Das Land wolle aber auf jeden Fall mindestens 20 Prozent an dem Autobauer halten. Bei einer Erhöhung stünde ein Verkauf zur Debatte.
Hannover. Bei der Sanierung seines Haushalts denkt Niedersachsen auch über sein Tafelsilber nach – und dabei sogar an die Beteiligung an Europas größtem Autobauer Volkswagen. Es könne über den Verkauf von VW-Aktien diskutiert werden, sagte Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) am Montag in Hannover – aber nur, falls sich der Anteil des Landes von knapp über 20 Prozent im Zuge der Verschmelzung von Porsche und VW erhöhen sollte. Denn die 20 Prozent sind eine magische Zahl für das Land. Bei VW gilt bei wichtigen Entscheidungen in der Hauptversammlung eine Sperrminorität von 20 Prozent – das Land hat also faktisch ein Vetorecht und kann zum Beispiel Werksschließungen verhindern. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung wurde diese umstrittene Regelung Ende des vergangenen Jahres in der VW-Satzung festgeschrieben – nach langem Hin und Her. Der damalige Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sprach von einer „historischen Entscheidung“. Die Stellung des Landes sei nun „völlig unbestritten und unangefochten“. Sowohl Sperrminorität und Entsendemandate des Landes als auch der Konzernsitz Wolfsburg seien nach den Turbulenzen der Übernahmeschlacht mit Porsche nun von niemandem mehr infrage zu stellen. Festgesetzt wurde auch, dass das Land zwei Vertreter in den Aufsichtsrat entsendet, solange es mindestens 15 Prozent der Anteile hält.
+++ DIE STELLUNG DES LANDES NIEDERSACHSEN BEI VW +++
Spekulationen über einen Verkauf von VW-Anteilen lösten daher am Montag viel Wirbel aus . Einen Beschluss des Kabinetts in Hannover unter dem neuen Regierungschef David McAllister über einen möglichen Verkauf von VW-Anteilen gebe es nicht, sagte Finanzminister Möllring - und auch keine Aussagen, um wie viele Aktien es sich handeln könnte. „Das ist alles Spekulation.“
McAllister sagte, sollte es durch ein Zusammengehen von Porsche und VW zu Veränderungen kommen, könnten auch VW-Landesanteile bei Vermögensveräußerungen betroffen sein – betonte aber zugleich: „Wir stehen zu unserer Verantwortung zu Volkswagen.“, Es bleibe auf jeden Fall bei einem Landesanteil von 20 Prozent. Damit ist das Land zweitgrößter VW-Aktionär – vor dem Emirat Katar mit 17 Prozent und nach der Porsche Holding SE, die von Familien Porsche und Piëch kontrolliert wird, mit derzeit knapp 51 Prozent.
Vor allem für die VW-Belegschaft ist die starke Stellung des Landes bei VW wichtig – gilt sie doch als Garant für die Sicherheit der Jobs. Kaum vorstellbar, dass die Landesregierung aus Geldnot den jahrelang hart umkämpften Einfluss beim größten Arbeitgeber des Landes aufgibt.
Ob und um wie viel Prozent der Anteil steigen könnte, ist offen. „Es ist eine Rechnung mit vielen Unbekannten“, sagte Nord/LB-Experte Frank Schwope. Es sei ein hoch kompliziertes Verfahren, an dessen Ende erst die Verschmelzung der beiden Unternehmen Porsche und VW stehe.
Deren Bewertung in der Zukunft sei heute noch völlig ungewiss und von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig. Am Ende würden in solchen Fällen dafür gewöhnlich auch externe Gutachten dazugezogen. Dass schließlich vielleicht das Land 22 Prozent statt bisher 20,01 Prozent Anteil an dem fusionierten Unternehmen halten werde, könne heute noch niemand wissen. Für ihn seien solche Rechnungen nicht nachvollziehbar, sagt Schwope. Früher schon war auch die Rede davon, dass ein Abschmelzen des Landesanteils bei der Integration von Porsche und VW ebenfalls möglich sei.
Zusätzlich hält der Nord/LB-Experte auch den Zeitplan für die Integration von Porsche in den VW-Konzern noch für fraglich. Ob die wie geplant 2011 über die Bühne gehen könne, hänge auch noch von den in den USA anhängigen Schadenersatzklagen gegen Porsche ab.