Das Land muss 2011 eine Haushaltslücke von fast 1,9 Milliarden Euro schließen. Auch der Verkauf von Anteilen an VW steht zur Debatte.

Hannover. Richtig harmonisch sollen die Diskussionen bei der Haushaltsklausur des Landes gewesen sein – und das trotz der Milliardeneinsparungen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung könne sich daran ein Beispiel nehmen, sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) und lächelte Ministerpräsident David McAllister (CDU) an. Beiden war daran gelegen, Einheit zu demonstrieren. Aber die Beschlüsse, die das Kabinett in seinen zweitägigen Beratungen getroffen hat, sorgten schon wenige Minuten nach der Verkündung für Kritik. Denn für Opposition, Gewerkschaften und Verbände steht fest: Die Beschäftigten des Landes sind die Verlierer der Sparklausur. Vor allem die Forderung von Finanzminister Hartmut Möllring, bei den anstehenden Tarifverhandlungen maximal eine Tariferhöhung von einem Prozent zu fordern, bescherte dem CDU-Mann viel Protest. „Es ist ein Affront gegen die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes in Niedersachsen“, sagte der Vorsitzende des Niedersächsischen Beamtenbundes, Friedhelm Schäfer. Es sei „illusorisch“, solche Abschlüsse zu erreichen, „auch wenn der Verhandlungsführer Möllring heißt“. Auch der Abbau von weiteren 1900 Verwaltungsstellen bis 2015 löste Unmut aus – in den vergangenen sechs Jahren hat das Land bereits fast 7000 Stellen abgebaut.

+++ KULTUSMINISTER ALTHUSMANN ZUFRIEDEN MIT SPARPLÄNEN +++

Der Finanzminister zeigte sich davon völlig unbeeindruckt. „Was nicht zu verantworten ist, werde ich nicht unterschreiben“, sagte Möllring, der auch Verhandlungsführer für die Tarifgemeinschaft der Bundesländer ist. Die nächsten Verhandlungen stehen im Januar 2011 an. Knapp die Hälfte der Ausgaben im Etat seien Personalausgaben, sagte Möllring. Deshalb müssten die Tarifsteigerungen begrenzt werden.

+++ NIEDERSACHSEN ERWÄGT VERKAUF VON VW-AKTIEN +++

Für 2009 und 2010 erhielten die Landesbeschäftigten nach Gewerkschaftsberechnungen ein Tarifplus von 5,8 Prozent. Ungeachtet der Tariffrage will die Landesregierung mit ihrem Sparplan zeigen, dass die Konsolidierung der hoch verschuldeten Landeskasse höchste Priorität hat. Rund 1,9 Milliarden Euro müssen 2011 eingespart werden, damit die Neuverschuldung des Landes unter zwei Milliarden Euro gedrückt wird.

Das schwarz-gelbe Kabinett will Stellen in der Landesverwaltung abbauen, auch die Ministerien müssen Einschnitte hinnehmen. Lehrerstellen werden aber nicht gestrichen. Ministerpräsident David McAllister (CDU) sprach nach der Aufstellung des 25-Milliarden-Euro-Etats am Montag von einer „soliden Haushaltspolitik“. Dabei setze die Regierung darauf, Ausgaben zu kürzen, Einnahmen zu verbessern und Vermögen zu verkaufen. Der Landtag soll den Haushalt im Dezember verabschieden. Die Opposition kritisierte dagegen, die Regierung habe eine solide Haushaltsführung verfehlt und ihre Hausaufgaben nicht gemacht.

Niedersachsen denkt auch über den Verkauf von VW-Anteilen nach. Das Land will aber auf alle Fälle mindestens 20 Prozent an dem Autobauer – und damit die Sperrminorität in der Hauptversammlung - halten. Das sagte McAllister. „Wir stehen zu unserer Verantwortung zu VW.“ Möllring sagte, es könne über den Verkauf von VW-Aktien diskutiert werden, sollte sich im Jahr 2011 durch die „Integration“ von Porsche und VW der 20-Prozent-Anteil des Landes erhöhen. Einen Beschluss dazu gebe es nicht.

Konkrete Einsparungen will die Regierung dagegen bereits jetzt mit dem Verkauf von Landesbesitz wie dem Stammkapital der Nord/LB an die landeseigene Hannoversche Beteiligungsgesellschaft erreichen. Zudem sollen Vermögensverkäufe 300 Millionen Euro einbringen – um welche Vorhaben es sich hier konkret handelt, wollte der Finanzminister nicht sagen. Der Bund der Steuerzahler kritisierte den Etatentwurf: Es handle sich großteils nicht um echte Sparmaßnahmen.

Die Ministerien müssen ihre Budgets um insgesamt 345 Millionen Euro kürzen. Im Bildungsbereich ist etwa angedacht, freiwerdende Lehrerstellen erst mit einer zeitlichen Verzögerung neu zu besetzen. Dagegen soll es keine Stellenstreichungen bei den Lehrern geben und auch das letzte Kindergarten-Jahr soll weiterhin beitragsfrei bleiben.

Bei der Konsolidierung profitiert Niedersachsen laut Möllring von den derzeit niedrigen Zinsen für laufende Kredite, sie entlasten den Etat um 353 Millionen Euro. Auch Rücklagen in Höhe von 247 Millionen Euro werden zur Deckung des Haushaltslochs verwendet. Um zugleich auch die Einnahmen zu stabilisieren, soll die Grunderwerbsteuer um einen Prozentpunkt auf 4,5 Prozent angehoben werden. Sie fällt beim Kauf von Grundstücken an.

Der Steuerzahlerbund kritisierte, die private Vermögensbildung werde damit erheblich erschwert. Oberstes Ziel sei es, möglichst im Jahr 2017, spätestens aber 2019 ganz ohne neue Schulden auszukommen, sagte McAllister. „Wir müssen jetzt mit dem Sinkflug bei der Neuverschuldung beginnen.“