Langfristig wird die Oberschule zur Abschaffung des Schulsystems mit Hauptschule, Realschule und Gymnasium führen.
Hannover. Mit einer neuen Schulform will die niedersächsische Landesregierung die anhaltenden Konflikte in der Bildungspolitik entschärfen und auf die schrumpfenden Schülerzahlen reagieren. Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) setzt dabei ganz auf eine neue Oberschule ab der fünften Klasse – das Modell soll bereits zum August 2011 eingeführt werden. Langfristig wird die Oberschule zur Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems mit Hauptschule, Realschule und Gymnasium führen. Althusmann sagte am Dienstag in Hannover: „Wir gehen in Niedersachsen einen neuen Weg.“ Kommunale Spitzenverbände bewerteten das Modell als richtigen Schritt. Althusmann hatte sich am Dienstagnachmittag mit Schulträgern, Lehrer- und Unternehmerverbänden zum Bildungsgipfel getroffen. Streitpunkt bleiben die Bedingungen zur Gründung neuer Gesamtschulen – hier fordern die Landtags-Opposition, aber auch Schulträger niedrigere Hürden.
Ministerpräsident David McAllister (CDU) bezeichnete das Modell des Kultusministers als wegweisend. Althusmann sagte, Niedersachsen stelle mit der neuen Oberschule die Weichen richtig und sei der Zukunft ein Stück weit voraus. Eltern erhielten so auch möglichst lange die Möglichkeit für ihr Kind, das Abitur zu machen. Die neue Schulform in Niedersachsen soll zusammengefasste Haupt- und Realschulen sowie Kooperative Gesamtschulen ersetzen. Sie ist mit und ohne Gymnasialangebot möglich. In dem neuen Modell werden die Schüler von der fünften bis zur achten Klasse meist gemeinsam unterrichtet – außer in Deutsch, Mathematik und Englisch. Danach müsse erst entschieden werden, welchen Abschluss ein Schüler mache, so dass lange auch noch das Abitur ermöglicht werde. Der Kultusminister betonte, die Oberschule sei nicht nur ein neues Etikett etwa für Gesamtschulen.
Zugleich machte Althusmann deutlich, dass die neue Schulform mehr Geld kosten werde, da Ganztagsangebote die Regel sein sollen. Er wolle diese Schulform attraktiv machen und Anreize schaffen. Die Gründung von Oberschulen ist aber freiwillig. Es soll auch in Zukunft möglich sein, dass Haupt- und Realschulen nebeneinander bestehen. Kritiker beklagten, es gebe keine gleichen Wettbewerbsbedingungen für alle Schulformen, wenn die neuen Oberschulen vor allem zu Ganztags-Einrichtungen werden sollen. Die Opposition im Landtag sieht nach wie vor die Integrierten Gesamtschulen benachteiligt. Diese sind normalerweise fünfzügig – es muss fünf Klassen je Jahrgangsstufe geben. Althusmann will sie künftig nur ausnahmsweise vierzügig ermöglichen. Das gehe auf die starre Haltung des Koalitionspartners FDP zurück, kritisierte der Landkreistag am Dienstag. Der Vorsitzende des Spitzenverbandes, der Osteroder Landrat Bernhard Reuter (SPD), kündigte an, er wolle bei der Frage nach den Hürden für Gesamtschulen nicht locker lassen. Grundsätzlich aber gehe das Modell des Kultusministers in die richtige Richtung und schaffe mehr Flexibilität für die Schulträger.
Auch Städtetags-Präsident Frank Klingebiel (CDU) aus Salzgitter forderte Nachbesserungen bei den Gesamtschulen. Dann sei ein parteiübergreifender Konsens und ein „Schulfrieden“ möglich. Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Eberhard Brandt, beklagte, Gesamtschulen hätten viel schwierigere Startbedingungen als Oberschulen. Diese Schulform wird zwei- und dreizügig möglich sein. Bei einer zweiten Runde des Bildungsgipfels voraussichtlich im Dezember will sich der Kultusminister erneut mit den Verbänden zusammensetzen. Das neue Schulgesetz soll dann auch Ende des Jahres in den Landtag eingebracht werden. Unterricht in neuen Oberschulen soll es nach dem Willen der Landesregierung schon ab dem Schuljahr 2011/2012 geben.