Das Konzept, die Kieler Medizinfakultät um 25 Prozent zu verkleinern, sei ein Akt der Piraterie, sagt Kiels Hochschul-Präsident Gerhard Fouquet.
Lübeck/Kiel. Die Medizinische Fakultät und die Universität Lübeck können trotz Sparvorgaben gerettet werden. Das ist die Botschaft eines Alternativkonzeptes zum Sparplan des Landes Schleswig-Holstein. Das vom Präsidium der Hochschule am Dienstag vorgelegte Konzept sieht vor, die Zahl der Medizinstudienplätze in Lübeck und Kiel insgesamt um rund ein Drittel zu reduzieren. Zudem sollen die Landeszuschüsse für die Medizin abgesenkt und die Lübecker Uni in eine Stiftungsuniversität nach niedersächsischem Vorbild umgewandelt werden. Nach den bisherigen Plänen der Kieler Landesregierung soll die Medizinerausbildung in Lübeck von 2011 an auslaufen und so bis 2020 rund 150 Millionen Euro eingespart werden.
Das Alternativmodell stieß umgehend auf Ablehnung bei der Landesregierung, der Christian-Albrechts-Universität (CAU) in Kiel und dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH). Der Sparplan ginge zulasten des UKSH, sagte Klinik-Chef Jens Scholz. Nach Angaben von CAU-Präsident Gerhard Fouquet sehe der Plan eine 25-prozentige Verkleinerung der Medizinfakultät inKiel vor. Dadurch solle die Schließung der Schwesterfakultät in Lübeck gestoppt werden. „Dieser Versuch der Geldgewinnung für die eigene Universität hat mit Piraterie mehr zu tun als mit einer Diskussion zur Verbesserung von Strukturen.“ Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU) sagte, es sei „nicht erkennbar, wie das Einsparvolumen erreicht werden kann“. Zudem gehe das Konzept zulasten Dritter.
Dagegen warb der Präsident der Lübecker Universität, Peter Dominiak, für sein Modell: „Mit unserem Konzept können wir zwei in ihrem jeweiligen Profil exzellente medizinische Forschungs- und Lehreinrichtungen in Schleswig-Holstein und die hervorragende Kooperation der beiden Standorte erhalten und weiter vorantreiben.“ Dominiak schlug vor, die Zahl der Studienanfänger im klinischen Studienabschnitt an beiden Hochschulen schrittweise von jetzt 480 auf 320 (je 160 in Lübeck und Kiel) im Jahr 2014 zu reduzieren. „Diese Zahlen entsprechen den Zielvereinbarungen, die das Land auf Grundlage des Erichsen-Gutachtens schon 2003 mit den Universitäten abgeschlossen hat“, sagte Dominiak.
Um die Uni Kiel für den Verlust an Studenten und damit an Zuschüssen des Landes für Forschung und Lehre zu entschädigen, schlägt das Lübecker Papier vor, diesen Zuschuss je Student am Standort Kiel um 5000 Euro zu erhöhen. Der Zuschuss in Lübeck solle dagegen gleich bleiben, die fehlenden Forschungsmittel werde die Uni Lübeck von nichtstaatlichen Geldgebern einwerben, erläuterte Dominiak. „Nach unserem Vorschlag würde die Kieler Universität von der geforderten Sparsumme neun Millionen Euro erbringen, wir dagegen 17 Millionen. In diesen Summen sind auch insgesamt 10,4 Millionen Euro enthalten, die das Universitätsklinikum wegen der verringerten Studentenzahlen weniger vom Land bekäme“, sagte er.
UKSH-Chef Scholz hielt dem Präsidium der Uni Lübeck vor, „dass die vermeintliche Rettung des Medizinstudienganges in Lübeck vom UKSH bezahlt wird.“ Er kritisierte, dass das Uni-Präsidium nicht mit dem Vorstand des Klinikums gesprochen und dessen wirtschaftlichen und juristischen Sachverstand in Anspruch genommen habe.
Dominiak rechtfertigte sein Vorgehen mit der Vertraulichkeit, die mit der Landesregierung bei Übergabe des Papiers vereinbart worden sei. Mit dessen Veröffentlichung reagierte die Lübecker Universität darauf, dass die Landesregierung auch nach knapp zwei Wochen noch immer nicht auf die Vorschläge aus Lübeck reagiert hat. „Uns rennt die Zeit davon. Wir brauchen Klarheit über die Zukunft der Medizin in Lübeck“, sagte Dominiak.
Zustimmung für ihr Konzept erhielt die Universität am Dienstag von Wirtschaftsverbänden der Region. „Aus Sicht der Wirtschaft erfüllt es die Vorgaben des Landes zum Erreichen des Sparziels und sichert Forschung und Lehre im Bereich der Medizin. Die geplante Umwandlung der Universität in eine Stiftung des öffentlichen Rechts entspricht einer langjährigen Forderung der Wirtschaft“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Lübeck, Matthias Schulz-Kleinfeldt. Der Vorstand des Verbandes der Südholsteinischen Wirtschaft, der Ahrensburger Unternehmer Michael Voigt, sagte: „In unserem Verband sind viele Unternehmen bereit, sich mit Zustiftungen an einer Finanzierung der Hochschule zu beteiligen.“ Schulz-Kleinfeld sagte, er halte die von der Universität genannte Größenordnung von zehn Millionen Euro an Stiftungsgeldern bis 2020 für realistisch.