McAllister. „Das Konzept ist brillant und sehr pragmatisch“, hieß es aus der Staatskanzlei.