Laut Staatsanwaltschaft haben sich die Verdächtigen vor den sexuellen Quälerein auf Ameland im Internet über Sexpraktiken informiert.

Osnabrück. Vor den sexuellen Quälereien im Ferienlager auf der Insel Ameland sollen sich Osnabrücker Kinder aus dem Internet Infos über Sexpraktiken geholt haben. „Dort konnten sie Anleitungen zu analen Sexpraktiken finden“, sagte am Freitag Alexander Retemeyer von der Staatsanwaltschaft Osnabrück über die bisherigen Vernehmungen.

Videos der Gewalttaten seien bisher zwar nicht aufgetaucht, die Polizei beobachte aber das Internet. Die Täter hätten inzwischen bei den Vernehmungen Reue gezeigt, sagte Osnabrücks Polizeisprecher Georg Linke. Im Schlafsaal des Feriencamps „Silbermöwe“ auf Ameland sollen sich schreckliche Gewaltszenen abgespielt haben.

13- und 14-Jährige wurden von ihren Ferienlagerkameraden grausam gequält. In der Unterkunft waren die jüngsten und schwächsten unter den 39 Teilnehmern der Gruppe nachts aus den Betten gerissen und in die Mitte des Saales gezerrt worden. Dann soll eine johlende Meute versucht haben, ihnen Colaflaschen oder Besenstiele in den Po zu stecken. Einige Opfer konnten sich nur durch hefige Gegenwehr schützen oder flüchteten.

Die Vorwürfe drehen sich um schweren sexuellen Missbrauch oder Vergewaltigung. Bisher gebe es 13 potenziell Beschuldigte, drei Geständige und sechs Opfer, die zum Teil auch Täter gewesen seien, sagte Retemeyer. Bis zum Ferienende sollten alle 39 Kinder vernommen werden. Danach werden die Betreuer gehört. Einige von ihnen sollen nach Hinweisen auf die Vorfälle nicht eingegriffen haben. Die Jugendlichen bereuten nun ihre Taten, sagte Linke. „Sie hatten aber offenbar kein Gespür darüber, welche Gefühle sie bei den Opfern auslösten. Die Grenze zwischen Spiel und Straftaten war für sie nicht erkennbar.“

Die Mutter eines Kindes hatte Anfang Juli Anzeige erstattet. Danach habe die Polizei zehn Tage ungestört ermitteln können, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Jetzt werde die Aufarbeitung der sexuellen Quälereien durch den großen Medienrummel zunehmend erschwert. Eltern von aussagewilligen Kindern hätten Termine zur Vernehmung ihrer Kinder abgesagt, ihre Häuser würden von Journalisten umlagert. Die Ermittler wollen auch den Tatort auf Ameland untersuchen. Mit niederländischen Behörden werde geprüft, ob es vor kurzem einen Polizeieinsatz auf der Insel im Zusammenhang mit den Fällen gegeben hat.

Unterdessen hat die Sportjugend des Landessportbundes Rheinland-Pfalz am Freitag in Mainz auf einen Fragenkatalog für Eltern hingewiesen. Sind Betreuer von Kinder- und Jugendreisen für das Thema sexuelle Gewalt sensibilisiert? Wie ist das Betreuerteam ausgebildet und zusammengesetzt? Mit diesen vom BundesForum Kinder- und Jugendreisen empfohlenen Fragen sollten Eltern die Veranstalter solcher Reisen vor der Fahrt konfrontieren.

Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) hat den betroffenen Osnabrücker Schülern seine Hilfe zugesichert. „Wir werden die Opfer dieser schrecklichen Taten bei ihrer Rückkehr in den Schulalltag bestmöglich unterstützen. Außerdem werden wir gemeinsam mit den Schulleitungen sorgfältig prüfen, wie die betroffenen Schulen mit den minderjährigen, schulpflichtigen mutmaßlichen Tätern umgehen sollten“, teilte der Minister am Freitag mit.

Ein Bericht solle aufzeigen, an welchen Schulen Opfer, mutmaßliche Täter und Zeugen unterrichtet werden und welche Möglichkeiten zur Unterstützung zum Schuljahresbeginn angeboten werden können. Darüber hinaus werde im Kultusministerium geprüft, ob die Programme zur Gewaltprävention mit Blick auf die Fälle angepasst oder erweitert werden müssten. Dies gelte sowohl für die Verhinderung von Gewalttaten unter Schülern als auch für ein angemessenes Handeln von Lehrern.

„Den Opfern und Zeugen gebührt großer Respekt dafür, dass sie den Mut haben, gegen die Täter auszusagen“, sagte Althusmann. Ihre Aussagen machten eine lückenlose Aufklärung der Vorgänge durch Polizei und Staatsanwaltschaft erst möglich.