Um Gewaltexzesse und Ausschreitungen zu verhindern, durchsuchte die Polizei die 600 Besucher der Party und verschiedene Autos.

Neumünster. Etwa 600 Rocker haben am Sonnabend in Neumünster im Clubhaus der „Red Devils“ eine große Party gefeiert. „Man feiert hier und sonst ist das von der Stimmung her relativ ruhig“, sagte ein Polizeisprecher. Die „Devils“ gelten in der Szene als Unterstützer der „Hells Angels“. Von den konkurrierenden „Bandidos“ war zunächst niemand erschienen. Die Polizei hatte die Rocker vor dem Einlass durchsucht und die Autos kontrolliert.

Bei dem zunehmend gewalttätigen Rockerkrieg zwischen „Bandidos“ und „Hells Angels“ und deren Unterstützern geht es nach Einschätzung der Polizei vor allem um die Vorherrschaft im Rotlicht-Milieu. Dabei schlagen die Bandenmitglieder mit Äxten aufeinander ein und strecken Rivalen mit Schüssen nieder. Die Behörden wollen jetzt mit mehr Konsequenz gegen die Rockerbanden vorgehen. „Unser Ziel ist es, diese Rockerszene zu zerschlagen“, verkündete Innenminister Klaus Schlie (CDU) am Donnerstag in Kiel.

Dabei wollen das Land, Polizei und Kommunen enger zusammenrücken. Die Polizei setzt bereits jetzt schon viel Personal ein, um diese Kriminalität einzudämmen. Über eine „behördenübergreifende Interventionsstrategie“ sprach Schlie nun mit Vertretern von 15 Kommunen, die besonders betroffen sind.

„Die Luft für kriminelle Rockergruppen wird in Schleswig-Holstein zunehmend dünner“, versprach der Minister. Einzelheiten nannte er allerdings nicht. Die Polizei setze konsequent eine Null-Toleranz-Strategie um und die Kommunen schöpften alle Möglichkeiten aus, um gegen Rechtsverstöße bei wirtschaftlichen Aktivitäten von Rockerclubs vorzugehen – über das Gaststätten- und Gewerberecht oder die Gesundheitsüberwachung. Diese kann bei Tattoo-Shops zum Zuge kommen.

Der Rockerkrieg zwischen den „Hells Angels“ und „Bandidos“ tobt seit Monaten. Wie viele Straftaten auf das Konto der Rocker gehen, kann die Polizei nicht sagen. Seit Bildung einer Sonderkommission im Frühjahr 2009 zählte sie 50 Einsätze, die im Zusammenhang mit Straftaten oder Veranstaltungen standen.

Das Landeskriminalamt ordnet „Hells Angels“ und „Bandidos“ zusammen 50 bis 60 Vollmitglieder sowie 50 bis 75 Unterstützer zu, wobei die „Hells Angels“ immer noch stärker vertreten sind. Sie haben sogenannte Charter in Kiel, Flensburg, Alveslohe (bei Norderstedt) und Lübeck. „Bandidos“ sind einzig in Neumünster präsent, wo es auch „Hells-Angels“-Unterstützer von den „Red Devils“ gibt.

Die Rockerbanden seien eine erhebliche Bedrohung, auch weil dahinter weitere Strukturen stünden – „in Vermischung von legalem und illegalem Handeln“, sagte Schlie. Hiesige Gruppen könnten zur Unterstützung auch Rocker aus Nachbarländern einschließlich Dänemark mobilisieren, ergänzte Joachim Gutt, im Landespolizeiamt für die zentrale Einsatzplanung zuständig. Der Frage nach einem möglichen Verbot wich Schlie aus: „Ein Verbot führt man ein oder man lässt es bleiben; aber man redet darüber nicht in der Öffentlichkeit.“

Nach Behördeneinschätzung drängen kriminelle Gruppen verstärkt in legale Geschäftsbereiche wie Tattoo-Läden, offizielle Bordelle oder in die Security- und Türsteher-Szene. Deshalb werde es immer wichtiger, wie die Kommunen ihre Möglichkeiten als Ordnungs-, Aufsichts- oder Genehmigungsbehörden nutzen. Neumünsters Oberbürgermeister Olaf Tauras (parteilos) beobachtet, dass sich viele Bürger in ihrem Sicherheitsgefühl beeinträchtigt fühlen: So sahen Kinder mitten in der Innenstadt mit an, wie sich Rocker eine Messerstecherei lieferten.

Der Innenminister rief die Bevölkerung auf, Polizei und Kommunen zu helfen. Die Polizei könne jeden schützen, der Hinweise gibt. Beim Treffen in Kiel waren Vertreter dieser Kommunen dabei: Neumünster, Kiel, Flensburg, Lübeck, Itzehoe, Brunsbüttel, Heide, Rendsburg, Kappeln, Alveslohe, Horst (Holstein), Husum, Amt Preetz- Land, Stad Preetz, Niebüll.